Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
sie besser an den Waffen, und da sie mehr Selbstvertrauen als Krieger entwickelten, wuchs auch ihre allgemeine Selbstachtung. Rabe hoffte nur, dass das noch besser würde, bevor die Taan sie umbrachten.
Auf K'lets Befehl hin marschierten die Taan weiter nach Norden. Nun hatte ihr Ziel einen Namen, Krul-um-drelt, was »Geisterstadt« bedeutete. Einer der Halbtaan sagte Rabe, der Menschenname für diese Stadt laute Alt-Vinnengael.
Rabe riss die Augen auf, als er das hörte. Die Ruinen der Stadt Alt-Vinnengael hatten einen schlechten Ruf, nicht nur bei seinen eigenen Leuten, sondern bei allen Völkern, denen er je begegnet war.
»Geisterstadt«, murmelte Rabe. »K'let wird da wunderbar hinpassen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, was den Rest von uns angeht.«
Er versuchte, mehr darüber herauszufinden, aus welchem Grund sie nach Alt-Vinnengael unterwegs waren. Er sprach mit Dag-ruk darüber, aber falls sie es wusste, ließ sie nichts durchscheinen. Sie wurde nun oft mit dem Schamanen R'lt gesehen und hatte offen erklärt, sie würde ihn zum Gefährten nehmen. Dag-ruk behandelte Rabe kaum besser als einen Halbtaan und ließ sich nur dazu herab, mit ihm zu sprechen, wenn ihr danach war. Rabe verdoppelte seine Anstrengungen, die Halbtaan zu Kriegern auszubilden.
K'lets Stämme waren nur noch einen Tagesmarsch von AltVinnengael entfernt, als man ihnen befahl, ihr Lager aufzuschlagen. K'let war seit einiger Zeit auf einer geheimnisvollen Mission unterwegs. Die Befehle kamen von Derl, der in K'lets Abwesenheit Kommandant war. Die Taan sollten ihr Lager aufschlagen und auf K'lets Rückkehr warten.
Rabe nutzte die Gelegenheit, um weiter mit seinen Halbtaan zu arbeiten. Er war sehr zufrieden mit ihren Fortschritten. Sie begannen, sich gerade zu halten und geradeaus zu schauen statt ständig den Blick zu senken. Er war so erfreut über ihre Fortschritte beim Kämpfen, dass er an diesem Tag zu Dag-ruk ging.
»Dur-zor«, sagte er, »sag Dag-ruk, dass ich einen Wettbewerb zwischen unseren beiden Stämmen vorschlage.«
Dag-ruk fing an zu lachen. Sie wandte sich den Taankriegern zu, die bei ihr saßen, und erzählte ihnen von Rabes Vorschlag. Die Taan johlten und grinsten.
»Weigert sie sich?«, fragte Rabe.
»Selbstverständlich, Rabe«, antwortete Dur-zor. »Es liegt keine Ehre darin, wenn ein Taan gegen einen Sklaven kämpft.«
»Aber die Halbtaan sind keine Sklaven«, widersprach Rabe. »Nicht mehr. K'let hat sie freigelassen.«
Dur-zor verzog das Gesicht.
»Was ist?«, fragte Rabe.
»Die Taan sehen das anders, Rabe«, erklärte Dur-zor. Sie warf ihm einen flehentlichen Blick zu. »Ich wollte dir nicht die Wahrheit sagen. Du warst so froh über das, was du erreicht hast.«
»Sag es mir«, forderte Rabe verärgert.
»Die Taan glauben, dass K'let dir die Halbtaan als deine eigenen Sklaven gegeben hat.«
Rabe starrte sie ungläubig an. »Aber …« Er hielt inne, dann verlangte er: »Sag ihnen die Wahrheit, Dur-zor. Sag ihnen, dass die Halbtaan ebenso wenig meine Sklaven sind, wie du es bist. Sag ihnen, die Halbtaan sind… sie sind…« – er suchte nach einem Wort – »sie sind meine Brüder.«
»Meinst du das ernst, Rabe?« Dur-zors Augen blitzten vor Freude.
»Selbstverständlich. Was glaubst du wohl, was ich während all dieser Wochen getan habe? Eine Armee von Sklaven zu meinem Schutz ausgebildet?«
»Nein, Rabe, selbstverständlich nicht«, sagte Dur-zor eilig. »Ich werde es Dag-ruk sagen.«
Aber die Taan war alles andere als beeindruckt. Sie verzog höhnisch den Mund und sagte etwas, das Rabe nicht verstehen konnte, dann ging sie davon. Als Rabe Dur-zor bat, ihre Worte zu übersetzen, meinte Dur-zor nur, dass Dag-ruk keinen Wettbewerb wolle.
Auf dem Rückweg zu ihrem Stamm war Rabe nachdenklich und still. Dur-zor kannte diese Miene inzwischen.
»Rabe, was hast du vor?«, fragte sie misstrauisch.
Er warf ihr einen Blick zu und lächelte. »Bin ich so leicht zu durchschauen?«
»Ich verstehe diesen Begriff nicht, Rabe.«
»Kannst du wirklich in mich hineinsehen? Siehst du meine Gedanken, so wie man in klarem Wasser die Fische sehen kann?«
»O ja, Rabe«, antwortete Dur-zor. Und als sie seinen Blick bemerkte, fügte sie hinzu: »War das die falsche Antwort?«
Er lachte bedauernd. »Wir halten uns alle gern für geheimnisvoll, aber ich fürchte, das bin ich nicht. Was ich vorhabe?« Sein Ton wurde finster. »Wir werden unseren Wettbewerb haben, ob Dag-ruk das nun will oder nicht.«
Dur-zor
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