Der Spion und die Lady
Schwierigkeiten bekommen.«
Er nahm einen Sattel von seinem Haken an der Wand. »Ich kenne den Eigentümer dieses Besitzes.«
Mit geballten Händen starrte ihn Maxie an. All ihr Vertrauen, jedes Gefühl von Nähe war fort.
»Warum sollte ich deinen Worten trauen, Robin?«
»Ich bedauere zutiefst, daß du dich zu dieser Frage veranlaßt fühlst.« Die Haut über seinen Wangenknochen war gespannt und wirkte schneeweiß.
Maxie holte tief Atem, um sich zu beherrschen, bevor sie etwas Unwiderrufliches sagte. »Ich bin davon überzeugt, daß wir gestern nacht aufrichtig zueinander waren«, erklärte sie schließlich leise.
»Aber heute ist ein anderer Tag, und es gibt noch sehr viel, was ich nicht von dir weiß.«
»Ich werde dir jede deiner Fragen beantworten«, sagte er ernst. »Aber… das würde ich lieber verschieben.« Am liebsten hätte Maxie vor Enttäuschung wild aufgeschluchzt. Sicherlich war es durchaus möglich, daß er den Besitzer kannte, aber ebensogut konnte sie sich vorstellen, daß er auf einen kleinen beiläufigen Diebstahl aus war.
Wenn ein Mensch getötet, verführt und betrogen hatte, nahm sich der Raub von zwei Pferden vergleichsweise harmlos aus.
Robin stützte den Sattel an seiner Hüfte ab und strich ihr mit der freien Hand leicht über die Wange. »Kannst du mir nicht noch ein wenig vertrauen, Kanawiosta?«
Wenn er so mir ihr redete, blieb ihr keine Wahl.
»Mitgehangen, mitgefangen«, seufzte sie resigniert. »Aber du kannst deine Erklärungen nicht in alle Ewigkeit verschieben.«
»Ich weiß. Aber diese Reise war etwas ganz Besonderes für mich. Ich habe nicht nur dich, sondern in gewisser Weise auch mich gefunden.
Ich bin noch nicht ganz fähig, mich dieser Realität zu stellen.«
Maxie schenkte ihm ein leicht schiefes, aber aufrichtiges Lächeln. »Macht dich die Tatsache stolz, daß du mich buchstäblich in einen zitternden Pudding verwandeln kannst, oder ist das unerheblich, weil das deine Wirkung auf alle Frauen ist?«
»Du überschätzt meinen Charme.« Er beugte sich über den Sattel und gab ihr einen schnellen Kuß.
»Aber es freut mich, daß du mir gegenüber nicht unempfänglich bist. Das hält das Machtverhältnis zwischen uns zumindest ein wenig ausgeglichen.«
Während er zu den Pferden zurücklief, rief sie ihm hinterher: »Was soll das nun wieder heißen? Du hast mich doch vom ersten Moment an um den kleinen Finger wickeln können.«
Er sattelte das erste Pferd und kam dann wieder zu ihr. »Aber du weißt doch sicher, daß ich auf Händen und Knien über glühende Kohlen kriechen würde, wenn du mich darum bittest.«
»Würdest du denn nicht einmal wissen wollen, ob ich überhaupt einen guten Grund für eine derartige Forderung hätte?«
Er lächelte. »Natürlich, und ich würde auch meine Feuerschutzhosen anziehen. Aber dennoch würde ich es tun, wenn du mich darum bittest.«
Sie sah ihn an, und ein eigentümlich atemloses, flattriges Gefühl überkam sie. Entweder war er die Aufrichtigkeit in Person oder der beste Lügner der Welt. Allerdings konnte er auch schlichtweg verrückt sein – diese Möglichkeit durfte sie nicht außer acht lassen. Fast resigniert suchte sie sich einen Sattel, den ältesten und schäbigsten, und sattelte das andere Pferd.
Robin verließ als erster den Stall, und sie führten die Pferde zu einem kleinen Tor in der Grundstücksmauer. Maxie blickte betont auf ihre Stiefelspitzen, während er an dem Torschloß manipulierte. Als sie draußen standen, verschloß er das Tor wieder. Dann saßen sie auf und ritten nach Süden.
»Können wir London denn heute überhaupt erreichen?« erkundigte sich Maxie, als sie sich nach kurzer Zeit wieder etwas sicherer fühlte.
»Ja, obwohl es durchaus Abend werden kann.«
Stirnrunzelnd stellte Maxie insgeheim eine Berechnung ihres Barvermögens an. »Können wir uns nach der Ankunft denn eine Übernachtung in einem Gasthaus leisten?«
»Eigentlich nicht. Wir besitzen genug für die Zollgebühren und unsere Tagesverpflegung, aber das wäre es dann auch schon. Aber ich habe Freunde, die uns aufnehmen können.«
»Werden die denn keine unangenehmen Fragen stellen?«
»Diese Freunde nicht.« Er seufzte. »Unser lockeres Miteinander wird sich ändern müssen, und genau das war auch einer der Gründe, aus denen ich nicht wollte, daß diese Reise ihr Ende findet. Ehrenwerte Leute würden dich mit Sicherheit bereits für rettungslos kompromittiert halten, aber das ist belanglos, da niemand etwas davon
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