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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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überschritten.
    Sie saß noch eine Weile an seiner Seite, betrachtete die im Schlaf gerunzelte Stirn, die geröteten Wangen, seinen gleichmäßigen Atem. Er war ihr Liebstes und niemals würde sie sein Leben in Gefahr bringen.
    Dann dachte sie an Christian, an seinen letzten, tiefen Blick, bevor er für immer gegangen war. An seinen Abschied von der Welt und an seine letzten Worte, die ihr Rache aufgetragen hatten. Rache an Ritter Rantzau.
    Ein schweres Erbe. In den vergangenen Jahren hatte sie jeden Gedanken an Christians Auftrag vermieden. Damals hatte sie ihm zwar ihr Wort gegeben, doch nach Caspars Geburt war ihr das Leben kostbarer erschienen als sein Wille, die Toten zu rächen.
    Und, so fragte sie sich, hätte Christian ihr überhaupt dieses Erbe hinterlassen, wenn er von dem Kind gewusst hätte? Zudem war Farid aus ihrem Leben verschwunden und ihr fehlte der Rückhalt, die kaum zu tragende Last zu schultern.
    Seit Ewigkeiten schon ruhte der goldene Sporn an Christians Seite in dessen Grab. Sie hatte ihn dort versteckt, eingehüllt in einen weichen Beutel aus Leder. Gräser und Moos wuchsen darüber. Er war nicht mehr von dieser Welt. Er war aus der Welt und in seltenen Momenten ganz vergessen. Denn wenn sie an manchen Abenden allein an Christians Grab saß, um auf die Gärten und das Wasser der Schlei herabzublicken, konnte sie über das friedliche Bild sogar das Grauen für einen Moment hinter sich lassen.
    Doch nun musste sie sich der Vergangenheit stellen. Sophie küsste Caspar noch einmal auf die Stirn, dann stand sie auf. Sie hatte sich entschieden: Sie würde den Sporn aus seinem Versteck befreien und Ritter Rantzau übergeben. Wenn Rantzau seinen Besitz zurückbekäme, wenn er das Beweisstück nicht mehr fürchten müsste, hatte er keinen Grund mehr, Caspar und ihr selbst nachzustellen. Er wäre frei – und seine Freiheit garantierte Caspars Unversehrtheit.
    Sophie dachte, dass der Sporn ihr Schlüssel zum Glück war. Und sie war bereit, diesen Preis zu zahlen und auf Gottes Gerechtigkeit zu vertrauen. Vor den Schranken des Jüngsten Gerichts würde Er sich Ritter Rantzaus Sünden annehmen.
    Als sie die Treppe hinunter in die Stube kam, die über der Schmiede lag, zog Bösch sie an sich.
    »Was ist mit dir, Sophie?«
    Sie barg den Kopf an seiner Schulter, sog den vertrauten Geruch nach geschmolzenem Metall und Rauch ein, der ihr die Tränen in die Augen trieb.
    »Ich muss noch einmal fort.«
    »Und du willst mir nicht sagen, wohin du jetzt gehst? Es ist schon dunkel in den Gärten.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich bin bald wieder da.«
    »Hat es etwas mit Ritter Rantzau zu tun?«
    Sie sah ihn nicht an, zog ihn nur noch fester an sich.
    »Ich muss etwas beenden.«
    »Ich habe beobachtet, wie er dich angesehen hat. Da war etwas, was mir nicht gefallen hat. Wenn er sich noch einen Moment länger vor dir produziert hätte, ich …«
    Sie legte ihre Hand auf seine Lippen, dann küsste sie ihn.
    »Wirst du je darüber sprechen?«
    »Es ist Geschichte, Bösch. Vergangen.«
    Sie löste sich von ihm und griff nach einer Lampe.
    »Ich bin bald zurück.«

    Der Sporn ruhte fünf Handbreit unter der Erde, im Licht der Lampe glänzte das Erdreich feucht. Auch der Lederbeutel war von Feuchtigkeit durchdrungen, nass und schwer lag er in ihrer Hand. Sophie zögerte kurz, dann knüpfte sie das Band auf und zog den Schmuck hervor. Er war unversehrt, sein goldener Glanz verschlug ihr für einen Moment den Atem.
    Sie drehte den Sporn im Licht. Da war das Rantzau-Wappen, Schild und Büffelhorn, darunter der Name des Schrecklichen: Christian Rantzau. Er war durchtränkt vom Blut der Unschuldigen – die Ochsentreiber, die Händler, schließlich Christian. Nie würde sie vergessen, wie der Bruder den Dorn aus der gewaltigen Wunde hervorgezogen hatte.
    So viel Blut. Wieder hörte sie Christians Stimme: »Rache. Rache für den Tod des Vaters und für all die anderen.« Er hatte dafür gelebt – und er war dafür gestorben. Durfte sie seinen letzten Wunsch wirklich endgültig verraten?
    Noch einmal zögerte sie, wog den Sporn in ihren Händen. Doch die Morde lagen so viele Jahre zurück – die Welt hatte vergessen. Wer würde ihr heute noch Glauben schenken? Sie hatte schon zu lange gezögert, ihr Schweigen hatte Rantzau zu noch mehr Macht und Einfluss verholfen. Selbst Herzog und Kanzler erwiesen dem Reichsgrafen inzwischen alle Ehren.
    Und sie wollte endlich vergessen, endlich abschließen. Sie wollte zu Bösch

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