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Der Staubozean

Titel: Der Staubozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Mathematikern berechnet, gingen die Straßenlampen von Arnar an. Sie waren recht schwach. Auch das Licht im Zug flackerte auf, eine einzelne trübgelbe Glühbirne, die über uns am Sonnendach angebracht war.
    Nur die Zonen um die Aufzüge an der Felswand waren gut beleuchtet. Für die Seeleute gab es keine Ausreden. Zusammen mit einem Dutzend mißmutiger Nullaquaner drängte ich mich in den Aufzug, und wir jagten mit einer Geschwindigkeit, die einem den Magen umdrehte, die Felswand hinab.
    Auch die Hafenanlagen waren beleuchtet. Es gab keine Gelegenheit, aus Versehen von einem Pier aus in den Staub zu torkeln. Und an den Kais war ein schwaches grünes Leuchten zu sehen. Eine spärliche Kolonie nullaquanischen Planktons war um sie herum entstanden; Nahrung fanden sie in dem Wasser, das beim Verladen gelegentlich verspritzt wurde. Die Handwerker hatten ihre Arbeit beendet, die Lunglance war in bester Verfassung. Die Reparaturmannschaft hatte sogar die Zelte und Trantiegel wieder auf das Deck gebracht, das jetzt wieder neu mit Kunststoff verkleidet war. Regierungsarbeiter von der Ökologiesynode waren dabei, Waleier im Backbordrumpf der Lunglance zu verladen. Die bereits befruchteten Eier würden später über Bord geworfen werden, drei für jeden getöteten Wal. Keine leichte Aufgabe, denn die weißen Eier, deren Oberfläche leichte Vertiefungen aufwies, maßen über dreißig Zentimeter im Durchmesser und wogen Stück für Stück fünfzig Pfund. Sie kamen von einer Walzuchtanlage von einer der Drudenfuß-Inseln. In der Spitze dieser Insel befand sich eine breite Senke, und sie war Tonne auf Tonne mit Staub gefüllt worden. Jetzt wurden gefangene Wale in dem seichten See gefüttert, und sie vermehrten sich ungehemmt. Es wurden auch einige Versuche unternommen, spezielle Züchtungen zu erreichen. Ihre Nachkommen füllten das Meer wieder auf, und ihre Eier waren in der meisten Zeit der Inkubationsperiode sicher vor den nadelschnäbligen Oktopi, die die meisten Eier aussaugten und die Walbevölkerung normalerweise in Grenzen hielten.
    Ganz groß in Ökologie, diese Nullaquaner. Sehr besorgt um stabile Verhältnisse. Ich spürte den Flüssigkeitsentzug, der entstand, als mein Körper den Alkohol verarbeitete, und ging in die Küche hinunter, um etwas Wasser zu mir zu nehmen.
    Ich hatte gerade mein erstes Glas geleert, als Dumonty Calothrick polternd die Treppe herunterkam.
    »Erzähl mir nicht«, sagte ich, »du bist ausgeraubt worden. Dein ganzes Geld ist futsch.«
    Calothrick wirkte verwirrt. »Geld? Ich habe mein Geld. Jemand hat mein Flackern gestohlen.«
    »Heißt das, das Maßliebchen hat dich nicht ausgeplündert?«
    »O nein, nein«, sagte Calothrick ungeduldig. »Sie hat mir eineinhalb Monun für ein Bett berechnet und mich allein gelassen. Ich war nicht in Stimmung. Vor allem nicht mit ihr.« Calothrick schüttelte sich. »Hee … du hast noch Flackern übrig, richtig? Gib mir was!«
    Zum ersten Mal bemerkte ich, daß das Weiße in Calothricks Augen mit einem gelblichen Film überzogen war, ein Film wie die dünne, geriefelte Schicht, die sich als erstes auf der Oberfläche eines Topfes mit geschmolzenem Wachs bildet.
    »Ich habe dein Päckchen«, sagte ich. »Ich habe es genommen, als wir in der Gasse waren.« Ich zog das Etui aus meinem Hemd und hielt es ihm hin; Calothrick schnappte es aus meinen Fingern. »Du hast auch die Pipette, hm?«
    Ich reichte sie ihm. Er nahm sie und schaute mich aufgebracht an. »Du bist gerissen, Newhouse, verdammt gerissen. Wie ich sehe, hast du dich selbst bedient.« Er blickte auf die verringerte Füllung des Flackerns und saugte eine volle Pipette auf.
    »Ich hatte Angst, man würde dich durchsuchen. Es ist jetzt illegal, erinnerst du dich?«
    »Illegal. Wie kommst du darauf, daß auch nur einer von diesen Hohlköpfen gemerkt hätte, was es ist? Ich hätte ihnen gesagt, es wäre Arznei.«
    »Du bist ganz schön angetörnt.«
    »Du glaubst wohl, ich sei so eine Art Bauerntrampel«, fuhr Calothrick mich an, legte den Kopf in den Nacken und nahm einen Schuß aus der Augenpipette. »Merk dir das: Ich mag jung sein, aber ich bin nicht blind.« Er unterbrach sich, um zu rülpsen. »Du hast den größten Teil des Geldes und das ganze Flackern behalten. Ich will mehr. Vielleicht eine Flasche voll. Vor allem, wenn du vorhast, die ganze Zeit hindurch meines zu benutzen.«
    Ich war erbost und hörte zu gähnen auf. »Eine Flasche! Was würdest du damit tun? Wo würdest du sie hinstecken?

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