Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Er spuckte den Namen geradezu aus.
Gareth starrte ihn verblüfft und misstrauisch an. Er hustete in den Rauch, räusperte sich dann aber schnell, damit ihm nichts von diesen verblüffenden Enthüllungen entging.
»Ihr glaubtet – all ihr Menschen habt die ganze Zeit über geglaubt –, dass ich Seiner Hoheit aus Treue oder Liebe oder irgendwelchen anderen fehlgeleiteten Gefühlen gedient habe. So war es nicht. Ich habe Dagnarus im Grunde nie gedient. Ich habe einen anderen Herrn.«
»Der Schild«, sagte Gareth. »Das wussten wir. Auf seinen Befehl hin habt Ihr Lord Mabreton getötet. Wir wussten, dass Ihr nur ein Spion wart.«
»Spion«, wiederholte Silwyth ruhig. »Ja, all diese Jahre war ich ein Spion im Palast, ich habe alles ausspioniert, was ihr Menschen getan und gesagt habt. Ich habe alles meinem Herrn berichtet, wie es meine Pflicht war. Ich wurde gut dafür belohnt. Aber das hat nun ein Ende.«
Gareth war skeptisch. »Warum? Es besteht wenig Zweifel daran, dass Dagnarus' Armee siegen wird. Er wird König von Vinnengael werden. Er hält große Stücke auf Euch. Er vertraut Euch. Ihr wäret an idealer Stelle…«
»Damit sagt Ihr mir nichts Neues«, unterbrach Silwyth ihn.
»Ihr sagt mir nichts, was mein Herr nicht bereits weiß und vorausgesehen hat. Aber in dieser Sache kann ich dem Schild nicht gehorchen. Ich werde es nicht tun. Ich habe dem Schild gegenüber eine Pflicht zu erfüllen, das ist wahr, aber ich habe eine höhere Pflicht gegenüber der Ehre unseres Volkes. Der Augenblick, in dem seine Hoheit das Blut von Lady Valura auf den Lippen hatte, der Augenblick, in dem er sich entschloss, sie zu einem verfluchten, elenden Geschöpf zu machen, einem Ungeheuer, das Schande und Unehre über ihr Volk bringt, das war der Augenblick, in dem ich geschworen habe, meinem Herrn nicht mehr zu gehorchen und meinen Posten zu verlassen.
Ich hätte ihren Tod an Dagnarus gerächt«, fügte Silwyth hinzu, und er verzog den Mund zu einem verbitterten Lächeln, »aber das ist unmöglich. Er ist im Augenblick unbesiegbar. Ich werde mich auf andere Weise rächen. Es gibt mehr Möglichkeiten, dies zu tun, als durch Mord. Ich werde seine Glaubwürdigkeit bei den Elfen untergraben. Sobald ich dem Göttlichen von Lady Valura erzählt habe, wird sich das gesamte Elfenvolk gegen ihn stellen. Dagnarus wird diesen Krieg gewinnen, aber dann steht er einem anderen Gegner gegenüber. Und diesen Gegner kann er vielleicht nicht so leicht besiegen.«
»Aber was wird aus Euch?«, fragte Gareth. »Ich weiß ein wenig von elfischen Bräuchen. Wenn Ihr dem Schild den Gehorsam verweigert, habt Ihr Euer Leben verwirkt … «
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wenn der Göttliche entdeckt, dass der Schild sich gegen ihn verschworen und insgeheim den Paladin der Leere unterstützt hat, wird der Schild vielleicht alle Hände voll damit zu tun haben, nicht selbst von der Klippe zu stürzen, und dann wird er vielleicht keine Zeit mehr dazu haben, mich mit sich zu ziehen. Man wird mich als Verräter betrachten. Ich werde meine Ehre verlieren, aber ich werde Rache nehmen.«
»Warum sagt Ihr mir das?«, wollte Gareth wissen. »Ihr wisst, dass ich es ihm erzählen werde.«
Silwyth betrachtete Gareth angewidert. »Ich will, dass Ihr es ihm sagt. Sagt ihm, dass ich meine Rache haben werde. Es mag schon morgen sein. Es mag hundert Jahre dauern. Ich habe Geduld. Ich kann warten. Das Warten wird mir leichter fallen, da ich weiß, dass er von nun an jeden Tag in Angst verbringen wird. Er hat viele Leben, das stimmt, aber ich werde sie ihm alle nehmen. Ist der Wein vergiftet? Was ist das für ein seltsamer Geschmack im Essen? Ist dieses Blitzen im Mondlicht ein Dolch? Schleicht sich da vielleicht jemand von hinten heran? Die Antwort auf all diese Fragen lautet
ja.
Die Antwort lautet Silwyth. Sagt ihm das!«
Der Elf drehte sich auf dem Absatz um und verschwand im raucherfüllten Zwielicht.
Gareth stand einen Augenblick lang wie angewurzelt im Flur, verwirrt und verängstigt, hin- und hergerissen, und er verfluchte den Elfen. Sollte er nun weiter nach Helmos suchen? Oder sollte er zu Dagnarus zurückkehren und ihn vor Silwyth warnen? Der Elf hatte behauptet, er werde Vinnengael verlassen, aber Gareth erkannte, dass er sich ebenso wenig auf Silwyths Worte verlassen konnte wie auf die Hoffnung, dass eine Schlange nicht zustieß.
Am Ende kam Gareth zu der Ansicht, dass Dagnarus auf sich selbst aufpassen konnte. Ein Paladin der Leere, geschützt
Weitere Kostenlose Bücher