Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
konnten.
»Und ich werde mich um deine Hand kümmern«, sagte Bashae zu Jessan.
Was die Großmutter anging, so hielt sie Ulaf den Stock vors Gesicht, dann sagte sie etwas in der Pecwae-Sprache, das wie das Zwitschern von Vögeln klang. Offensichtlich war sie zu einem günstigen Urteil gekommen, denn Jessan machte eine Geste, die Ulaf aufforderte, voranzugehen.
Sie überquerten einen Hof, in dem sie sich durch eine Unmenge von Leuten drängen mussten, die sich alle gegenseitig fragten, ob sie schon das Neueste gehört hatten, und dann in hektische Diskussionen darüber ausbrachen. Einige waren dafür, dass Shadamehr bleiben und kämpfen sollte, obwohl der Feind zahlenmäßig enorm überlegen war, andere sprachen sich für eine Evakuierung der Festung aus. Die Kaufleute bereiteten sich schon auf den Aufbruch vor. Die Soldaten beäugten die Mauern der Festung mit professionellem Interesse und sprachen kenntnisreich über Pechnasen und Türme und kochendes Öl.
Ulaf hielt eine einseitige Konversation mit seinen Begleitern aufrecht. Er war ein unbeschwerter, liebenswerter Mensch und hatte die Begabung, andere zu beruhigen, was einer der Gründe dafür war, wieso Shadamehr ihn ausgewählt hatte, sich um die neuen Gäste zu kümmern.
Ulaf sprach von vielen Dingen und beobachtete Jessan dabei genau, um festzustellen, was ihn interessierte. Das Land der Trevinici ist nicht weit von Dunkarga entfernt. Viele Trevinici kämpfen in der Armee von Dunkarga. Ulaf hoffte, etwas darüber erfahren zu können, was in diesem Land geschehen war, und erwähnte, dass er sich vor kurzem in Dunkar aufgehalten hatte, als Student im Tempel der Magier. Er bemerkte das Aufflackern von Interesse in Jessans Augen und verfolgte das Thema weiter.
»Ich habe ein paar Trevinici-Krieger kennen gelernt«, erzählte er. »Es gab einen Hauptmann namens Rabe – «
Jessan streckte die gesunde Hand aus und packte Ulaf. »Hauptmann Rabenschwinge? Er ist mein Onkel.«
»Tatsächlich?«, sagte Ulaf, dessen Pulsschlag sich beschleunigt hatte. Er erinnerte sich recht lebhaft daran, wie der Hauptmann in den Tempel der Magier geritten war und ihm die verfluchte Rüstung eines toten Vrykyl überreicht hatte. Und nun war hier dieser junge Mann, sein Neffe, den vor dem Elfenportal ein Vrykyl angegriffen hatte. Das konnte wirklich kein Zufall sein. »Wir haben gehört, die Stadt Dunkar sei von einer mächtigen Armee eingenommen worden, vielleicht der gleichen Armee, die uns bedroht. Habt Ihr irgendwelche Nachrichten von Eurem Onkel?«
Jessan schüttelte bedrückt den Kopf. »Nein, davon wusste ich nichts. Aber er wird schon in Ordnung sein«, fügte der junge Mann hinzu und hob stolz den Kopf. »Er ist mein Onkel.«
»Ich denke, er wäre stolz auf seinen Neffen«, bemerkte Ulaf. »Nach allem, was der Paladin erzählt hat, habt Ihr tapfer gegen den Vrykyl gekämpft. Aber das war nicht das erste Mal, dass Ihr einen gesehen habt, nicht wahr?«
Jessan warf Ulaf einen misstrauischen Blick zu.
»Ich sage das nur, weil Euer Onkel mir von einer schwarzen Rüstung erzählt hat, die er bei sich trug. Hat er gegen den Vrykyl gekämpft?«, fragte Ulaf unschuldig.
Jessan schien unentschlossen, ob er antworten sollte oder nicht. Endlich sagte er widerstrebend: »Es war ein Ritter, der gegen den Vrykyl gekämpft hat. Einer aus Vinnengael.«
»Aber wir haben geholfen«, warf Bashae ein.
Ulaf war verblüfft, den Pecwae sprechen zu hören. Er war nicht einmal davon ausgegangen, dass er die Gemeinsame Sprache beherrschte.
»Tatsächlich? Das war sehr mutig«, erklärte er. »Was ist aus dem Ritter geworden?«
»Er ist gestorben«, sagte Bashae. »Der Vrykyl hatte ihn verwundet, und nicht einmal die Großmutter konnte ihm noch helfen. Der Ritter war allerdings auch sehr alt.«
»Seine Seele wurde gerettet«, warf die Großmutter ein. »Die Leere hat versucht, ihn zu packen, aber sie konnte es nicht.«
»Darüber bin ich froh. Wie war sein Name?«, fragte Ulaf. »Vielleicht habe ich ihn gekannt.«
Das war aus irgendeinem Grund die falsche Frage. Die beiden Pecwae stellten sich wieder taubstumm, und auch Jessan antwortete nicht.
Sie gingen schweigend weiter, und Ulaf versuchte, einen Weg zu finden, zu dem Thema zurückzukehren, als Jessan stehen blieb und sich zu ihm umdrehte.
»Was hat er damit gemacht? Hatte er sie bei sich?«, fragte er Ulaf.
»Was bei sich?«, fragte Ulaf, der ihn nicht verstand. »Sprecht Ihr von dem Ritter?«
»Mein Onkel«, entgegnete Jessan
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