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Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Titel: Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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geschweige denn die Schritte von Verfolgern zu hören. Rabe versuchte, die Wasserfälle zu erspähen, aber das nahende Zwielicht und die Nebelschwaden, welche aus der Schlucht aufstiegen, in die das Wasser stürzte, versperrten ihm die Sicht.
    »Hier hinein!«, sagte K'let und zeigte auf den Tempel.
    Rabe nahm an, dass das hier einmal ein heiliger Ort gewesen war, denn in die Marmorblöcke hatte man vier Mandalas gemeißelt. Dieser Teil des Gebäudes war einigermaßen unzerstört geblieben und wies nur ein paar Risse in den Mauern und ein zum Teil eingestürztes Dach auf. Sein Grundriss erinnerte stark an den des Tempels der Magier in Dunkar, war jedoch viel, viel größer und erheblich großartiger.
    Rabe fühlte sich in Tempeln nicht so recht wohl. Die Götter der Trevinici waren Götter von Bäumen, Erde, Sonne, Mond, Sternen, Wasser, Feuer und Luft. Es gab Götter des Lebens, Götter des Todes und Kriegsgötter. Solche Götter lebten nicht inmitten erdrückender Mauern und wurden auch nicht unter Kuppeldecken oder hinter Toren gefangen gehalten.
    Als Rabe tiefer in die Ruinen hineinging, wurde sein Unbehagen noch größer. Er hatte kein Licht. K'let brauchte offensichtlich keines, denn er ging unbeirrt weiter und folgte dem Klang von Dagnarus' Schritten, die hohl in den leeren Fluren widerhallten. Rabe stolperte so gut er konnte weiter, stieß gegen Dinge und machte Lärm.
    K'let knurrte und zischte ihm ungeduldig zu, er solle sich beeilen. Rabe tat, was er konnte, aber an einer Stelle fiel er über etwas und taumelte vorwärts. Er versuchte, den Fall mit den Händen abzufangen. Seine Finger berührten kalten, glatten Stein, und er fand sich einem Schädel gegenüber. Er erkannte voller Entsetzen, dass er in ein Grab gefallen war, und kletterte so schnell wie möglich wieder hinaus. Er glaubte normalerweise nicht an Vorzeichen, wie es die Orks taten, aber nun fragte er sich doch mit einem Schaudern, ob das hier nicht eine Art von Omen war. Vielleicht würde das Grab, in das er gefallen war, auch sein eigenes sein.
    Dann biss er die Zähne zusammen und stolperte weiter hinter K'let her.
    Nur zweimal zuvor war Dagnarus durch den Flur gegangen, an dessen Ende sich das Portal der Götter befand – das erste Mal an jenem Abend, als er seinen Bruder dort gesucht hatte, und das zweite Mal bei seiner vergeblichen Suche nach dem Stein der Könige.
    Beim ersten Mal hatte er das Portal mühelos gefunden. Beim zweiten Mal hatte er viele, viele Tage danach suchen müssen. Das Portal war nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, ein großartiger Saal, sondern eine kleine Mönchszelle, die sich in einem abgelegenen Teil des Tempels befand, welcher meist übersehen wurde. Schließlich jedoch hatte er es gefunden, oder das Portal hatte ihn gefunden – er war nicht ganz sicher, was wirklich passiert war. Diesmal wusste er genau, wohin er ging. Er hatte sich den Weg gut gemerkt.
    Er hatte auch daran gedacht, eine Lampe mitzubringen, denn das Portal befand sich in einem Teil des Tempels, der inzwischen vollkommen dunkel war. Das Lampenlicht führte ihn, und Dagnarus ging weiter durch die stillen Flure und leeren Korridore. Einmal blieb er stehen, weil er Schritte und ein Kratzen hörte, als wäre jemand gestürzt.
    »Die Paladine«, sagte er lächelnd, »die hinter mir herstolpern. Sie bringen den Stein der Könige zu mir ins Portal der Götter. Endlich wird mein Traum wahr werden.«
    Er trug die schwarze Rüstung der Leere, aber nun beschwor er die Leere, diesen Schutz von ihm zu nehmen. Sollten die Paladine doch in Rüstung und bis an die Zähne bewaffnet zu ihm kommen – er würde seinen Reiseumhang und ein Seidenwams tragen. Er hatte keine Angst vor ihnen. Sollten sie ihn doch angreifen, ihn erstechen, ihm den Kopf abschlagen, ihn vergiften. Sie konnten all das und mehr tun, sie konnten ihn dreißig Mal töten. Er dagegen brauchte jeden von ihnen nur ein einziges Mal umzubringen.
    Dagnarus wusste, dass er das Portal erreicht hatte, als das Licht seiner Lampe auf das Skelett seines Prügelknaben Gareth fiel.
    Die Knochen lagen in dem Flur, der zum Portal führte, in einem Haufen an einer Wand. Der Schädel war zertrümmert. Die Blutspur an der Wand, wo der Erschlagene nach unten gerutscht war, konnte man noch deutlich erkennen. Der Anblick des Bluts ärgerte Dagnarus, denn er musste daran denken, wie er Gareth getötet hatte – etwas, das er sein Leben lang bedauert hatte. Es war nicht notwendig gewesen, Gareth umzubringen.

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