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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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war Ritter Rantzaus Frucht. Doch zuallererst war es ihr Sohn – und sie würde ihn immer lieben.

2. Buch
Herzogtümer in Schleswig und Holstein
1648–1658

Anno 1648 bis 1651
EINS
    Der Zauber der Neuwerk-Gärten schien unerschöpflich. Sophie beschirmte die Augen und blinzelte. Vor ihr, in einem Gefäß, drehten Ranunkeln ihre Blüten der Sonne entgegen – gelbe und rote, rosé- und weißgeflammte Köpfchen. Zarte Rüschen und satte Farben. Zwanzig verschiedene Arten wuchsen in den herzoglichen Gärten, sie waren vom östlichen Mittelmeer und aus Vorderasien nach Gottorf gekommen – eine botanische Sensation. Am frühen Morgen hatte Sophie die Blüten in den Gärten geschnitten, um sie im klaren Vormittagslicht zu zeichnen.
    »Und – geht es voran?«
    Der Blumenmaler, Sophie fuhr herum. Sie hatte nicht gehört, dass Holtzbecker hinter sie getreten war. Freundlich sah er über ihre Schultern auf das Pergament, das auf dem Maltisch lag. Dann ließ er sich das Blatt reichen und pustete vorsichtig auf die noch feuchte, glänzende Farbe. Nach dem Trocknen würde die Gouache eine matte, samtene Oberfläche erhalten. Eine Momentaufnahme der kostbarsten Pflanzungen, Teil eines umfassenden Inventars des Neuwerk-Gartens. Ängstlich wartete sie auf sein Urteil.
    »Fein.«
    Holtzbecker nickte und reichte ihr das Blatt zurück. Der Blumenmaler kam aus Hamburg und war fast so schweigsam wie das botanische Volk, dem er sein Leben gewidmet hatte. Seine Florilegien – Blumenbücher, welche die Pflanzenpracht bekannter Gärten dokumentierten – waren berühmt. Herzog Friedrich III . hatte ihn nach Gottorf kommen lassen, um die exotische Vielfalt der Neuwerk-Gärten für die Ewigkeit zu konservieren. Der Brand in der Bibliothek vor etwas mehr als drei Jahren hatte ihm die Vergänglichkeit aller irdischen Güter noch einmal schmerzlich vor Augen geführt. Seitdem setzte der Herzog alles daran, sein Werk nicht nur in natura , sondern auch in Büchern, auf Plänen, Bildern und Zeichnungen für die Nachwelt zu dokumentieren.
    »Der Herzog neigt zur Vervielfälterei«, pflegte Olearius die kostspielige Manie seines Herrn spöttisch zu kommentieren. Der Drang nach Doppelung und Wiederholung war ihm lästig und behinderte ihn in seiner Arbeit. Der Gelehrte hatte die Auflage bekommen, jede Formel, jede Zeichnung und jeden Plan, die seinem Kopf entsprangen, in vierfacher Form auszufertigen und an verschiedenen Orten zu deponieren. Doch was Olearius störend und mühsam erschien, hatte Sophies Verbleib in den Gärten ermöglicht.
    Während Sophie sich wieder über das Blumenbild beugte, erinnerte sie sich an die zurückliegende Zeit. Fast drei Jahre war es nun her, dass sie nach der Geburt des Sohnes ihre Gärtnerlehre hatte abbrechen müssen. Doch trotz der offensichtlichen Täuschung über ihr Geschlecht hatten sich sowohl Olerarius als auch Meister Friedrichs beim Herzog für sie verwandt. Über das Planzeichnen und Kopieren und dank ihres botanischen Wissens war sie schließlich Hans-Simon Holtzbecker als Gehilfin zugeteilt worden.
    Zunächst hatte sie dem Maler lediglich das System der Gärten erschlossen und ihn zu den bedeutendsten Pflanzen geführt. Sie war seine rechte Hand gewesen, hatte seine Utensilien getragen, ihn mit Planen und Schirmen vor Sonne, Wind und Regen geschützt und ihm in seiner Werkstatt bei der Herstellung der Farben aus Pigmenten, Kreide und anderen Zutaten geholfen. Doch dann hatte der Meister, dem ihr zeichnerisches Geschick nicht entgangen war, sie aufgefordert, einige seiner Blätter zu kopieren. Und über das Nachahmen, über das Studium der Linien, Formen und Farben, über das Wechselspiel von Licht und Schatten, hatte er sie Schritt für Schritt an das Blumenmalen herangeführt. Schließlich hatte Holtzbecker ihr in knappen Worten beschieden, dass sie selbst Blätter für den Pflanzenatlas herstellen dürfe, die er prüfte und bei Gefallen mit seinem Signum versah.
    »Wenn ich nicht bis ans Ende meiner Tage in diesen Gärten verweilen soll, muss der Herzog mir wohl eine Malhilfe zugestehen«, hatte Holtzbecker sein eigenmächtiges Handeln vor sich selbst und vor Olearius gerechtfertigt.
    Sophie dachte, dass sie nun selbst an der Herstellung des »Gottorfer Codex« beteiligt war, der mehr als eintausend Pflanzenbilder umfassen sollte. Und das Pflanzenmalen stand der schöpferischen Arbeit in den Gärten in nichts nach. Sie liebte ihre Arbeit, die sie die Gottorfer Gartenkunst für alle Zeiten

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