Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
Angesicht zu Angesicht gesehen haben, nur natürlich ist, Zweifel zu haben, biete ich mich als Geisel an. Ich werde in Glymrae bleiben, in Eurer Gewalt. Sollte König Dagnarus seinen Eid brechen, steht es Euch frei, Euren Zorn an mir auszulassen.«
»Dann habe ich keine Zweifel mehr«, meinte der Schild mit höfischer Galanterie. »Denn ich weiß genau, dass König Dagnarus eine so wunderschöne Dame keiner Gefahr aussetzen wird – eine Dame, die er in höchster Wertschätzung halten muss.«
Lady Godelieve murmelte ihren Dank für das Kompliment und verlieh ihrer Unwürdigkeit Ausdruck. Während sie sprach, sah sie ihn aber nicht an, sondern beobachtete weiter die Reiher.
»Damit bleibt noch der Stein der Könige«, sagte der Schild, und damit gewann er die Aufmerksamkeit der Dame zurück, denn an diesem Thema war sie ausgesprochen interessiert. »Ihr geht eine große Gefahr ein. Ich muss zugeben, dass es mir widerstrebt, Euch solchen Risiken auszusetzen.«
»Ich will die Gefahr nicht abstreiten, aber ich denke, Ihr überschätzt sie ein wenig. Unser Plan ist gut. Und«, fügte sie demütig hinzu, »sollte etwas nicht funktionieren, ist es leicht, mich zu verraten. Ich bin austauschbar.«
»Wenn Ihr wirklich entschlossen seid – «
»Ja. Alles ist geplant. Es ist zu spät, jetzt noch zurückzuweichen.«
Der Schild gab nach, wie er es schon die ganze Zeit vorgehabt hatte. »Also gut. Wenn der Diebstahl des Steins der Könige entdeckt wird, werde ich Boten aussenden und überall im Land erklären lassen, die Götter selbst hätten uns dieses Zeichen gesandt und deutlich gemacht, dass der Göttliche nicht mehr in ihrer Gunst steht. Ihr habt einen sicheren Aufbewahrungsort für den Stein gefunden?«
»O ja«, sagte die Dame ruhig und gefasst. »Darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
Der Schild warf ihr einen langen, forschenden Blick zu. So gern er es ignoriert hätte – nun fielen ihm doch die Worte seines Ehrenwerten Ahnherren wieder ein.
Dagnarus ist eine Abscheulichkeit, eine Ausgeburt des Bösen. Und mit einem solchen Geschöpf willst du dich verbünden!
Der Schild bewunderte die Schönheit von Lady Godelieve, aber er war kein schmachtender Jüngling mehr und würde nicht einfach nur auf den Befehl des Bluts hin, das in seinen Lenden rauschte, jede Vernunft außer Acht lassen. Der Schild war ein hoch gewachsener Mann, den man selbst unter den schlanken Elfen für dünn hielt. Er war, wie das Sprichwort sagte, nur Muskeln, Knochen und Ehrgeiz. Seine Ehe war, wie bei Elfen Brauch, von den Familien arrangiert worden. Der Schild und seine Frau hatten zusammengearbeitet, um eine angemessene Anzahl von Kindern in die Welt zu setzen, und darüber und über das gemeinsame Erscheinen bei öffentlichen Veranstaltungen hinaus hatten sie wenig miteinander zu tun. Der Schild hatte keine Mätressen, denn er wusste, dass ihn so etwas nur in Gefahr bringen konnte. Er maß alles in seinem Leben an einem einzigen Maßstab – seinem Bedürfnis nach politischer Macht –, und diesen Maßstab wendete er auch gegenüber Lady Godelieve an.
»Ich bleibe in Eurer Obhut, Schild«, sagte die Dame leise. »Von diesem Augenblick an liegt mein Leben in Euren Händen.«
»Ihr wisst, Lady Godelieve«, erklärte der Schild, »dass es mich zutiefst schmerzen würde, Euch Schaden zufügen zu müssen.«
Die Dame verbeugte sich im Sitzen.
»Aber das wäre ein Kummer«, fügte er sanft hinzu, »von dem ich mich rasch erholen würde.«
»Ich werde Euch ohnehin keinen Kummer bereiten«, erwiderte Lady Godelieve.
Der Hüter der Schlüssel erschien am Ufer. Als der Schild ihm seine Aufmerksamkeit zuwandte, gab ihm der Hüter ein Zeichen. Lady Godelieve hatte das ebenfalls bemerkt, erhob sich und erklärte, so angenehm diese Begegnung sei, so sei sie doch davon überzeugt, dass der Schild Dringenderes zu tun habe. Der Schild widersprach und verkündete, er würde gern einen ganzen Monat in ihrer Gesellschaft verbringen und drängte sie, sich wieder hinzusetzen. Sie bestand jedoch darauf zu gehen, und am Ende sah sich der Schild dazu gezwungen, ihr nachzugeben. Die Brücke wurde gesenkt. Als die Dame ihren Fuß darauf setzte, folgte ihr der Schild, um sie zu begleiten.
»Ich habe gesehen, dass Ihr meine Vögel bewundert habt«, sagte er. »Sie sind sehr selten. Ich habe sie aus dem Süden herbringen lassen. Es wäre mir eine große Freude, sie Euch als Geschenk übergeben zu dürfen, Lady Godelieve.«
»Ich danke Euch sehr«, sagte Lady
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