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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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nicht, sondern lag ganz still, die Augen riesig, und atmete keuchend.
    Er lachte. »Du bist wach. Das ist gut.« Das Luftholen fiel ihm schwer. »Endlich können wir uns in die Augen sehen. Nach all der Zeit, nach all den Jahren …« Er rückte noch näher an sie heran. Seine Hand strich über ihre Stirn, ihre Wange. »Wir haben … wir haben so viel nachzuholen, mein Liebling.«
    Seine Hand hielt inne. Er musterte ihr Gesicht, prägte sich jeden ihrer Züge ein, als würde er sie nur dieses eine Mal anschauen dürfen und danach nie wieder. Er sah nicht die Rani in ihr, die sie früher gewesen war, sondern die, die sie jetzt war. Anders. Damit hatte er gerechnet. Es war dumm zu glauben, dass sie irgendwo eine perfekte Doppelgängerin finden würde. Aber bald würde sie der alten Rani ähnlicher werden. Ihr Geist musste nur erst in seinem neuen Körper ankommen und lernen, ihn zu verändern. Schon jetzt konnte er sehen, wie sie einmal aussehen würde. Er berührte die Gesichtszüge, die ihm so vertraut waren. Die Augen, ja, dachte er, und strich mit den Fingerspitzen darüber. Der Schwung ihres Wangenknochens. Und ihr Mund, die Lippen … so weich … so weich …
    Er spürte, wie er eine Erektion bekam, und hielt inne. Nicht jetzt. Das wollte er sich für später aufheben. Jetzt würden sie erst mal nur reden, sich wieder neu kennenlernen. Sich ganz nah sein. Kuscheln, wie Verliebte.
    Lachend schüttelte er den Kopf.
    »Es gibt so viel, was ich dir sagen wollte … über die Jahre hat sich so viel angesammelt, all die Gespräche, die ich im Kopf mit dir geführt habe, bei denen ich mir alles ausdenken musste, weil du nicht antworten konntest … Später, als ich dich wiedergesehen habe, haben wir manchmal kurz miteinander gesprochen – du weißt schon, in unserer Geheimsprache. Wenn gerade niemand in der Nähe war. Aber wir hatten nie eine richtige Unterhaltung. Bis jetzt.«
    Wieder lachte er. »Es ist komisch, aber da war so viel, was ich dir unbedingt sagen wollte. Alles, was sich angestaut hat, und …«, er zuckte die Achseln, als müsse er sich entschuldigen, »… jetzt ist es weg. Verschwunden. Ist das nicht komisch?«
    Sie sagte nichts, lag einfach nur da und atmete schwer.
    »Es gibt so viel zu erzählen …« Wieder schüttelte er den Kopf, als könne er es kaum fassen. »Wahrscheinlich sollten wir ganz vorne anfangen, oder? Beim Feuer. Ich sollte mich dafür entschuldigen. Damit hat ja alles angefangen, nicht wahr? Ja, das war der Anfang von allem.« Er seufzte. Streichelte ihr übers Gesicht. »Verzeih mir. Es tut mir leid, was passiert ist.« Er beugte sich noch tiefer über sie. »Aber eigentlich war das ja alles deine Schuld. Du warst der Grund. Du musst die Verantwortung dafür übernehmen. Wenn du dich nicht an mich rangemacht hättest … mit mir geflirtet …« Die letzten Worte spuckte er förmlich aus.
    Urplötzlich rückte er von ihr ab. Sein Blick wurde hart, sein Atem beschleunigte sich. Nach einer Weile wich die Anspannung aus seinen Zügen. Er lächelte wieder, dann lachte er. Und kicherte, als ob er sich zum ersten Mal mit ihr treffen würde. Und genauso fühlte er sich auch. Genauso war es. Sie waren so lange voneinander getrennt gewesen, dass es ihm jetzt vorkam, als begegneten sie sich zum allerersten Mal.
    »Weißt du, ich habe gleich gemerkt, dass du mich magst. Du hast die ganze Zeit versucht, es nicht zu zeigen, bist aus dem Zimmer gegangen, wenn ich reingekommen bin, hast absichtlich nicht mit mir gesprochen … aber ich wusste es. Ich war ja nicht dumm, ich habe es sofort gemerkt. Und ich weiß, dass du wusstest, dass ich dich auch mag.« Wieder strich seine Hand zärtlich über ihr Gesicht. »Aber du warst zu schüchtern. Du hast einen kleinen Schubs gebraucht, stimmt’s? Damit du dir eingestehen konntest, dass du mich magst.« Er drohte ihr spielerisch mit dem Finger. »Hast dich ganz schön geziert.« Er neigte den Kopf zur Seite und beugte sich mit einem erneuten Lächeln wieder über sie. »Alles, was ich tun musste«, sagte er, und seine Stimme wurde leise und rau, »war, dir zu sagen, was ich für dich empfinde. In meinem Herzen. Wie tief meine Liebe zu dir ist. Ich wusste, dann würdest du mich auch lieben.«
    Er zog seine Hand weg und seufzte. Seine Erinnerungen lenkten ihn auf einen dunklen, traurigen Pfad. »Und alles wäre gut geworden, wenn das Feuer nicht gewesen wäre …« Er saß wie betäubt, während die Bilder der Vergangenheit auf ihn

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