Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
vor. Das Gießen und Befestigen der Tore hatte die vereinten Anstrengungen sämtlicher Schmiede in Dunkarga erfordert und darüber hinaus noch die Hilfe von jedem einzelnen Magus, der sich mit Erdmagie auskannte und zur Mitarbeit überredet werden konnte. Es brauchte weiterhin Erdmagie, um dafür zu sorgen, dass die Tore nicht rosteten, aber das war Dank des trockenen Klimas nur ein geringes Problem.
Die Tore waren so schwer, dass zwanzig kräftige Männer benötigt wurden, um sie zu schließen oder zu öffnen. Dieses Ritual wurde von Trommelschlägen begleitet, und die Männer rezitierten dazu. In zwei Zehnergruppen drückten sie ihre Hände gegen die Tore, schoben sie abends zu und morgens wieder auf. Nachdem die Tore geschlossen waren, hoben die zwanzig Männer einen gewaltigen eisernen Querriegel und wuchteten ihn grunzend vor Anstrengung in seine Aufhängung quer über die beiden Tore. Dann packte jeder einen gewaltigen Kriegshammer und schlug auf den Riegel, bis er endgültig in die Halterung fiel.
Jeden Morgen vollführten sie diese Prozedur in umgekehrter Reihenfolge, entfernten den Querriegel von dem Tor und schleppten ihn dorthin, wo er auf hundert Holzblöcken den Tag über aufbewahrt wurde, bewacht von den Stadtwachen, die kaum etwas anderes taten, als Kinder zu verscheuchen und Besucher davon abzuhalten, ihre Namen ins Eisen zu kratzen.
Das Eisentor war sofort geschlossen worden, als die feindliche Armee in Sicht gekommen war, und der gewaltige Querriegel war vorgelegt. Keine Ramme in ganz Loerem hätte diese Tore aufbrechen können, auch wenn sie von einer Armee von Orks bedient worden wäre, und selbst zwergische Feuermagie hätte die Eisentore nicht abbrennen können. Daher glaubten die Dunkarganer, dahinter wirklich sicher zu sein.
Das Tor wurde normalerweise schwer bewacht, denn die Dunkarganer ließen nicht jeden in ihre Stadt. Sie hatten für Fremde wenig übrig. Die Wachen am Tor waren verdreifacht worden, nachdem der Feind in Sicht gekommen war. Drossel hatte nie so viele Soldaten gleichzeitig im Dienst gesehen wie in dem Augenblick, als er mit seiner Gruppe am Ende der Eisentorstraße eintraf, der Hauptstraße, die vom Tor aus in die Stadt führte.
Die Soldaten hatten den Bereich rings um das Tor abgesperrt und die Straßen von Zivilisten freigehalten, so dass Truppen und Nachschubwagen leichter durchkamen. Drossel hatte befürchtet, sich durch eine Unmenge verängstigter Zivilisten drängen zu müssen, um sein Ziel zu erreichen. Nun hatten sie nur eine Unmenge verängstigter Soldaten vor sich. Trotz der Bemühungen des Seraskiers war die Disziplin in der Armee von Dunkar berüchtigt lasch, da die Hälfte der Offiziere korrupt und die andere Hälfte zu unfähig war, um sich bestechen zu lassen.
»Seid Ihr sicher, dass es funktionieren wird?«, fragte Drossel Pasha.
Die Gruppe war stillschweigend im Schatten einer Statue eines von Dunkars längst verstorbenen Königen zum Stehen gekommen. Pasha betrachtete das Tor mit einem Stirnrunzeln, das bewirkte, dass sich all seine Narben zusammenzogen.
»Es ist heller als sonst«, erklärte er.
»Ist das ein Problem?«
»Es könnte eins werden.«
Drossel sah sich unter der Gruppe von Magiern der Leere um und erkannte, dass einige zustimmend nickten. Mit einem gereizten Seufzer schaute er wieder zum Tor hinüber. Normalerweise brannten zwei Fackeln an den Mauern neben den beiden Torhäusern, die ihrerseits jeweils von einer einzelnen Lampe beleuchtet wurden. In dieser Nacht allerdings stand nicht nur ein heller Vollmond am wolkenlosen Himmel, sondern alle zwanzig Fackelhalter waren mit brennenden Fackeln gefüllt, und außerdem hatte man noch mehrere eiserne Kohlebecken mit glühender Kohle zum Tor geschleppt. All dieses Licht fiel auf eine eher wirre Szene, in der nervöse Soldaten, die vom Dienst kamen, stehen blieben, um sich mit jenen zu unterhalten, die ihren Dienst antraten. Diejenigen, die überhaupt keinen Dienst hatten und eigentlich in der Kaserne sein sollten, trieben sich ebenfalls irgendwo in der Nähe des Tores herum oder versuchten, auf die Mauer zu steigen, um einen Blick auf den Feind zu werfen. Offiziere brüllten Befehle, um die sich niemand kümmerte.
»Ich kann absolut nichts gegen das Licht unternehmen – «, begann Drossel, aber er stellte fest, dass ihm niemand mehr zuhörte.
Pasha besprach sich mit seinen Genossen. Sie hatten offenbar einen Plan ausgeheckt, denn hin und wieder murmelten einige von ihnen zustimmend.
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