Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
entdeckte Arim Damras Kopf und Schultern und seufzte erleichtert auf. Sie schien auf einem Pferd zu sitzen und führte offenbar weitere Tiere mit sich. Sie ritt in ruhigem Tempo, als befände sie sich nur auf einem normalen morgendlichen Ausritt, aber hier und da blickte sie scharf in die Gehölze, die die Straße säumten.
Arim wies die anderen an, sich weiter verborgen zu halten, und ging auf Damra zu. Solange andere in Sicht waren, blieben die beiden einfach auf der Straße stehen und unterhielten sich freundlich, als wären sie Bekannte, die einander zufällig auf der Straße begegnet waren. Sobald der Weg frei war, führte Damra die Tiere durch die Hecke.
Beim Anblick der Tiere hob die Großmutter den Achatstock. »Schau dir das gut an«, sagte sie. »So etwas wirst du nie wieder sehen.«
»Was ist das?«, fragte Bashae erstaunt.
»Greifenpferde«, meinte Jessan lässig und tat so, als wären Hippogryphe für ihn etwas Alltägliches. »Onkel Rabenschwinge hat mir von ihnen erzählt. Elfenkrieger reiten sie in der Schlacht.«
»Mir wäre ein Pferd lieber«, meinte Bashae. »Diese Greifenpferde sehen so ungeschickt aus.«
»Sie sehen nur so aus«, erklärte Jessan, der nun doch einen etwas aufgeregteren Eindruck machte. »Sie haben vorne Krallen an den Füßen. Die Hinterbeine sind wie die eines Pferdes, aber Greifenpferde können schneller laufen als jedes andere Pferd. Sie benutzen ihre Flügel und fliegen hoch über dem Boden. Die Elfen benutzen Greifenpferde für Angriffe aus der Luft. Sie stürzen auf den Feind nieder, und die Krallen zerreißen ihn. So ein Greifenpferd kann einen Menschenkopf mit seinem kräftigen Schnabel abreißen oder einen Gegner mit den Krallen in die Luft heben. Und dann lassen sie ihn in den Tod fallen.«
»Tun sie das öfter, Jessan? Leute in den Tod fallen lassen?«, fragte Bashae unruhig.
»Nur ihre Feinde«, erwiderte Jessan. »Sie lassen ihre Reiter nicht fallen.«
»Aber was, wenn die Reiter von selbst stürzen? Wie bleibt man auf einem solchen Pferd sitzen? Ich sehe keine Sättel.«
»Sie werden es uns schon sagen. Kein Trevinici aus unserem Stamm hat je auf einem Greifenpferd gesessen«, erklärte Jessan zufrieden. »Ich werde der erste sein. Und du wirst sehr wahrscheinlich der erste Pecwae sein, der je auf einem reitet.«
»Großartig«, meinte Bashae.
Inzwischen war Damra mit den Hippogryphen bei ihnen angekommen. Sie und Ar im sprachen rasch miteinander und waren so aufgeregt, dass sie ganz vergaßen, die Gemeinsame Sprache zu benutzen.
»Wie ich schon angenommen hatte, ist es dem Schild gelungen, das Messer abzuwenden, das sich an seiner Kehle befand, so dass es nun auf die Kehle des Göttlichen zeigt.«
»Wie hat er das geschafft?«, fragte Arim verblüfft. »Du sagtest doch, dass sogar seine eigenen Leute ihm nicht mehr geglaubt haben.«
»Offensichtlich nicht alle. Er hat seine Streitkräfte zusammengezogen, hat sich nun in seiner Festung verschanzt und fordert den Göttlichen heraus. Er behauptet, die Götter selbst hätten den Stein der Könige genommen, um auf diese Weise ihren Zorn gegen den Göttlichen zu demonstrieren. Er sagt, falls dies nicht wahr sei, dann habe der Göttliche den Stein und müsse ihn einfach nur zurückgeben.«
»Und was wirst du tun?«
»Ich werde den Stein selbstverständlich behalten«, sagte sie, als wäre sie verblüfft darüber, dass er sich irgendetwas anderes vorstellen konnte. Ihre Stimme wurde hart. »Ich bin sicherer als je zuvor, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Diese beiden betrachten den Stein der Könige lediglich als eine Spielfigur.«
In der Ferne erklangen Hörner, offenbar aus der Festung des Göttlichen. Die Reisenden auf der Straße hielten inne und lauschten. Einige schüttelten den Kopf. Andere ballten die Fäuste. Sie hatten diese Laute schon öfter gehört und wussten, was sie bedeuteten. Kaufleute auf Wagen trieben ihre Pferde zum Galopp an. Soldaten begannen zu laufen und hielten die Schwerter fest, damit sie nicht klirrten. Einige eilten auf die Burg des Göttlichen zu, andere wandten sich in die Gegenrichtung.
»Das hatte ich befürchtet«, sagte Damra. »Sie rufen zu den Waffen. Der Göttliche hat dem Schild den Krieg erklärt.«
Beim Geräusch der Trompeten hoben auch die Hippogryphe die Köpfe. Ihre leuchtenden Augen blitzten, und sie knirschten mit den Schnäbeln. Ihre Greifenkrallen rissen Gras aus, ihre Pferdeschweife zuckten. Damra eilte sich, sie zu beruhigen, und fuhr
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