Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
Zwerg begegnet waren. Arim erwies sich als guter Zuhörer. Er hatte den Blick auf Bashae gerichtet, und wenn er den Pecwae unterbrach, dann nur, um nach einer weiteren Einzelheit zu fragen oder um eine Erläuterung zu bitten.
Nun kam Bashae zur Lieblingsstelle seiner Geschichte. »Es sah aus, als würde das Seewasser kochen. Ritter Gustav starrte in den See und hatte das Schwert bereits gezogen. Er warnte uns, dass etwas Böses ihm folgte und dass er dagegen kämpfen müsste. Wir sollten uns verbergen. Und dann kam aus dem Wasser ein Ritter in einer schwarzen Rüstung, die ganz schrecklich anzusehen war. Es war so scheußlich, dass ich mehr Angst hatte als je zuvor in meinem Leben. Sogar Jessan hatte Angst, nicht wahr?«
Jessan versuchte, sich zu verteidigen. »Der Ritter sagte, es sei nur weise, uns zu fürchten, denn dieses Ding war ein Geschöpf der Leere, ein Vrykyl – «
Arim sprang auf. Die Teetasse fiel ihm aus der Hand und so auf den Teppich, dass sie nicht zerbrach, aber der Tee spritzte auf die Großmutter.
»Ein Vrykyl«, sagte Arim tonlos. »Seid Ihr sicher?«
»Ja. Wir wussten nicht einmal, dass man diese Krieger der Leere so nennt, aber der Zwerg hat es uns später erzählt.«
»Ein Vrykyl, der Gustav folgte«, sagte Arim mehr zu sich selbst. Er bückte sich, griff nach der leeren Teetasse und stellte sie wieder auf den Tisch. Seine Hand zitterte. »Verzeiht mir meine Schwäche. Bitte erzählt weiter.«
Bashae warf Jessan einen unsicheren Blick zu, und der junge Krieger zuckte die Achseln, denn er wusste nicht, was er davon halten sollte. Bashae beschrieb Gustavs Kampf mit dem Vrykyl und ihre eigenen Rollen dabei. Arim lächelte, als er hörte, dass sie dem Paladin geholfen hatten, dieses Geschöpf des Bösen zu töten, aber sein Lächeln war zittrig, und er stieß tiefe Seufzer aus.
Als Bashae zu der Stelle kam, an der Jessan die Rüstung des Vrykyl mitnahm, sah Arim Jessan an und lächelte nicht mehr.
»Das war dumm«, meinte er leise.
»Warum sagen das alle immer wieder?«, fragte Jessan gereizt. »Es war eine gute Rüstung – die beste, die ich je gesehen habe. Das hat auch Onkel Rabe gesagt.«
»Wo ist die Rüstung jetzt?«, fragte Arim.
Jessan wollte diese Frage nicht beantworten. Es ging diesen Mann nichts an.
»Wo ist die Rüstung jetzt, Jessan?«, fragte Arim so ernst, dass Jessan schließlich nachgab.
»Mein Onkel Rabe hat sie«, sagte Jessan. »Er hat sie mit nach Dunkar genommen.«
Arim murmelte etwas auf Nimoreanisch.
»Was sagt Ihr da?«, wollte Jessan wissen.
»Ich sagte: ›Mögen die Götter mit ihm sein‹«, erklärte Arim.
Jessan verzog das Gesicht. Er hatte jeden Gedanken, dass die Rüstung selbst etwas Böses sein könnte, von sich geschoben. Aber nachdem er nun Morgen um Morgen aus schrecklichen Alpträumen erwachte, war er nicht mehr so sicher. Die Angst um seinen Onkel bewirkte, dass er schauderte und sein Magen sich zusammenzog, so dass sich das Essen darin plötzlich wie kalte Steine anfühlte.
»Ich wusste es doch nicht!«, rief er, sprang auf und begann, in dem kleinen Zimmer, das so erdrückend für ihn war, auf und ab zu gehen. »Es war nur eine Rüstung, nichts weiter.« Er riss die Haustür auf und atmete Luft ein, die nicht einmal frisch war, denn sie roch nach Stadt. Aber zumindest bewirkte sie, dass er sich nicht mehr ganz so gefangen fühlte. »Nichts weiter.«
Er blieb noch eine Weile in der offenen Tür stehen, dann drehte er sich langsam wieder um und schaute nach drinnen. Die Großmutter starrte in die Flammen. Bashae beäugte ihn mitleidig und verständnisvoll. Arim sah man nicht an, was er dachte. Jessan leckte sich die trockenen Lippen. »Was könnte eine Rüstung allein schon tun? Wie kann eine Rüstung böse sein? Es ist doch nur eine Rüstung.«
Arim seufzte tief. Er stand auf, ging zu Jessan und legte dem jungen Mann die Hand auf den Arm. Normalerweise ließ sich Jessan nicht gerne anfassen, besonders nicht von Fremden. Aber die Hand des Mannes war warm auf seiner kalten Haut, und seine Berührung wirkte beruhigend.
»Was für eine schwere Last Ihr Euch schon in so jungen Jahren aufgeladen habt«, sagte Arim. »Aber die Götter müssen ihre Gründe dafür haben. Nehmt es Euch selbst nicht übel, Jessan. Ihr konntet es nicht wissen. Nein, die Rüstung eines Vrykyl ist nicht einfach nur eine Rüstung. Sie ist… ihre Haut, ihr Fleisch, ihre Knochen. Als der Vrykyl getötet wurde, was ist da geschehen? In der Rüstung war nichts weiter
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