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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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töten!«
    »Willst du lieber geopfert werden?«
    Sie verließen die Hütte und stiegen auf die Pferde. Einige Sklaven, die vor den Hütten an den Feuern saßen, beobachteten sie neugierig, hielten Edwin wohl für den Wächter und wunderten sich, dass er mit dem anderen Nordmann davonritt und den Gefangenen ohne Aufsicht in der Hütte ließ. »Habt ihr nichts Besseres zu tun, als uns anzuglotzen?«, fuhr Hakon sie wütend an.
    Die Sklaven zuckten sichtlich zusammen und hüteten sich, etwas zu sagen. Ohne sich weiter um sie zu kümmern, ritten Hakon und Edwin aus der Schlucht. Da es nur einen Ausgang gab, waren sie gezwungen, denselben Weg zurückzureiten, den Hakon gekommen war. Sie konnten von Glück sagen, dass der Nebel noch dichter geworden war und sie vor den Augen der Leute verbarg. Ihre Gestalten waren nur als dunkle Schatten zu erkennen, und nicht einmal der Nordmann mit den zottigen Haaren schenkte ihnen mehr als einen flüchtigen Blick. Dennoch waren sie nervös, besonders Edwin, dem ein qualvoller Tod in den Flammen drohte, falls sie ihn erkannten und wieder festnahmen.
    Der Klang eines Horns ertönte dumpf. Das Signal, sich wieder unter dem Rechtsfelsen zu versammeln. Hakon und Edwin kümmerten sich nicht darum, bogen vor der Pferdeschlucht nach Süden ab und ritten durch kniehohes Gras zur Wagenstraße.
    »He! Wo wollt ihr denn hin?«, rief ein Mann. »Das Signalhorn! «
    »Wir kommen gleich«, erwiderte Hakon hastig.
    Er musste sich zwingen, sein Pferd im Schritt zu halten und nicht im gestreckten Galopp davonzureiten. Das hätte nur noch mehr Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Je länger ihr Verschwinden unerkannt blieb, desto größer war ihre Chance, das Schiff nach Grünland zu erreichen und zu verschwinden. Erst als Thingvellir hinter ihnen verschwand und sie am Ufer des Thingvallavatn nach Süden ritten, stellte sich so etwas wie Erleichterung ein.
    »Ich danke dir«, sagte Edwin. »Du hast mir das Leben gerettet.«
    Hakon brummte nur.
    Sie ließen ihre Pferde in einen leichten Trab fallen, wie ihn die Tiere am liebsten hatten, und ritten am Ufer des riesigen Sees entlang, bis sie ein zerklüftetes Lavafeld erreichten, das die Wagenstraße nach Westen abdrängte. Gegen den Wind trabten sie von dem See weg, der schon bald eins wurde mit dem wogenden Nebel. Unterhalb einiger Hügel, auf denen Schafe weideten, wandte Hakon seinen Braunen nach links und winkte Edwin auf einen schmalen Pfad, der abseits der Hügel zu schroffen Felsenbergen führte.
    »Du kennst dich hier aus«, sagte Edwin.
    »Ich habe immer auf Eisland gelebt«, erwiderte Hakon. »Zwischen den Felsen sollen Trolle leben, gefährliche Trolle, und manch einer behauptet, Loki würde sich als verwahrloster Hund in einer Höhle verstecken und einsame Wanderer überfallen und zu Tode beißen. Da vermutet uns bestimmt keiner.«
    Loki? Von dem habe ich schon gehört.«
    »Der Gott des Feuers und der List«, erklärte Hakon. »Ein buckliger Riese, der seine Gestalt wechseln und durch Feuer und über Wasser laufen kann. Wer ihm begegnet, hat sein Leben verwirkt. Er will Verderben und Tod.«
    »Und du hast keine Angst vor ihm?«
    »Die Götter sind auf meiner Seite«, betonte Hakon so nachhaltig, als müsste er sich selbst überzeugen. »Sie wollen, dass sich mein Traum erfüllt.«
    »Was für ein Traum?«
    »Das geht dich nichts an.«
    Sie lenkten ihre Pferde in ein weites Tal hinab und ritten an einer schwarzen Felswand entlang, die sich wie eine zerklüftete Mauer aus dem steinigen Boden erhob. Das Tal war mit Felsen und Gesteinsbrocken übersät, die teilweise in so seltsamen Formen aufragten, dass Hakon seinem Braunen mehr als einmal in die Zügel griff, weil er glaubte einem Troll zu begegnen. Vor einem dunklen Felsen, der wie ein Mann mit ausgebreiteten Armen erschien, griff er sogar zum Schwert und hieb so fest auf den Felsen ein, dass die Funken davonstoben.
    Er hielt an und lauschte, bedeutete Edwin mit einer Handbewegung, ebenfalls sein Pferd zu zügeln. Der Wind sang leise zwischen den Felsen. Von irgendwoher schien das Bellen eines Hundes zu kommen, aber das bildete sich Hakon wohl nur ein, denn Edwin hörte nichts. Obwohl die Nacht längst über den Tag gesiegt hatte, war es kaum dunkler geworden. Während des Sommers verschwand die Sonne nur ganz kurz unter der Erdscheibe, breitete sich um Mitternacht ein düsterer Grauschleier über das Land, der den Mond fast unsichtbar sein ließ.
    Hakon behielt sein Schwert in der Hand, bis sie

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