Der Stachel des Skorpions
besser. In Genf war niemand unsichtbarer als ein Arbeiter im Overall.
»Wir haben wenig Zeit«, stellte er fest, sobald der letzte Mann im Freien war. »Beeilung.«
Die Männer schwangen eine Rampe herab und luden Kisten aus dem Laster. Die Aufschrift auf den Seiten identifizierte den Inhalt als vormontierte metallene Aktenschränke und zusammenlegbare Tri-vidprojektionstanks, alles im Auftrag von St. Croix von Fremdfirmen hergestellt.
Hansel lächelte, während er die Kisten vorbeiziehen sah. In Wahrheit enthielten sie ein Sortiment an Faustwaffen - Auto-, Laser- und Flammerpistolen -, ein paar Gewehre und Schrotflinten sowie die dazugehörige Munition. In diesem Laster allein genug für eine ganze Kompanie. Wahrscheinlich würden sie nicht alle zum Einsatz kommen, aber es ließ sich nicht vorhersagen, welches Waffenlager der Gruppe am Tag X am meisten beansprucht werden würde. Also mussten sie alle einen kompletten Vorrat enthalten.
Die Kittery-Renaissance hatte einen großen Teil ihrer Geldmittel in dieses Projekt investiert. Falls es fehlschlug, würde die Bewegung einige Zeit außer Gefecht gesetzt sein: die Gruppenkasse leer und viele ihrer Mitglieder tot oder auf Grund der Enttäuschung über den Fehlschlag verloren. So etwas konnte das Ende einer Organisation bedeuten.
Wir dürfen uns halt keinen Fehlschlag leisten, dachte Hansel.
Er besaß die Schlüsselcodes für die Schlösser der Hallentore. Innerhalb von Sekunden hatte er sie geöffnet, sowohl die kleine Tür am Kopfende der Laderampe wie auch das große Tor daneben. Im Innern standen reichlich Kisten wie diejenigen, die seine Begleiter gerade ausgeladen hatten.
»Jacques, Benny«, befahl er. »Schafft einen Teil des Zeugs da unten aus dem Weg.«
Zwei wie BergbauMechs gebaute Männer lösten sich von der Gruppe der Arbeiter. Jacques fragte: »Wo soll das Zeug hin?«
»Stapelt es ein bisschen höher, schiebt die Kisten etwas näher aneinander... unser Zeug soll dazwischen nicht auffallen, aber es muss trotzdem schnell zu finden sein.«
»Geht klar, Boss.«
»Und achtet darauf, dass ihr genug Platz für die große Überraschung lasst. Wir wollen nicht, dass jemand sie zu früh entdeckt und den ganzen Spaß verdirbt.«
Die Männer lachten und griffen sich die Kisten. Als alle Waffen und die komplette Munition sicher ausgeladen und versteckt waren, kehrte Hansel zum Laster zurück. Er stieg ins Fahrerhaus, startete den Motor und brachte den Laster herum, bis er ihn im Rückwärtsgang durch das Tor ins Innere der Halle bugsieren konnte. Ganz passte er nicht, der vordere Container und die Zugmaschine standen noch im Freien, aber der hintere Container befand sich komplett in der Halle und war vor fremden Blicken geschützt. Jetzt drückte Hansel einen Knopf auf dem Armaturenbrett, der die Tür des Containers öffnete und die schwere Rampe senkte.
Dann stieg er wieder aus. »In Ordnung, raus damit.«
Zwei der Männer stiegen in den Anhänger, die anderen warteten draußen. Sekunden später tauchte ein Fuchs-Panzerwagen aus dem düsteren Innern des Lasters auf. Die beiden Männer im Container schoben ihn die Rampe hinab, und der Rest des Teams stützte ihn ab, um zu verhindern, dass er davonrollte.
»Boss?«, fragte Benny. »Wie wollen wir so was verstecken?«
»Wirst du gleich sehen.«
Es dauerte nicht lange, dann war der Panzerwagen unter einer großen Plane verschwunden. Seine Umrisse wurden durch Kisten mit harmlosem Bürobedarf unkenntlich gemacht, die Hansels Leute auf den dafür geeigneten Flächen des Fahrzeugs aufgestapelt hatten. Danach zogen sie ein halbes Dutzend ähnlicher Planen über zufällig ausgewählte Stapel überall in der Halle.
»Der Panzerwagen braucht nicht lange unbemerkt zu bleiben«, erklärte er. »Wenn nur bis zum nächsten Freitag keiner unter die Plane sieht, genügt das schon.«
Die Arbeiter stiegen zurück in den vorderen Container. Hansel schloss die Lagerhallentore und kletterte in seine Fahrerkabine. Kurz darauf zeichnete er dem Posten am Tor dessen Liste ab und machte sich auf den Weg zu zwölf weiteren Lagerhallen rund um Genf, bevor mit dem ersten Morgenlicht der Arbeitstag begann.
>Premier Arret<, Genf, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
16. Dezember 3134
Ein weiterer Abend eines viel zu langen Tages fand Jonah Levin erneut in Arbeiterkleidung im >Premier Arret<. Wieder trank er Bier und einen kleinen Whisky, zwischen Gästen, die es darauf anlegten, die vergangenen 365 Tage zu ersäufen. Alt
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