Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
hast dich entschlossen, sitzen zu bleiben und dich dem Feind zu stellen.«
»Er hat nach dem Kerl getreten«, unterstützte Dagnarus seinen Freund mit bewundernswerter Loyalität. »Und er hat ihn mit den Fäusten geschlagen.«
Gareth schüttelte den Kopf. »Ich kann mich nicht daran erinnern. Wenn ich getreten habe, dann nur aus Panik. Es heißt, dass eine Ratte auch gegen einen Löwen kämpfen wird, wenn der Löwe die Ratte in die Enge drängt.«
»Sagen wir lieber, dass in diesem Fall der Löwe gegen die Ratte gekämpft hat«, stellte Helmos fest.
Gareth begriff zunächst nicht, was das bedeuten sollte, aber dann sah er Helmos' blaue Augen, ihre lächelnde Herzlichkeit, und er verstand das Kompliment. Das Lächeln erfüllte ihn vollkommen. Gareth war nie so glücklich gewesen, so stolz, und er hatte sich nie so akzeptiert gefühlt. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass dieses Glücksgefühl noch stärker werden könnte, aber im nächsten Augenblick geschah genau das.
»Gareth«, sagte Helmos zu ihm, als wäre er ein Erwachsener und kein neunjähriger Junge. »Ich habe die große Ehre, für die Position eines Paladins nominiert worden zu sein. Es ist daher mein Vorrecht, jene, deren Tapferkeit und Ehre allgemein anerkannt sind, zu dem Festessen einzuladen, das veranstaltet wird, bevor ich zur Prüfung in den Tempel gehe. Prinz Dagnarus wird selbstverständlich anwesend sein, und natürlich möchte ich, dass auch du daran teilnimmst. Wenn du so freundlich sein könntest«, fügte er hinzu, stets bescheiden und die eigene Bedeutung untertreibend.
Der Hof hatte seit Wochen von nichts anderem gesprochen. Ein Paladin zu werden war tatsächlich eine hohe Ehre, die zu erreichen man ein ganzes Leben arbeiten musste. Man hätte erwarten können, dass Neider flüsterten, man habe Helmos nur nominiert, weil er der Sohn des Königs war, aber es zeugte von der Achtung, die man dem Kronprinzen entgegenbrachte, dass nicht einmal die abgebrühtesten Intriganten so etwas andeuteten. Außerdem bedeutete eine Nominierung noch nicht, dass er tatsächlich auserwählt würde. Helmos würde sich strengen Prüfungen stellen müssen, was seine Ehre, seine Fähigkeiten als Ritter, sein Wissen und seine Weisheit anging. Die anderen Paladine würden ihn bei diesen Prüfungen beurteilen und dann darüber abstimmen, ob er sich als würdig erwiesen hatte. Aber es gab nur wenige, die daran zweifelten, dass Helmos bestehen würde.
König Tamaros war verständlicherweise stolz. Das Festessen würde so wunderbar werden, wie es noch niemand zuvor gesehen hatte. Es würde an nichts fehlen. Gareths Eltern würden anwesend sein, aber sie hätten nie daran gedacht, ihren Sohn mitzunehmen. Gareth hatte gehofft, dass Dagnarus vielleicht ein wenig Gebäck vom Bankett mitbringen würde, und nun bot man ihm selbst einen Platz am Tisch an!
Gareth starrte den Kronprinzen nur stumm an und war vollkommen erschlagen von der Ehre, die ihm da zuteil wurde. All seine Anspannung, Unruhe und vor allem das Wissen, dass ihn dieser Mann wirklich verstand, wallten in ihm auf und brachten seine Augen zum Überfließen.
Helmos tat so, als bemerke er das Schluchzen des Jungen nicht. Der Kronprinz begann, sich mit Dagnarus über seinen Hund zu unterhalten, und gab Gareth damit genügend Zeit, sich zusammenzureißen und die Nase mit dem Ärmel abzuwischen.
Dagnarus prahlte einige Zeit mit dem Hund und seinen Fähigkeiten. Die höfliche Konversation zwischen den Brüdern war ein wenig schleppend, dann fragte Helmos: »Und wie hat dir das Levee des Königs zugesagt?«
Es war eine harmlose Frage, die Helmos ohne jeden Hintergedanken stellte, aber Dagnarus versteifte sich und warf seinem Bruder einen misstrauischen Blick zu.
»Es hat mir gefallen«, erklärte Dagnarus trotzig, als wollte er Helmos zum Widerspruch herausfordern. »Warum? Hast du geglaubt, es wäre anders? Warst du der Ansicht, ich hätte dort nichts zu suchen?« Seine Augen blitzten.
»Ich dachte nur, es könnte langweilig für dich sein«, antwortete Helmos mit einem dünnen Lächeln. »Mich langweilt es manchmal. Diese Bittsteller können ausgesprochen umständlich sein.«
Dagnarus entspannte sich, obwohl seine Haut zuckte wie die eines Hundes, der begreift, dass er einen Freund für einen Feind gehalten hat.
»Ja, ich fand einige von ihnen unglaublich dumm«, meinte er schlicht. »Ich verstehe nicht, wie unser Vater sie ertragen kann. Einige hatten überhaupt keinen Grund, dort zu sein.
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