Der Spion und die Lady
Körnchen.
Ich wollte dich vom ersten Moment an, Robin.
Heute habe ich beschlossen, mich nicht mehr wie eine prüde englische Miss aufzuführen, sondern wie eine Frau der Mohawk.« Sie biß verspielt in seine Schulter. »Wir sind berühmt für unsere Wildheit. Wir nehmen uns, was wir wollen, weißer Mann.«
Zärtlich massierte er ihr den Nacken. »Du hast mich völlig verblüfft. Angesichts deines Alters, deines empfängnisverhütenden Tees und deines Verzichts auf jede mädchenhafte Zimperlichkeit hätte ich nie vermutet, daß du eine Jungfrau bist.«
»Bei den Irokesen leben viele Familien gemeinsam in einem Haus. Die Kinder lernen schnell, was zwischen Mann und Frau nur natürlich ist.«
»Du hast mir erzählt, daß im Volk deiner Mutter Frauen ihrem Verlangen eher nachgeben können.
Aber das macht es für mich noch unbegreiflicher, daß ich dein erster Mann bin. Sind Amerikaner denn solche Toren?«
Maxie verzog das Gesicht. »Wie ich dir ebenfalls schon erzählte, hat es eine ganze Reihe von Männern gegeben die ein Halbblut für eine leichte Beute hielten. Aber auf so etwas wollte ich mich nicht einlassen. Und da wir so oft unterwegs waren, gab es für mich kaum die Möglichkeit, die Art von Beziehung anzuknüpfen, in der ich mir meiner Wünsche sicher sein konnte.« Das traf zwar zu, aber sie sagte nicht, daß die Ablehnungen leicht gewesen waren, da ihr kein Mann begegnet war, der sie auch nur annähernd so angezogen hätte wie Robin.
Er küßte sie auf die Stirn. »Ganz gleich, was die Gründe waren – ich fühle mich durch deine Wahl sehr geehrt.«
Sie musterte ihn streng. »Und du wirst keine absurde Äußerung dahingehend machen, daß du mich ruiniert hast und es nun als deine Pflicht betrachtest, mir deinen Namen zu geben?«
»Ich wäre versucht, wenn ich auch nur die geringste Chance auf Erfolg hätte. Aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, daß so etwas bei dir nie verfangen würde.« Unter der Bettdecke glitt seine Hand zärtlich über ihren Körper.
»Abgesehen davon wirkst du auf mich ganz und gar nicht ruiniert. Im Gegenteil, du wirkst bezaubernd makellos.«
Sie lachte leise auf. Es war vielleicht nicht gut, von Liebe zu sprechen, aber das konnte sie schon sagen: »Du bist aber auch ganz wundervoll. Das Warten hat sich gelohnt.«
Er küßte sie aufs Ohr. »Gute Nacht, Kanawiosta«, murmelte er. »Möge keiner von uns böse Träume haben.«
Nach dem Gewitter war der Morgenhimmel blaugrau und klar, als Maxie erwachte. Der Sommeranfang näherte sich und die Sonne ging früh auf, so daß sie nicht länger als zwei oder drei Stunden geschlafen haben konnte, dennoch fühlte sie sich überraschend frisch.
Robin schlief noch, sein blonder Kopf ruhte dicht neben ihrem, sein Arm war um ihre Taille geschlungen. Sein Gesicht wirkte friedlich und sehr jung. Es war schwer, sich an seine emotionale Verzweiflung der vergangenen Nacht zu erinnern. Jetzt sah er kaum älter aus als ein Schuljunge.
Doch dieses Bild wurde von der Narbe an seiner Seite zerstört. Maxie betrachtete sie näher. Es war ein Wunder, daß die Kugel keinen lebensnotwendigen Körperteil getroffen hatte.
Sie legte den Arm um ihn. Sie sollte ihn endlich wecken, konnte sich aber nicht dazu überwinden.
Die vergangene Nacht war für sie wie ein Wunder gewesen. Und da sie sich unter Umständen nicht wiederholen würde, zögerte Maxie, den nachwirkenden Zauber zu brechen.
Sie hauchte ihm einen Kuß auf die Haare. Seine unglaublich langen Wimpern zuckten, und er öffnete die Augen. Er lächelte sie an. Aus dieser Nähe hatte das leuchtende Azurblau seiner Augen eine faszinierende Wirkung. Hätte sie ihn nicht bereits geliebt, müßte sie es nach diesem hinreißenden Lächeln tun.
»In deiner Nähe schlafe ich immer sehr gut«, murmelte er.
»Das beruht durchaus auf Gegenseitigkeit.« Maxie berührte die Narbe der alten Schußverletzung und fuhr fort: »Ich nehme an, daß du dir die und deine vielen anderen Narben in Erfüllung deiner Pflicht geholt hast.«
Er nickte. »Die Schußverletzung stammt aus Spanien.«
»Und was ist mit den Peitschenspuren auf deinem Rücken?«
Robins Miene wurde leicht sarkastisch. »Man peitschte mich für etwas aus, was ich gar nicht begangen hatte. Aber da ich für mein eigentliches Verbrechen gehängt hätte werden können, hielt ich es für besser, mich nicht zu wehren.«
»Und deine Hand?«
Er hob sie so, daß ihre leicht gekrümmte Form deutlich sichtbar war. »Ein sehr energischer
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