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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zurück, schloß die Augen und stellte sich die Karte von England vor.
    Eine silberfarbene Straße schlängelte sich von Durham aus nach Yorkshire und nahm dort an Leuchtkraft zu, wo sie Robin kennengelernt hatte.
    Aber was war mit London, dem übervölkerten, wild pulsierenden Herz von England? Sie ließ ihre Gedanken schweifen.
    Leere, Chaos, Leid. Das Undenkbare…
    Mit einem Schrei fuhr Maxie hoch, ihre zuckende Hand riß die Teetasse vom Tisch, so daß sie auf dem Parkettfußboden zerschellte. Mit hämmerndem Herzen sah sie auf die Scherben.
    »Ich habe sie zerbrochen«, stellte sie einfältig fest.
    »Zur Hölle mit der Tasse.« Im Nu war Robin neben ihr und nahm sie in die Arme. »Hast du das Gefühl, daß in London irgend etwas Furchtbares geschieht?«
    Maxie bemühte sich, einen erneuten Blick auf das zu werfen, was sie da gesehen hatte, aber ihr Verstand weigerte sich, scheute davor zurück wie ein störrisches Pony. »Es… es überstieg meine Vorstellungskraft. Irgend etwas, was zu entsetzlich ist, um es begreifen zu können.«
    Er zog sie noch enger an sich. »Könnte das dein eigener Tod gewesen sein?« fragte er leise.
    »Wenn das so ist, bringe ich dich morgen in die entgegengesetzte Richtung, und wenn ich dich dazu auf ein Pferd schnallen muß.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mich noch nie vor dem Tod gefürchtet, weshalb sollte ich mich jetzt vor meinem Ende erschrecken?« Ein furchtbarer Gedanke durchzuckte sie. Konnte sie vielleicht irgendeine Gefahr für Robin vorausgeahnt haben?
    Doch gleich darauf verdrängte sie diesen Gedanken wieder. Ihre Angst hatte mit Robin nichts zu tun. »Ich… ich glaube, es hatte mit dem zu tun, was meinem Vater zugestoßen ist.« Sie schluckte. »Obwohl ich mich mental darauf eingestellt habe, daß mein Onkel auf irgendeine Weise für Max’ Tod verantwortlich sein könnte, möchte mein Herz das nicht glauben. Aber wenn mein Onkel dahintersteckt, würde das erklären, warum mir die Zukunft so erschreckend vorgekommen ist. Ein Mordprozeß hätte verheerende Konsequenzen für die gesamte Familie Collins. Unschuldige Menschen würden in Mitleidenschaft gezogen.«
    »Und das willst du nicht, obwohl deine Verwandten nicht gerade liebevoll zu dir waren.«
    Er legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen. »Vermutlich ist es eine überflüssige Frage, ob du dein Vorhaben aufgeben willst.«
    Sie reckte entschlossen das Kinn. »So ist es.
    Vielleicht werde ich die Wahrheit nicht herausfinden, aber wenn ich es nicht wenigstens versuche, könnte ich mir das nie verzeihen.«
    Robin nickte. »Wahrscheinlich hast du recht mit deiner Entschlossenheit. Die Wirklichkeit ist selten so schrecklich wie unsere Befürchtungen.« Er strich ihr die Haare aus der Stirn und ließ sie dann los. »Ich werde neues Teewasser aufsetzen. Und dann erzähle ich dir alle absurden Geschichten, die mir einfallen, damit du gut schläfst, wenn du zu Bett gehst.« Er lächelte. »Und ich kenne eine Menge absurder Geschichten.«
    »Danke, Robin«, flüstere sie, nachdem er mit der Teekanne in Richtung Küche entschwunden war.
    Ihre gemeinsame Zukunft mochte begrenzt sein, aber solange er an ihrer Seite war, konnte sie allem entgegentreten, was sie in London auch erwartete.

Kapitel 17
    DER MARQUIS OF Wolverhampton schätzte, daß Robin und die Behütete Unschuld drei oder vier Tage brauchten, um von Market Harborough aus nach Ruxton zu gelangen. Auch Giles begab sich nach Süden und stellte unterwegs verblüffend erfolglose Nachforschungen an. Das Pärchen hatte sich verzogen wie sommerlicher Morgendunst.
    Er hatte vorgehabt, die dritte Nacht in Ruxton zu verbringen, aber ein heftiger Gewitterregen verwandelte die Straßen in eine Schlammwüste und zwang seine Kutsche zu einem unerträglich langsamen Tempo. Gereizt hielt er sich vor, zuviel Zeit mit nutzlosen Befragungen vergeudet zu haben. Hätte er das nur wenige Stunden früher erkannt, könnte er längst in Ruxton sein. Jetzt war er auf das nächstgelegene Gasthaus angewiesen. Keine besonders erfreuliche Aussicht.
    Während sich seine Kutsche weiter durch die Schlammassen kämpfte, ertappte er sich bei Gedanken an Desdemona ROSS, die die höchst unangenehme Eigenschaft hatte, sich in seine Überlegungen zu drängen – im wachen wie im schlafenden Zustand.
    Ein scharfes Krachen unter ihm riß ihn in die Wirklichkeit zurück. Abrupt und
    besorgniserregend schwankend blieb die Kutsche stehen. Seufzend trat Giles in den Regen

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