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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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hast. Oder er sich mit dir. Oder ihr euch miteinander. Such dir was aus. Wäre ja nicht abwegig, dass der Täter aus seinem früheren Mandantenkreis stammt. Dass da einer seinen Hass am Köcheln gehalten hat. Hass ist ein haltbares Gut und neigt dazu, mit der Zeit immer größer zu werden. Genau umgekehrt wie mit der Liebe übrigens.“
    Verena wusste, was Stollmann nicht aussprach: Hackmann gab sich nur mit den Großen und Bedeutenden ab. Bei den Prozessen seiner Kanzlei stand viel Geld auf dem Spiel. Und man sagte der Kanzlei exzellente Beziehungen zur niedersächsischen Justiz nach, eine interessante Mischung.

12
    Auf der Rückfahrt ins LKA sammelten die beiden Ermittler Hannoveraner Klatsch über Uwe Stein. Beiden war aufgefallen, wie wenig seine Frau in den Medien aufgetaucht war. Ungewöhnlich für eine politische Landschaft, die sich in den letzten Jahren immer stärker die amerikanischen Verhältnisse zum Vorbild genommen hatte. In den USA waren Politkarrieren und Wahlkämpfe ohne mitwirkende Familienmitglieder undenkbar.
    „Ich erinnere mich an keine Homestory mit seiner Frau, mit seiner Tochter ja, aber niemals mit seiner Frau“, sagte Stollmann verwundert. Er rief einen Kumpel an, Sportreporter bei der Niedersachsenpresse. Der bestätigte Stollmanns Erinnerungen. Angeblich hätten die Kollegen vom Lokalteil mehrere Versuche unternommen, Frau Stein vor die Kamera zu kriegen. Aber es war nie dazu gekommen. Dabei wartete ein Leben im Rampenlicht auf sie, zwischen Vorträgen bei den Landfrauen und Eröffnungen internationaler Konferenzen. Ein Interview nebst Fototermin wäre ein Einstieg gewesen, gehörte im Grunde genommen einfach dazu. Warum hier nicht?
    „Vielleicht ist sie hässlich wie die Nacht.“ Verena kommentierte Stollmanns Bemerkung nicht.
    Stollmann, bekannt für seine unbezähmbare Neugier, hätte gern mehr über das Paar erfahren. Andererseits akzeptierte er die Weigerung: „Wenn der Mann schon alles anders machen wollte als seine Vorgänger, warum nicht auch mit diesem amerikanischen Firlefanz aufhören! Die meisten deutschen Politiker sind sowieso viel zu bieder, um überzeugend den Obama mimen zu können. Das war ja das Gute an Stein. Er hatte so gar keinen Stallgeruch! Ihm sahst du nicht an der Nasenspitze an, dass er sich durch 20 Jahre Ochsentour und Ortsvereine hochgedient hatte. Der Mann war eine Zeitenwende.“
    „Könnte es sein, dass du für ihn schwärmst, das kenn ich sonst gar nicht von dir?“
    „Könnte sein, ja. Vor allem, wenn ich an die verehrte Gattin unseres Oppositionsführers denke. Die lässt sich dabei fotografieren, wie sie die Schulbrote für ihre Kinder schmiert.“
    Sie hatte auch bereitwillig das Rezept für ihre Tagesmaske verraten und alle Geschäfte genannt, in denen sie sich mit Klamotten versorgte. Wo es Frau Stein mit der Privatsphäre übertrieben hatte, reichte diese Frau ihre Privatsphäre auf dem Präsentierteller herum. Für sie war alles öffentlich. Wenn der Fototermin im Kasten war, duzte sie sich mit dem Fotografen. Kein Restaurant in Hannover öffnete seine Pforten, ohne die Gattin des Oppositionsführers zu begrüßen. Was sie tat, war „ich“. Was er tat, war „wir“. Der arme Mann konnte einem fast leid tun, fand nicht nur Stolli.
    In den nächsten Stunden würden die Fahnder die frisch gebackene Witwe Stein kennenlernen. Gut für die Ermittlungen, schrecklich für die Stimmung.
    „Daran werde ich mich nie gewöhnen“, gestand Verena. „Wenn die Hinterbliebenen wie erstarrt vor dir sitzen, was viel schlimmer ist, als wenn sie weinen. Manche werden aggressiv, damit kann ich noch am besten umgehen.“
    Der Anblick des Wagens vor ihr auf dem Parkplatz war auch nicht dazu angetan, Verenas Stimmung zu verbessern. Der Fahrer stieg aus, bemerkte sie und kam auf sie zu.
    „Meine Güte, wir sind aus Versehen auf dem Promi-Parkplatz gelandet“, ätzte Stollmann.
    Direktor Ritter öffnete die Tür auf der Fahrerseite. Stollmann, mit feinen Antennen ausgestattet, verdrückte sich, wobei er keine Mühe darauf verwendete, einen halbwegs plausiblen Grund vorzuschieben.
    „Morgen, Frau Hauser, Sie kommen vermutlich vom Tatort.“
    Verena stieg aus und dachte: Wir sind also wieder zum Sie übergegangen. Dann dachte sie: Ich hasse ihn. Sie atmete tief durch.
    „Ja, schrecklich. Ein ungewöhnlich brutaler Überfall.“
    „Der Innenminister war sehr betroffen. So habe ich ihn noch nie erlebt. Nicht einmal bei den Staatskanzleimorden letztes

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