Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
»Habt Ihr es noch nicht gehört? Ich dachte, deshalb wärt Ihr hier, Herr. Um ihm die letzte Ehre zu erweisen.«
»Ich habe in den letzten sechzehn Tagen nichts anderes gehört als den Hufschlag meines Pferdes«, sagte Shadamehr trocken.
»Seine Majestät der König. Die Götter gewähren ihm die ewige Ruhe«, erwiderte der Hauptmann und nahm respektvoll seine Mütze ab.
»Der König!«, erwiderte Shadamehr verblüfft. »Aber Hirav war ein junger Mann. Etwa in meinem Alter. Wie ist er umgekommen?«
»Herzversagen, Herr. Sein Kämmerer hat ihn im Bett gefunden. Er ist offenbar im Schlaf gestorben. Das war vor etwa zwei Wochen. Ich muss sagen, es war wirklich ein Schock.« Hauptmann Jemid schüttelte den Kopf. »Ein Mann in den besten Jahren und bei bester Gesundheit, der plötzlich tot umfällt, macht einen wahrhaftig nachdenklich.«
»In der Tat«, meinte Shadamehr beunruhigt. »Ich nehme an, sein Sohn wird nun den Thron besteigen? Wie alt ist der Junge?«
»Hirav der Zweite ist acht Jahre alt, Herr.«
»Armer Junge«, sagte Shadamehr leise. »Seine Mutter ist kurz nach seiner Geburt gestorben, nun verliert er seinen Vater und wird König. Ich nehme an, es gibt einen Regenten?«
»Die Ehrenwerteste Hohe Magierin Clovis, Herr.«
Shadamehr warf Alise einen fragenden Blick zu, die ihrerseits die Brauen hochzog und die Augen verdrehte.
Shadamehrs Stirnrunzeln wurde intensiver. »Nun, ich werde zweifellos am Palast vorbeireiten, um mein Beileid zu erklären und mich ins Buch einzutragen. Ich sollte mich auf den Weg machen. Gut, dich wiederzusehen. Als Erstes müssen wir allerdings zum Rat der Paladine. Du weißt nicht zufällig, ob sie gerade tagen – «
»Zufällig weiß ich das«, sagte Hauptmann Jemid. »Der Rat ist aufgelöst worden.«
»Was du nicht sagst«, murmelte Shadamehr.
»Was war das, Herr?«, fragte Damra auf Tomagi. Sie stand neben Shadamehr, schweigend und beobachtend, und war nun so schockiert, dass sie sich fragte, ob sie die Worte richtig übersetzt hatte.
Der Offizier warf ihr einen Blick zu. Als er ihren Waffenrock mit dem Wappen eines Paladins sah, verbeugte er sich vor ihr, dann wandte er sich wieder Shadamehr zu. »Der Rat wurde aufgelöst«, wiederholte er mit ausdrucksloser Miene. »Auf Befehl der Regentin, der Hohen Magierin Clovis. Alle Paladine müssen die Stadt verlassen, oder sie werden verhaftet.«
»Sie sind also gegangen«, sagte Shadamehr.
Hauptmann Jemid zuckte die Achseln. »Es ist ihnen nichts anderes übrig geblieben, Herr. Es gibt ohnehin nicht mehr viele menschliche Paladine, und sie werden alt. Es hat seit fünfzehn Jahren keinen Kandidaten mehr für die Prüfungen gegeben. Ihr wart der letzte. Die orkischen Paladine sind schon lange unter Protest aus der Stadt abgezogen, denn sie waren zornig über das, was sie für den Verrat der Menschen hielten, als die Karnuaner ihren heiligen Berg eroberten. Falls es je so etwas wie zwergische Paladine gab, habe ich zumindest nie einen gesehen, und diese Dame hier ist der erste elfische Paladin, der seit einem Jahr oder mehr in die Stadt kommt.«
»Du weißt nicht zufällig, warum die Hohe Magierin den Rat aufgelöst hat?«, fragte Shadamehr.
»Keine Ahnung, Herr«, erwiderte Jemid in einem Tonfall, der nahe legte, dass er es schon wusste, aber in der Öffentlichkeit nicht darüber sprechen wollte. Er grüßte. »Ich muss zu meinen Pflichten zurückkehren. Wenn Ihr weitere Hilfe braucht – «
»Macht Platz!«, rief eine laute Stimme. »Macht Platz!«
Eine Kavallerietruppe kam auf der breiten Straße, die vom Palast zum Tor führte, in Sicht. Jeder Reiter trug einen auf Hochglanz polierten Kürass mit den Insignien der königlichen Wache. Sie trugen Schwerter, und sie trugen sie in genau dem richtigen Winkel. Ein Offizier, dessen Kürass kunstvoller war als die der anderen, ritt an der Spitze, und Federn schmückten seinen hohen Helm.
Die Menschenmenge eilte sich, ihnen aus dem Weg zu gehen. Kutscher schrien ihre Pferde an und lenkten die Wagen zum Straßenrand. Straßenjungen johlten, und die Taschendiebe machten in den hektischen Augenblicken ein gutes Geschäft.
Der Kavallerieoffizier sah die Menschenmenge streng an. Dann entdeckte er Shadamehr und zeigte auf ihn.
»Ist das nicht nett von ihnen?«, meinte Shadamehr. »Sie haben eine Eskorte geschickt.«
»Ich wollte es dir gerade sagen«, erklärte Ulaf eilig. »Alise und ich haben jemanden am inneren Tor gesehen, der sich außerordentlich für unsere Ankunft
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