Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
meisten davon aus, dass er tot war, denn wie konnte ein Mann mit so vielen Feinden und so wenigen Freunden so lange überleben? Damra fragte sich das selbst.
Nach dem Fall des Hauses des alten Schilds wurde der Stein der Könige vom Göttlichen zum Schrein von Vater und Mutter in der Hauptstadt von Tromek, Glymrae, gebracht. Garwina vom Haus Wyval, lebenslanger Freund Cedars, wurde zum Schild des Göttlichen ernannt. Um seine neue Stellung zu betonen, übergab der Göttliche Garwina einen königlichen Palast in Glymrae. Zu diesem wunderbaren Palast gehörte auch das Land, auf dem sich der Schrein des Vaters und der Mutter und der neue Garten mit dem heiligen Stein der Könige befanden.
Der Stein wurde von Soldaten bewacht, die entweder dem Schild oder dem Göttlichen Treue geschworen hatten. Selbst als sich die Beziehungen zwischen dem Göttlichen und seinem ehemaligen Freund allmählich verschlechterten, hatte der Göttliche nie gefürchtet, dass der Stein der Könige in Gefahr sein könnte. Er selbst war ein Mann von großer Ehre und Rechtschaffenheit und hätte es nie für möglich gehalten, dass irgendjemand so korrupt sein könnte, diesen heiligen Gegenstand zu seinem eigenen Vorteil zu stehlen.
Damra konnte es sich auch nicht vorstellen. Wenn Silwyth Recht hatte und der Schild mit den Vrykyl im Bund war, damit sie ihm den Stein stahlen, bereicherte sich der Schild nicht nur auf Kosten des Göttlichen, sondern der ganzen Elfennation. Der Schild hatte den Stein entgegengenommen, um ihn für das Elfenvolk zu verwahren. Er hatte sich mit heiligen Schwüren gebunden. Wenn er diese Schwüre brach, würden die Götter sich von ihm abwenden. Seine eigenen Ahnen würden ihn verleugnen. Ein solches Verbrechen wäre sogar noch schrecklicher als jene, die das Haus Kinnoth begangen hatte. Garwina und sein Haus wären ruiniert, in Schande und vielleicht ohne jede Gelegenheit, es je wieder gutzumachen. Häuser waren aus der Geschichtsschreibung gestrichen worden, aber nie war ein Haus vollkommen aufgelöst worden, so dass es nicht mehr existierte. Das seine würde vielleicht das erste sein.
So sehr Damra den Schild und seine Politik ablehnte, so konnte sie ihm kein solch schreckliches Schicksal wünschen, denn er würde nicht der Einzige sein, der darunter litt. Er würde viele Tausende von Unschuldigen mit sich reißen, all jene Elfen, die unter dem Schutz seines Hauses standen. Wenn er fiel, würde er sie mit sich nehmen.
Damra kam zum ersten der vielen Torhäuser, die zwischen ihr und dem Schrein der Ahnen standen. Die Wachen waren hellwach. Sie hielten Damra auf und beäugten sie kühl und misstrauisch. Damra erklärte, sie müsse noch in dieser Nacht beten. Die Soldaten ließen sie durch, wie es ihre Pflicht war. Als Damra einen unauffälligen Blick zurückwarf, sah sie, wie einer seinen Posten verließ und zum Haupthaus lief. Er würde seinem Vorgesetzten Bericht erstatten. Würde der Vorgesetzte sich an jemanden weiter oben wenden? Wie bald würde die Nachricht den Schild erreichen?
Damra beschleunigte ihren Schritt, und bei jedem Wachtposten folgte die gleiche Prozedur. Die Ländereien, die zum Palast des Schilds gehörten, waren ausgedehnt und hatten einen Durchmesser von etwa zwanzig Meilen. Wege und Pfade wanden sich durch die Gärten vom Palast zum Schrein.
Die Nacht war klar, erhellt von einem silbernen Sichelmond und strahlenden Sternen. Es fiel Damra nicht schwer, ihren Weg zu finden. Sie war allein. Niemand sonst war in dieser Nacht unterwegs. Offensichtlich hielt es niemand im Haushalt des Schilds für notwendig, sich zu dieser Nachtzeit an die Götter zu wenden. Aber es waren vielleicht Spione unterwegs, daher wagte sie nicht zu laufen, denn das würde verdächtig wirken. Sie ging so rasch sie konnte und verlangsamte ihren Schritt zu einem nachdenklichen Schreiten, wenn sie in Sichtweite des nächsten Wachtpostens kam. Getrieben von einer Ungeduld, die heftiger wurde, je näher sie dem Schrein kam, war Damra gezwungen, alle Selbstbeherrschung aufzuwenden, deren sie fähig war, um die Wachtposten nicht anzufauchen oder noch schlimmer, mit unangemessener Eile an ihnen vorbeizurennen.
Sie war unendlich erleichtert, als sie den letzten Posten hinter sich hatte. Als sie einen Hügel überquerte, sah sie den Schrein des Vaters und der Mutter im Tal vor sich. Elfen halten sich für die Kinder der Götter, genauer gesagt, für Kinder des Vaters und der Mutter, die über die Familie der Götter und die
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