Der sterbende Detektiv - Roman
sah.
Dann beendete sie ihr Werk damit, ihm Pomade ins Haar zu schmieren. Sein normalerweise in alle Richtungen abstehendes graues Haar lag jetzt wie ein glänzender Helm am Kopf an und sah auch bedeutend dunkler aus. Plötzlich hatte er einen ganz anderen Gesichtsausdruck.
»Der Stureplans-Look, eine klassische Schmalzfrisur«, sagte Matilda.
»Sind wir fertig?«, fragte Johansson.
»Gleich«, antwortete Matilda.
Zwei Details standen noch aus. Erst rieb sie ihm die Wangen mit einem stark duftenden Herrenparfüm ein. Dann setzte sie ihm eine randlose Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern auf.
»Verblüffend«, sagte Johansson, als er sich im Spiegel betrachtete. Das bin nicht ich, dachte er.
»Älterer Direktor, der sich für kleine Mädchen interessiert«, meinte Matilda. »Wenn Sie wollen, Chef, kann ich mir ein knappes Top anziehen und Sie begleiten.«
»Das ist wirklich nett von Ihnen, Matilda, aber ich glaube, es genügt, wenn Sie mir ein Taxi kommen lassen«, sagte Johansson. Pinochet, dachte Johansson, als er ins Taxi stieg. Pinochet am Ende seines Lebens, als sie ihm die Uniform weggenommen hatten.
Absichtlich traf er zehn Minuten zu spät zur Besprechung ein. Als er an seiner Krücke ins Konferenzzimmer humpelte, waren sowohl Mats Eriksson als auch Staffan Nilsson schon dort.
»Entschuldigen Sie die Verspätung«, brummelte Johansson. »Der Verkehr in dieser Stadt. Der spottet wirklich jeder Beschreibung. Setzen Sie sich, setzen Sie sich doch«, sagte er und wedelte abwehrend mit seinem gesunden Arm, als sich Staffan Nilsson erhob, um ihn zu begrüßen.
»Du wirst wirklich mit jedem Tag fitter, Lars«, sagte Mats Eriksson mit unschuldiger Miene.
»Danke«, erwiderte Johansson, nahm an der Schmalseite des langen Tisches Platz, holte Kalender und einen Stift hervor und nickte hinter seiner verspiegelten, dunklen Brille.
»Nett, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben, Staffan«, sagte Johansson. Keine Kopfschmerzen und auch kein Druck auf der Brust. Genau der richtige Abstand zu seiner Beute. Sogar sein rechter Zeigefinger fühlte sich an wie immer.
Eine schöne, adrette Beute, dachte Johansson. Das Böse in seiner sympathischsten Ausprägung. Blaues Jackett wie er selbst, Schlips und ein sorgfältig gebügeltes weißes Hemd. Dieselben Schuhe wie er. Ordentlich gekämmt, ordentlich rasiert. Freundliche, blaue Augen, weiße Zähne. Keinerlei Schwellung oder Verfärbung der geraden Nase, auf die ihn sein Hilfsbursche vor knapp einer Woche gehauen hatte.
»Danke«, sagte Staffan Nilsson. »Es freut mich, hier zu sein und Sie kennenzulernen, meine Herren. Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen unser Projekt zu präsentieren«, sagte er und klappte gleichzeitig seinen Laptop auf.
»Sehr gut«, sagte Mats Eriksson, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Fingerspitzen gegeneinander. »Dann ist es wohl das Beste, wenn Sie gleich anfangen, Staffan.«
Staffan Nilsson zeigte Fotos seines thailändischen Paradieses. Es sollte in drei Jahren Wirklichkeit werden und existierte bislang nur in Gestalt finanzieller Pläne und einer von dem Architekten geschaffenen, computeranimierten Darstellung der geplanten Ferienanlage. Dazu gab es natürlich die gängigen Fotos der umgebenden Natur, des langen Strandes in Weiß und Gold, des blauen Meeres und der Inseln davor sowie hoher Berge dahinter.
»Ohne zu übertreiben würde ich behaupten, dass der südliche Teil der thailändischen Küste einer der schönsten Plätze auf unserer Erde ist«, sagte Staffan Nilsson, lächelte und nickte Johansson freundlich zu.
Es dauerte eine halbe Stunde. Mats Eriksson stellte die üblichen Buchhalterfragen hinsichtlich Finanzierung, Liquidität und Rendite. Natürlich auch hinsichtlich der Risiken, die das Projekt möglicherweise in sich barg, und des Umgangs mit diesen. Johansson begnügte sich damit, gelegentlich etwas zu brummeln. Die meiste Zeit saß er nur da und beobachtete Nilsson, seine Körpersprache und Mimik. Er versuchte, die Gedanken in seinem Kopf zu lesen, während er sich hinter seiner verspiegelten Brille und seiner exzentrischen Verkleidung verschanzte. Er glaubt an seine eigenen Worte, dachte er. Er braucht keine Rolle zu spielen. Er schaltet sich einfach ein und aus, da er sein gesamtes erwachsenes Dasein damit verbracht hat, sich zu verstellen.
So gelang es Staffan Nilsson eine Präsentation zu liefern, gegen die überhaupt nichts einzuwenden war. Sehr gut unterrichtet, bescheiden,
Weitere Kostenlose Bücher