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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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aus dem Haus, umkreiste den Kopf des einen jungen Mannes, versengte ihm die Haut und setzte sein Haar in Brand. Die beiden rannten weg, und der Freund versuchte, die Flammen zu löschen. Der brennende Mann schrie, aber von seiner Whiskeyflasche mochte er nicht ablassen.»
    Die meisten aber nahmen von den Bränden kaum Notiz. Sie waren trunken vom Schnaps und der Erregung des Augenblicks, in dem sie johlend und fluchend um Charles und Mallory herumtanzten.
    Mallory feuerte den nächsten Schuss ab und schaffte damit Charles und Riker vorübergehend mehr Raum. Die Menge blieb an einer unsichtbaren Grenze stehen und drohte ihnen nur mit erhobenen Fäusten und verzerrten Gesichtern. Der Mob schrie, das Feuer brüllte. Mallorys Revolver bellte durch die Nacht und trieb die Verfolger wieder auseinander.
    Doch sie kamen zurück. Als sie das nächste Haus passierten, schlugen aus dem Dach gelbe Flammen. Charles warf noch einmal einen Blick zurück. Die Feuersbrunst war faszinierend in ihrer wilden Schönheit. Eine Flasche traf ihn an der Schläfe, aber er spürte es kaum in seinem aus Angst und Erregung gemischten Hochgefühl.
    Ein Mann, dessen Hemd Feuer gefangen hatte, wälzte sich am Boden. Gleichgültig zog die Menge an ihm vorüber. In den Kneipen verwandelten sich die explodierenden Schnapsflaschen in gefährliche Geschosse. Und immer wieder hörte man dazwischen die laute, Achtung gebietende Stimme von Mallorys Revolver.
    Zwei Halbwüchsige hockten wie schwarze Krähen auf dem Geländer einer Veranda. Obgleich sie sich bewusst im Schatten hielten, sah Charles, dass sie die Lippen bewegten. Sie zählten die Schüsse.
    Der nächste Stein verfehlte sein Ziel. Mallory klickte mit einem leeren Revolver. Sie waren fast am Ende der Straße angelangt, als die Jungen vom Geländer sprangen und mit Steinen in den Händen auf sie zukamen.
    »Rechts«, warnte Charles Mallory.
    Mallory beobachtete die beiden einen Augenblick, dann schleuderte sie den Revolver nach dem Jungen, der um ein paar Schritte schneller war, und traf ihn am Kopf. Der andere blieb einen Augenblick stehen und sah auf seinen Freund hinunter, der blutüberströmt zusammengebrochen war.
    »Nimm Riker«, befahl Mallory, »und geh weiter.« Sie selbst bewegte sich auf den Jungen zu, der noch immer seinen Stein in der Hand hielt, packte seinen Arm und brach ihn über ihrem Knie. Charles hörte das Knacken ganz deutlich. Schreiend blieb der Junge zurück, während sie, Riker zwischen sich, einträchtig ihren Weg fortsetzten. Charles hatte sich Mallory noch nie so nah gefühlt.
    Überall um sie herum brannte es jetzt. Die älteren Männer hatten sich aus dem Staub gemacht, und jetzt wichen auch die jüngeren und eine Hand voll Frauen an den Straßenrand zurück. Zuletzt ergriffen die Halbwüchsigen mit dem brutalen Blick die Flucht und verschwanden in einem der Häuser.
    Aus dem oberen Fenster krachte ein Schuss. »Die wenigsten Leute können richtig schießen«, sagte Mallory über den bewusstlosen Riker hinweg zu Charles. »Ein bewegliches Ziel treffen diese Dreckskerle nie.«
    »Und ich hab gedacht, in dieser Gegend kommen sie schon alle mit Jagdflinten zur Welt.« Charles sah nach oben. Aus dem Fenster im ersten Stock ragte ein langer stählerner Lauf.
    Der nächste Schuss wirbelte den Staub vor ihren Füßen auf. »Schon besser«, meinte Mallory kühl.
    Charles sah eine Flasche mit brennendem Lappen im Hals durch das Fenster neben dem des Schützen segeln. Das Zimmer erstrahlte plötzlich in fahlgelbem Licht, und auf den nächsten Schuss warteten sie vergebens. Augusta war nirgends zu sehen.
    Sie gingen weiter, ohne das Tempo zu verändern. Die Menge folgte ihnen noch immer, hielt aber jetzt respektvoll Abstand, was Charles ein wenig wunderte. Schließlich hatte Mallory jetzt keine Waffe mehr.
    »Sie wissen nicht, was sie machen sollen, wenn niemand ihnen die Richtung vorgibt«, sagte Mallory. »Schau nicht hin.«
    Nur ein paar Schritte trennten sie noch von dem Weg, der nach Dayborn führte, wo nicht Fackeln und brennende Häuser, sondern elektrisches Licht die Nacht erhellte. Die Energie der Menge war verpufft. Sie war nur noch ein zielloser Haufen.
    Charles sah Mallory an. Vielleicht kamen sie doch durch. Jetzt aber trat ihnen ein von zwei Halbwüchsigen flankierter Mann in den Weg. Malcolms Paillettenanzug funkelte wie von tausend tanzenden Flämmchen erhellt. Er hielt eine Flinte im Arm. Zwei Männer gesellten sich zu ihnen. Einer umklammerte einen

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