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Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Titel: Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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hinterher.
    Hinter dem Zwerg, der durch die nächtlichen Straßen ging, bewegte sich die schimmernde Gestalt eines riesigen silbergrauen Wolfs.

Wolfram kehrte zum Zelt zurück, in dem sich einmal der Stein der Könige befunden hatte, und machte sich für die lange Nacht bereit. Er zündete kein Feuer in der Feuerkiste an, obwohl es kalt war. Er wollte im Dunkeln bleiben. Er hatte bereits mehr gesehen, als ihm lieb war. Bevor er sich hinlegte, setzte er sich auf den Boden und versammelte die Seelen der ermordeten Kinder um sich.
    Er hatte sie nie zuvor gesehen, also gab er ihnen die Gesichter der Kinder, welche er gekannt hatte und die seine eigenen Freunde und Gefährten gewesen waren. Er fragte sich, was wohl aus ihnen geworden sein mochte. Sie waren vermutlich tot, dachte er, so wie Gilda. Oder von Selbstvorwürfen gepeinigt wie er selbst.
    »Ihr dürft euch nicht die Schuld geben«, sagte Wolfram zu den Kindern. »Diese Dunkelheit, von welcher der Feuermagier gesprochen und die ihn beinahe erstickt hat – das war die Leere. Die Geschöpfe, die den Stein der Könige genommen haben, waren Geschöpfe der Leere. Diese Vrykyl sind schreckliche Wesen. Ich habe zwei von ihnen gesehen und will nie wieder einen erblicken. Sie hatten die Macht der Leere hinter sich. Wenn sich jeder einzelne Zwerg in der Stadt gegen sie erhoben hätte, hätten sie sie vielleicht aufhalten können. Aber vielleicht auch nicht. Ihr hattet allein keine Chance.«
    Wolfram seufzte und schwieg eine Weile. Schließlich sagte er: »Ihr habt vielleicht den Stein der Könige verloren, aber ihr habt den wichtigsten Schatz behalten. Ihr habt eure Seelen behalten. Weil ihr euch gegen die Vrykyl gewehrt habt, konnte die Leere euch nicht holen. Wir werden auch ohne den Stein zurechtkommen. Wir haben es zweihundert Jahre ohne ihn geschafft, da spielen weitere zweihundert auch keine große Rolle mehr. Ich möchte jetzt, dass ihr schlaft. Es wird keine schlechten Träume geben, das verspreche ich euch. Schlaft, und wenn ihr aufwacht, werdet ihr durch den Sonnenschein laufen. Für alle Ewigkeit. Der Wolf wird bei euch sein.«
    Die Mienen der Kinder waren ernst und feierlich. Er wusste nicht, ob sie ihn verstanden hatten, aber er hoffte es. Er machte es sich bequem – offenbar ein bisschen zu bequem, denn als Nächstes schlief er und träumte. Er wusste, dass er träumte, weil die Zeltklappe aufging und Gilda hereinkam.
    Wolfram hatte die Erinnerung an sie vor langer Zeit aus seinem Gedächtnis verbannt. Er hatte sich ihr Gesicht seit zwanzig Jahren nicht mehr vor Augen gerufen. Als er sie nun sah, bedauerte er das. Erst jetzt verstand er, wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Ihre Anwesenheit tröstete ihn. Der Schmerz war immer noch in seinem Herzen, aber er quälte ihn nicht mehr. Der Schmerz war irgendwie trauriger und weicher geworden, erwärmt von dem Glück ihrer Kindertage.
    »Gilda!«, sagte er leise. »Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist. Es ist lange her.«
    »Zu lange«, antwortete sie.
    »Aber ich verstehe das nicht. Warum kommst du jetzt zu mir?«
    »Ich komme, weil du gerufen hast, Bruder«, antwortete Gilda mit ihrem typischen schalkhaften Lächeln. »Tue ich das nicht immer?«
    »Nein. Wenn ich mich recht erinnere, war das nur selten der Fall. Aber«, fügte er liebevoller hinzu, »wir waren ohnehin selten getrennt.«
    »Nur die letzten zwanzig Jahre. Ich dachte schon, du würdest mich nie rufen, Wolfram.«
    »Ich erinnere mich nicht daran, dich jetzt gerufen zu haben, Gilda«, sagte er verlegen. »Ich bin froh, dass du gekommen bist, aber ich habe dich nicht …«
    »Du hast dich erinnert«, erklärte sie. »Du hast die Erinnerung heraufbeschworen, welche du zusammen mit meiner Asche unter hohem Gras begraben hast.«
    »Ich musste vergessen«, sagte Wolfram. »Ich hätte anders nicht weitermachen können. Ich habe in diesem Grab einen Teil von mir selbst beerdigt.«
    »Ich weiß«, sagte sie leise. »Deshalb war ich auch all diese Jahre bei dir, selbst wenn du es nicht wusstest.«
    »Du warst bei mir?« Er war erstaunt, aber gleichzeitig war er es nicht. Ein Teil von ihm hatte das anscheinend schon immer gewusst. Er sah sie sich genauer an. »Was trägst du da, Gilda? Es sieht aus wie eine Rüstung.«
    »Es ist eine Rüstung«, antwortete sie lächelnd. »Die Rüstung eines Paladins.«
    Die Rüstung war nach zwergischem Muster gefertigt und nicht die vollständige Rüstung mit Kettenhemd, wie sie ein menschlicher Paladin getragen hätte.

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