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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Der Junge war sein Sohn – ganz unverkennbar. Frucht jenes köstlichen Ausbruchs in den herzoglichen Terrassen und gleichzeitig kostbares Faustpfand gegen jegliche Volte des Schicksals.
    »Caspar …«
    Der Name ging ihm leicht von den Lippen, fast wie ein Schelmenlied.
    »Caspar, Caspar, Caspar … Wie schön, dich kennenzulernen.«
    Er streckte die Hand noch einmal aus und nach kurzem Zögern schlug der Junge ein.
    Er spürte die Wärme der Kinderhand, genoss den nun unbefangenen Blick des Jungen, der ihn neugierig betrachtete, die Qualen der Mutter.
    Und in diesem Moment wusste Ritter Rantzau, dass er nie wieder um sein Leben und Seelenheil fürchten müsste.

    Warum nur hatte sie Caspar nicht besser versteckt? Warum nur hatte sie Bösch nicht gebeten, ihn hinter seinen Blechen zu verbergen, sich schützend vor ihn zu werfen? Sie hätte die Scham umkehren und Ritter Rantzau den Blicken der anderen aussetzen können. Er war der Unhold, das Monstrum, der Dämon, nicht sie. Ihr Schweigen hatte sie zur Hilflosigkeit verdammt – wieder.
    Sophie dachte, dass sich ihre schlimmsten Träume bewahrheiteten. Sie sah, wie Rantzau ihren Sohn unter dem Werktisch hervorzerrte, beobachtete starr seine Reaktion, sein Erkennen, sein Begreifen.
    Und die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn war erschreckend. Da waren die wasserblauen Augen, der helle Wimpernkranz, das weißblonde, aber kräftige Haar, die aufgeworfenen Lippen. Caspar besaß die Statur seines Vaters, jungenhaft noch, aber die spätere Ausprägung war bereits zu erahnen. Dazu den Stolz und den Trotz, die sich bei Christian Rantzau auf so furchtbare Weise zu Gewalt und Skrupellosigkeit ausgewachsen hatten.
    Olearius sah sie an, dann flog sein Blick zwischen Caspar und Christian Rantzau hin und her. Auch er schien zu begreifen.
    Sophie versuchte, flach zu atmen, um nicht verzweifelt aufschreien zu müssen.
    Nach einem Augenblick, in dem sich der Prozess des Begreifens auf Rantzaus Gesicht widerspiegelte, streckte der Ritter seine Hand erneut nach dem Jungen aus. Sein Handschlag glich einer Begrüßung, einem Willkommen, und doch ahnte Sophie, das er mehr war, ein wortloses Signal, das allein ihr galt.
    Sieh an, besagte diese Geste. Ein Balg. Mein Balg. Mein Samen hat dich also niedergerungen. Du hast mich in dir getragen, du hast mich genährt. Du hast mich nicht vergessen können und unter der Geburt hast du geschrien, wie du noch nie zuvor geschrien hast in deinem Leben. Du hast dir gewünscht, ich hätte dich getötet, dort unten am Herkulesbrunnen. Und doch würdest du nun dein Leben geben für meinen Sohn. Du liebst dieses Balg, das sehe ich dir an. Und diese Liebe macht mich stark. Sie ist wie eine offene Wunde, dein schwärender, wunder Punkt, den ich mir zunutze machen werde.
    Was, um Himmels willen, sollte sie tun?
    Sie streckte ihre Hand aus, zog Caspar zu sich, weg von dem Bösen. Sie wollte das Band lösen, das doch unauflösbar war. Aber Ritter Rantzau folgte ihrer Bewegung.
    Er stieß Olearius zur Seite, kam auf sie zu – so nah, dass sie seine Gedanken hören konnte.
    Ein heiseres Flüstern und die Drohung, Caspar zu töten: »Ich will den Sporn – noch heute Nacht, am Brunnen.«
    Er wusste, dass sie alles wusste.
    Und er verlangte den Beweis für seine Verbrechen zurück.

ZEHN
    Alles Weitere ein Ausharren wie in einer Art Entrückung, fern der Welt. Sophie musste den Tag zu Ende bringen – irgendwie. Und was die Nacht brächte, daran mochte sie nicht denken.
    Also beschwor sie Olearius mit tiefen Blicken, nicht über das Geschehene zu sprechen. Sie wusste, dass er sie später mit seinen Beobachtungen und Vermutungen konfrontieren würde, doch noch war er gefangen in seiner Sprachlosigkeit. Er musste das, was er beobachtet hatte, erst einmal selbst verstehen. Vielleicht würde er mit Catharina sprechen?
    Caspars Fragen nach dem Ritter wich sie aus. Rantzaus Erscheinung hatte großen Eindruck auf ihn gemacht, er hatte den Degen bewundert, die blinkenden Stiefel, die herrische Statur.
    Und vielleicht hatte er sogar gespürt, dass es da etwas gab, was ihn mit dem Fremden verband. In der Vergangenheit hatte er nie Fragen nach seinem Vater gestellt, doch Sophie spürte, dass die Zeit des sorglosen Schweigens vorbei wäre. Bald würde sie ihm Antworten geben müssen.
    Sophie war froh, als das Kind im Bett war. Müde und schwer lag sein Kopf in den Kissen und nach einem Gebet und einem Kuss auf die Stirn hatte Caspar die Schwelle zum Traum bereits

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