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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Büttenrede. Aus seiner Brieftasche fischte er eine Visitenkarte, die er Verena überreichte, nicht ohne ihr mitzuteilen, welche Daten sie der Karte entnehmen könnte. Stollmann trat einige Schritte zur Seite, bevor er sich um Kopf und Kragen reden konnte.
    „Wir kommen gerne auf Sie zurück“, behauptete Verena zuckersüß.
    Dann wandte sich der Professor an Muench und forderte den verdutzten Mann auf, wegen einer Presseerklärung des Institutes für Rechtsmedizin Kontakt mit der Pressestelle der Hochschule aufzunehmen – in Anbetracht des Falles.
    Stollmann blickte hoffnungsvoll drein. Er freute sich wohl schon auf den Bock, den der aufgeblasene Zorn zu schießen im Begriff war. Aber Verena musste dem Kollegen den Spaß verderben:
    „Eine Presseerklärung ohne Rücksprache mit dem Innenministerium, das geht gar nicht. Der Innenminister will die Presse nachher selbst informieren.“
    Zorn gab nicht kampflos nach: „Unser Institut untersteht dem Minister für Wissenschaft und Kultur. Wir sind, anders als Sie, Frau Kollegin, nicht vom Innenminister abhängig. Soll er seine Erklärung herausgeben, wir geben unsere heraus.“
    „Die Zuständigkeit für die Aufklärung des Mordfalles liegt beim LKA und das untersteht dem Innenministerium. Ich denke, der Minister für Wissenschaft und Kultur sieht das nicht anders.“
    Mit den Worten „Wir werden sehen, kommen Sie, Muench“ drehte sich Zorn auf dem Absatz um und eilte mit ausladenden Schritten und wehenden Kittelschößen davon.
    „Wie hältst du das nur aus?“, stöhnte Stollmann.
    „Wer sagt denn, dass ich es aushalte? Aber wir sind auf die Arbeit der Rechtsmedizin angewiesen und müssen uns arrangieren.“
    Sie betraten das Zelt. Auch wenn Verena in 20 Jahren Berufsleben viel Grauenhaftes gesehen hatte, versetzte ihr der Anblick Uwe Steins einen Schlag in den Magen. Sein Gesicht war vollkommen entstellt und als Gesicht praktisch nicht mehr erkennbar. In der Stirn klaffte ein riesiges Loch, Teile des Gehirnes waren freigelegt. Der Kopf war abgeknickt. Jetzt gewannen die akademischen Ausführungen des Professors über die Wucht der Schläge bedrückende Realität. Zwei Beamte aus Ingas Team untersuchten den Leichnam auf verwertbare Spuren, ein dritter machte Aufnahmen.
    Selbst Stollmann, der seine Betroffenheit gern hinter flapsigen Ausführungen verbarg, war geschockt. „Ist ja ekelhaft. Stein hat doch schon auf dem Boden gelegen, und er hat mehr als einmal zugeschlagen. Da hat sich jemand eine mörderische Wut aus dem Leib geprügelt.“
    Er zog ein Taschentuch aus der Hose, das dort einen großen Teil der letzten Wochen zugebracht haben musste, wischte sich die Stirn und murmelte: „Gut, dass ich noch nichts gegessen habe.“
    Als Profis gelang es ihnen langsam, den schrecklichen Anblick zeitweise auszublenden. Einige erste Schlüsse ließen sich ja schon ziehen. Der Täter war mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Golfspieler. Die Tat war eher nicht im Affekt geschehen, denn als Tatinstrument war ein Golfschläger wahrscheinlich, niemand hatte so einen Schläger um 23 Uhr zufällig dabei. Stein hatte seinen Mörder gekannt und umgekehrt. Das musste wenig zu bedeuten haben, denn prominente Figuren besaßen erfahrungsgemäß viele Bekannte. Erst recht Politiker: Sie lebten, falls sie sich nicht als Experten hinter Akten versteckten, vom Kontakt mit dem Bürger. Der Wahlkampf lief auf vollen Touren, man wusste von Stein, dass er Säle und Marktplätze füllte. Der Mann musste in den letzten Wochen Tausende Hände geschüttelt haben. Er hatte Schulen besucht, Altenheime, Betriebe, er hatte Bürger-sprechstunden veranstaltet, Straßenzüge abgeklappert und an Türen geklopft.
    „Ganz zu schweigen von den diversen Damen, die ihn in ihr Bett zerren wollten“, gab Stollmann zum Besten. Verena starrte ihn überrascht an. Er erinnerte sie daran, dass er eine Zeit lang im Personenschutz tätig gewesen war. „Ist bei prominenten Politikern immer so, egal wie sie aussehen. Macht ist sexy!“
    „Und? Wie war es so im Personenschutz?“
    „Langweilig. Ich habe in Vorzimmern gewohnt und auf den hohen Herrn gewartet, tagaus, tagein warten. Immer nur warten. Aber das war alles vor Stein. Ist ewig lange her.“
    Er wischte sich erneut den Schweiß von der Stirn.
    „Apropos berufliches Umfeld: Wusstest du, dass Stein früher bei Hackmann und Partner gearbeitet hat?“
    Das hatte Verena nicht gewusst: „Der Hackmann?“
    „Genau der, mit dem du dich damals angelegt

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