Der Sprung ins Jenseits
hatte ich festgestellt, daß das Innere des Schiffes nur aus zwei Räumen bestand. Im Heckraum befand sich der komplizierte Antriebsmechanismus, von dem ich nichts verstand. Vorne war die Steuerzentrale. Die Unzahl der blitzenden Instrumente verriet mir das.
Unsichtbar und unbemerkt schwebte ich inmitten des Raumschiffs und beobachtete. Der Fremde saß, hockte oder lag in einem wannenförmigen Sitz. Seine Farbe war tiefschwarz, und ich hatte das Gefühl, daß dieses intensive Schwarz in der Lage war, alle vorhandenen Lichtstrahlen aufzusaugen, die es trafen. Diese Farbe allerdings war das einzige, das sich an diesem Wesen feststellen ließ. Alles andere, wie etwa die äußere Form, ließ sich einfach nicht beschreiben. Alles schien in einem ständigen Wechsel begriffen zu sein. Als das Wesen nach eines der Instrumente langte, um etwas zu verstellen oder auszuschalten, war plötzlich ein Arm mit einer richtigen Hand zu erkennen. Als der Pseudoarm zurückgezogen wurde, war auch die Hand verschwunden.
Es war nicht nur die Vorsicht, die mich reglos verharren ließ. Es war auch die Überraschung und der Schreck.
Der Fremde erinnerte mich an eine Kugel, eine große, schwarze Kugel von etwa einem Meter Durchmesser. Aus dieser Kugel konnte das Lebewesen alle Gliedmaßen formen, die es gerade benötigte. Jetzt aber schien es in seiner Wanne zu liegen und zu ruhen.
Ich wartete noch immer, aber dann mußte ich erkennen, daß ich keine andere Wahl hatte. Ich mußte versuchen, Kontakt aufzunehmen. Ich näherte mich also dem Fremden und drang vorsichtig in sein Bewußtsein ein. Als ich an einen Energieschirm prallte, der ein undurchdringliches Hindernis darstellte, zog ich mich schnell wieder zurück.
Die Frage war, ob der Fremde etwas davon bemerkt hatte.
Die Kugel behielt zwar ihre Form bei, aber ihre Farbe veränderte sich. Sie wurde dunkelgrün.
Ich wartete fünf Minuten, dann wagte ich den zweiten Vorstoß. Diesmal war der Abwehrschirm weniger stark. Es gelang mir zwar nicht, ihn ganz zu durchdringen, aber ich konnte gewissermaßen einen Fühler ausstrecken. Ich schickte so eine Sonde in das Gehirn des Außerirdischen.
Vielleicht wurde so der Kontakt nicht ganz vollkommen, aber er genügte zur Verständigung. Ich konnte die Gedankenimpulse des Fremden gut empfangen und auch verstehen.
»Wer Sie auch sind, Sie sind mir willkommen.«
Ich blieb. Zu einer Flucht war es zu spät, ganz abgesehen davon, daß es sinnlos wäre. Mein Vorhandensein war entdeckt worden – und eigentlich wollte ich das auch.
»Mein Freund kam, um Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Er kehrte nicht nach der vereinbarten Frist zurück. Wo ist er?«
Die Antwort erfolgte sofort:
»Wenn Sie einen materielosen Geist meinen, so kann ich Ihnen Auskunft geben. Aber zuvor will ich wissen, wer oder was Sie sind?«
»Was sagte Ihnen mein Freund?«
»Er behauptete, sein Körper sei auf Ihrem Heimatplaneten, dem dritten Planeten dieses Sonnensystems, zurückgeblieben. Nur seine Seele habe sich auf Wanderschaft begeben. Ich verstehe zwar das telepathische Aussenden von Gedanken, aber die Trennung von Seele und Körper, das kenne ich nicht. Meine ganze Rasse kennt das nicht. Wir sind noch nicht soweit. Ich glaube fast, daß wir die irdische Rasse unterschätzt haben.«
Vorsichtig zog ich mich ein wenig zurück, damit der Fremde meine Gedanken nicht lesen konnte. Auf keinen Fall durfte ich nun zugeben, daß Yü und ich Ausnahmen waren. Der Fremde mußte uns auch weiterhin überschätzen. Das konnte nur zu unserem Vorteil sein.
Ich kehrte wieder in sein Bewußtsein zurück.
»Ich kam, um mich davon zu überzeugen, daß meinem Freund nichts geschehen ist. Wo ist er jetzt?«
»Auf meiner Heimatwelt, die Sie L-789-6/2 nennen.«
»Was macht er dort?«
»Er will sich davon überzeugen, daß es im ganzen Universum keine friedlichere Rasse als die unsere gibt.«
»Wann kehrt er zurück?«
»Ich weiß es nicht. Er hat seine Frist bereits überschritten. Das ist auch der Grund, warum er seine Verabredung mit Ihnen nicht einhalten konnte. Mein Heimatsystem ist fast zehn Lichtjahre entfernt, das bedeutet für eine Seele, die mit Gedankenschnelle reist, keinen Zeitverlust. Ihr Freund kann sich verirrt haben. Vielleicht findet er nicht mehr zurück.«
Ich hatte bisher im Gedankeninhalt des Fremden keine Falschheit entdecken können. Sein Erinnerungsspeicher und das, was er im Augenblick dachte, lagen wie ein offenes Buch vor mir. Die telepathischen Kugeln waren eine
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