Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
Vorderarm auf die Kehle drückte, so daß sie kaum noch atmen konnte.
    Maxie war sich der erschreckenden Kraft seines angespannten Körpers sehr wohl bewußt. Wenn sie sich wehrte, könnte er sie möglicherweise erdrosseln. Sie verhielt sich absolut ruhig, holte qualvoll Luft und keuchte scharf: »Wach auf, Robin! Du träumst!«
    Einen furchtbaren Moment lang nahm der Druck auf ihre Kehle noch zu. Dann durchdrangen ihre Worte seinen Alptraum. »Maxie?« flüsterte er rauh. »Ja, Robin. Ich bin es«, ächzte sie mühsam.
    Er zuckte vor ihr zurück und ließ sich auf den Rücken fallen. In der Dunkelheit wirkte seine Haut geisterhaft bleich. »Großer Gott, verzeih mir!«
    wisperte er heiser. »Geht es dir auch gut?«
    Maxie holte tief und dankbar Luft. »Nichts passiert.« Sie setzte sich auf, entzündete die Kerze und wandte sich dann wieder Robin zu. Zu ihrem Entsetzen zitterte er so heftig, daß das ganze Bett vibrierte. Schnell legte sie beide Arme um ihn, und er klammerte sich so fest an sie, daß sie befürchtete, er würde ihr die Rippen brechen.
    Sie zog seinen Kopf an ihre Brust.
    »Hast du einen Fieberanfall?« fragte sie in der Annahme, Robin hätte sich auf einer seiner Reisen vielleicht an Malaria infiziert.
    »Nein. Nur einen Alptraum.«
    Sie strich ihm über den Kopf, als wäre er ein Kind.
    »Sag das nicht so abfällig. Die Irokesen sind überzeugt davon, daß Träume und Alpträume aus der Seele kommen. Was beunruhigt dich so, daß du nicht ruhig schlafen kannst?«
    Nach langem Schweigen, als sie schon annahm, er würde gar nicht mehr antworten, sagte er mit kaum hörbarer Stimme: »Das Übliche: Gewalt, Verrat, das Töten von Männern, die unter anderen Umständen vielleicht meine Freunde hätten werden können.«
    Die Trostlosigkeit seines Tonfalls jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Maxie dachte an Robins Gespräch mit dem Farmer, der sie in seiner Scheune ertappt hatte. »Du warst also wirklich bei der Armee?«
    »Ich war nie Soldat«, entgegnete er bitter.
    »Soviel ist sicher.«
    »Aber was warst du dann?«
    »Ein Spion.« Er wischte sich mit bebender Hand den Schweiß von der Stirn. »Für ein gutes Dutzend Jahre, seit meinem zwanzigsten Geburtstag. Ich habe gelogen, gestohlen, manchmal den Attentäter gespielt. Darin war ich gut, sogar sehr gut.«
    Maxie verspürte den Schock der Überraschung, der sich immer dann einstellt, wenn eine Tatsache völlig unerwartet geäußert wird, aber so überzeugend, daß an ihr kein Zweifel bestehen kann. »Das erklärt sehr vieles. Und ich hatte dich für einen ganz gewöhnlichen kleinen Dieb und Schwindler gehalten.«
    »Das wäre sehr viel besser gewesen. Dann hätte ich weniger Schaden anrichten können.«
    Verzerrte Gesichter tauchten vor seinem inneren Auge auf, Bilder der wenigen, die er kannte, und die verschwommenen Legionen jener, die gestorben waren, weil er Informationen weitergegeben hatte. Sein Zittern nahm zu, und er fragte sich, ob es möglich war, daß ein Mensch in tausend Stücke zerbrach.
    Bevor ihn die Bilder überwältigen konnten, begann Maxie wieder zu sprechen, und ihre leise Stimme zog ihn aus dem Meer seiner Qualen.
    »Ein Dieb stiehlt aus Eigennutz. Ich kann nicht glauben, daß du aus reiner Habgier Spion geworden bist.«
    »Die Spionage ist sicherlich kein Handwerk für jemanden, der reich werden will. Ich übernahm es, weil ich den Sieg über Napoleon für eine gute Sache hielt und die Spionage eine Möglichkeit war, mich nützlich zu machen. Aber im Laufe der Zeit wurde ich mir des Bluts an meinen Händen immer mehr bewußt…«
    Als sie den Kopf zur Seite neigte, berührte eine ihrer seidenweichen Haarsträhnen seine Wange.
    Er atmete den bittersüßen Duft von Lavendel ein.
    »Erzähl mir, wie es begann. Bestimmt hast du nicht schon in Oxford zu spionieren begonnen.«
    »In Cambridge, genauer gesagt.« Robin empfand fast eine Spur heiterer Genugtuung über die Genauigkeit, mit der sie ihn eingeschätzt hatte.
    »Nach meinem zweiten Studienjahr kam es auf dem Kontinent zum ersten Mal seit zehn Jahren zu einem Waffenstillstand. Ich entschloß mich zu einer Reise nach Frankreich. Doch schon bald wurde mir klar, daß es nur eine Frage der Zeit sein konnte, wann der Krieg wieder ausbrach.
    Ganz zufällig stieß ich auf Informationen, die für die britische Regierung von Interesse sein mußten, und ich benachrichtigte einen entfernten Cousin von mir, der einen Posten im Außenministerium bekleidete. Sofort kam Lucien zu mir

Weitere Kostenlose Bücher