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Der Stachel des Skorpions

Der Stachel des Skorpions

Titel: Der Stachel des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Hardy
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Pyramide. Von unten betrachtet ausgesprochen zerbrechlich wirkende Laufstege verbanden die Treppe mit den Galerien um den Innenhof auf jeder Etage.
    Mallowes, dem die architektonische Effekthascherei der Treppe nicht gefiel und der sich auf den dünnen Stegen unwohl fühlte, benutzte stattdessen einen Aufzug, um in den fünften Stock zu gelangen. Oben angekommen trat er an das Geländer über der Freitreppe. Zehn Minuten wanderte er rund um den Innenhof und schien die Treppe von allen Seiten zu bewundern. In Wahrheit suchte er die Etagen des Museums sorgfältig nach Gesichtern ab, die ihm auch nur entfernt bekannt vorkamen. Er sah niemanden, der seine Aufmerksamkeit erforderte.
    Zufrieden ging er unter einem durchsichtigen Torbogen hindurch, den weiß wogender Rauch füllte. Licht zuckte von einem Ende des Bogens zum anderen, flog hin und her und formte Worte, die kurz darauf wieder verblassten: ein Licht im Nebel. Hinter dem Torbogen erstreckte sich eine Ausstellung über die katastrophalen Feuersbrünste im brasilianischen Regenwald 2718 und darüber, wie die verkohlten Überreste zur Entdeckung eines halben Dutzends neuer Medikamente beigetragen hatten.
    Es war der verlassenste Ort des ganzen Museums.
    Mallowes wanderte gelassen durch eine Hologrammdarstellung des brennenden Waldes, die durch den Ventilator, der den Besuchern heiße Luft ins Gesicht blies, noch realistischer gemacht wurde. Er ging weiter, bis er vor einer großen Vitrine mit noch einem Hologramm stehen blieb, in dem in Laborkittel gekleidete Personen Proben verbrannter Holz- und Pflanzenreste untersuchten.
    »So hat Elsa Kavendish nicht ausgesehen«, erklärte eine Frau, die gegenüber der Vitrine auf einer
    Bank saß. Sie trug einen langen Wollmantel mit hochgeschlagenem Kragen und einen grauen Schal um den Nacken, als wolle sie das Museum jeden Moment wieder verlassen. Alles, was Mallowes deutlich sah, war das glatte schwarze Haar, das an einer Seite ihres Gesichtes herabhing.
    Er nickte bedauernd. »Ich weiß. Soweit ich es verstanden habe, fand die Museumsleitung ihr wahres Aussehen nicht dynamisch genug.«
    »Was hat ihr Aussehen mit dem zu tun, was sie geleistet hat?«
    »Gar nichts. Aber das Museum möchte sie als Vorbild präsentieren, und Sie wissen ja, wie die Leute sind. Sie wünschen sich attraktive Vorbilder.«
    »Ich finde es eine Schande, wenn Museen die schlimmsten Instinkte der Menschen bedienen.«
    »Sie haben Recht. Aber wie jedes andere Geschäft auch muss ein Museum irgendwie Kunden anlocken.«
    Während sie sich unterhielten, holte Mallowes ein Gerät aus der Tasche, das etwas kleiner war als seine Faust. Er verstellte ein paar Drehregler an einer Seite, dann drückte er einen Knopf in der Mitte einer anderen. Das Gerät strahlte eine sechs Meter durchmessende Kugel Nichts aus. Ein unsichtbarer Schleier aus Rauschen hüllte sie ein und überdeckte ihr Gespräch. Sobald jemand näher als drei Meter kam, würde das Gerät dreimal fiepen und sich dann abschalten. Vorerst jedoch konnten sie sich ungehört unterhalten.
    »Hallo, Agnes.«
    »Hallo. Morten ist verschwunden.« Mallowes wusste ihre Neigung zu schätzen, sofort auf den Punkt zu kommen.
    »Ich weiß.«
    »Sollte ich mir Sorgen machen?«
    »Um ihn? Oder um Ihre eigene Sicherheit?«
    »Was glauben Sie?«
    »Nein. Die Sache, wegen der er in Schwierigkeiten steckt, hatte mit Ihnen nicht das Geringste zu tun. Nach Ihnen sucht niemand.«
    »Gut.« Agnes zögerte. »Ich bin mir nicht sicher, aus welchem Grund Sie mich kontaktiert haben. Ich habe genug damit zu tun, zu überwachen, was morgen geschieht. Ich soll die Lagerhalle in...«
    »Ich will nichts davon wissen, was morgen geschieht!«, unterbrach Mallowes sie streng.
    »Natürlich. Entschuldigung«, sagte Agnes mit leicht spöttischem Tonfall. »Jedenfalls habe ich reichlich zu tun. Ich weiß nicht, ob ich irgendeine andere Arbeit annehmen kann, bis das vorbei ist.«
    »Das ist wichtiger.«
    Agnes stieß einen Pfiff aus. »Ernsthaft?«
    »Ja.«
    Die Frau strich sich das Haar aus dem Gesicht und legte blaue Augen und einen Mund frei, der sich zu einem Schmunzeln bog. Ihr stand das Staunen ins Gesicht geschrieben. »Okay, ich bin interessiert. Was ist los?«
    »Es gibt einen Paladin, der morgen nicht mit abstimmen darf.«
    »Wer?«
    »Jonah Levin.«
    »Levin? Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
    Mallowes warf ihr einen Blick zu, der überdeutlich feststellte, dass es ihm todernst war.
    »Sie wollen Levin bis morgen

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