Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Stern des Untergangs

Titel: Der Stern des Untergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
Vom Netzwerk:
den Sumpf zurück. »Ihr werdet sterben«, sagte sie mit gurgelnder Stimme. »Osylla wird eure Herzen stehlen und an die Dämonen verfüttern, oder sie wird euch zu meinesgleichen machen …« Dann watete das Scheusal davon.
    Urrim rutschte unruhig in seinem Sattel. »Ich habe Angst«, flüsterte er.
    Sonja grinste ihn an. »Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben, Junge. Das Schlimmste haben wir überstanden.«
    »Nein. Nnnnh …«, entgegnete er und schlug nach Mücken, die ihm um den Kopf summten. »Mehr Schlimmes, mehr Schlimmes.«
    Daron ging mit seinem Pferd voraus. Vorsichtig stieg es vom Ufer ins Wasser. Fester Boden lag unmittelbar unter der trüben Wasseroberfläche. Daron führte es mit gutem Zureden weiter, genau auf die Eiche gegenüber zu.
    Sonja beobachtete ihn, dann stieß sie Urrim an. »Jetzt du!«
    »Ich habe Angst.«
    »Geh nur, ich bin bei dir, Urrim!«
    Er blickte sie an, und plötzlich sprach ein so grenzenloses Vertrauen aus seinen Augen, dass Sonja wieder dieses mütterliche Gefühl für ihn empfand. Sie schluckte. »Komm, Urrim! Wir wollen doch Daron nicht im Dunst aus den Augen verlieren.«
    Sonja führte ihr Pferd, und Urrim folgte. Behutsam überquerten sie den Fluss. Die Hufe schienen regelrecht auf seiner Oberfläche aufzusetzen.
    Am anderen Ufer kletterte Darons Hengst einen steilen schlammigen Hang hinauf. Daron rief zu Sonja zurück: »Da ist eine Hütte – irgendein Bauwerk – auf einer Lichtung.«
    Er eilte voraus. Sonja blickte ihm nach, dann drängte sie ihr Pferd vorwärts, doch nicht schneller, als Urrim ihr folgen konnte.
    »Alles in Ordnung, Urrim?«
    »Ich – mag Wasser nicht.«
    »Es ist auch ein seltsames Wasser.« Sie zweifelte nicht, dass grässliche Wesen links und rechts in der dunklen Tiefe lauerten.
    »Ich mag dich!« erklärte Urrim ihr.
    Sie lächelte ihn an. »Das freut mich, denn ich mag dich ebenfalls, Urrim.«
    »Da – ein Haus da oben?«
    »Ich glaube ja.«
    Urrim bemühte sich, sein Pferd dicht hinter Sonja zu halten. »Was – wer wohnt dort?«
    »Osylla. Erinnerst du dich?«
    »Eine Hexe.« Urrim nickte.
    Auch sie hatten den Fluss nun verlassen und kletterten das schlammige Steilufer hinauf. Eine aus Holz und Stein erbaute Hütte stand in der Mitte einer Lichtung. Urrim schob das Kinn vor und schien zu wittern.
    »Hexe ist hier.«
    »Wie kannst du das wissen?« wunderte Sonja sich laut.
    »Sie ist hier …«
    »Du scheinst keine sonderliche Angst zu haben.«
    Sein Pferd warf den Kopf unruhig herum und begann zu tänzeln. Urrim wurde im Sattel hin und her geworfen. Schnell griff Sonja nach den Zügeln. Der Junge beugte sich vor, schirmte den Mund mit einer Hand ab und flüsterte dem Pferd etwas ins Ohr. Sofort trottete die Stute ruhig weiter.
    Daron stand neben seinem Hengst und blickte Sonja und Urrim entgegen. Hinter ihm öffnete sich die Hüttentür. Sonja nickte Daron zu und warnte ihn mit einem Blick. Er wirbelte herum, und zum ersten Mal in seinem Leben sah er Osylla.
    Sie war schön, was Daron so verwirrte, dass er seine Wachsamkeit vergaß. Und sie schien noch jung zu sein – nicht älter als Anfang zwanzig. Sie hatte weich fallendes goldblondes Haar und leuchtendgrüne Augen. Sie war schlank und trug ein Mieder aus weichem Leder, das vorn nicht ganz bis oben zugeschnürt war, so dass ein Stück des Spalts zwischen den Brüsten zu sehen war; und ihr kurzer Rock aus grober Wolle wies Schlitze an den Seiten auf. Die Füße steckten in leichten Wildlederschuhen. Alles war einfach und ohne Zierrat. Alles dies überraschte Daron. Er hatte damit gerechnet, eine hässliche, dürre Alte vorzufinden, die in dieser Wildnis auch wie eine Wilde gekleidet war.
    Sonja hasste Ossyla vom ersten Blick an – nicht weil die Frau schön war oder weil Daron behauptet hatte, sie sei eine Hexe, sondern rein instinktiv. Sie spürte sofort, dass diese Frau, so jung sie auch aussah, unendlich alt war und über ungeheure Kräfte verfügte, über eine Macht, beschränkt zwar, doch elementar, abwehrend und doch bedrohlich. Um die Hexe herum schien die Luft geradezu geladen zu sein. Und so, wie Sonja es spürte, spürte es auch Urrim.
    Nachdem Sonja abgesessen war, blieb der Junge noch kurz auf seinem Pferd. Dann, langsam und vorsichtig, als befürchtete er, die Erde könnte sich zu einer Schlangengrube öffnen, stieg er aus dem Sattel; doch er ließ kein Auge von der Hexe.
    Osylla rührte sich nicht von der Tür. Daron ging ein paar Schritte auf sie zu, ehe er stehen

Weitere Kostenlose Bücher