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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Zeit floss träge dahin, und der rote Wein, den die Diener freigiebig in seinen Becher schenkten, ließ seine Gedanken mit dem Strom der Minuten und Stunden treiben. Müde, satt und schwer räkelte er sich auf seinem Stuhl. Sicherlich würde der Herzog seinen Rittern anbieten, auf dem Schloss zu übernachten. Im Gästetrakt standen jederzeit Suiten und Schlafsäle für Gesandtschaften bereit.
    Auch die übrigen Gäste lagerten erschöpft und lethargisch bei Tisch. Nachdem die Statue enthüllt worden war, hatte das Fest jeden feierlichen Glanz für die Ritter verloren. Die Stimmung war gereizt, denn die Männer hatten die Botschaft sofort verstanden, die ihnen der Herzog mit der Herkulesstatue überbracht hatte.
    »Er verhöhnt unseren Stand«, hatte Rantzau Siegmund Pogwisch während der Zeremonie zugeflüstert. »Ich bin froh, dass wir unseren Bund erneuert haben.«
    Pogwisch hatte grimmig genickt und seine Antwort wie einen Klumpen zähen Speichels zwischen den Zähnen hervorgepresst. »Was werden wir antworten, wenn der Herzog uns um neue Kredite angeht? Für den Garten benötigt er Unsummen und seit der Persischen Reise sind die herzoglichen Kassen leer. Außerdem ist die Kriegsgefahr noch nicht gebannt – was wird, wenn wieder Kämpfe über den Norden hereinbrechen?«
    Rantzau hatte zugestimmt, doch er blickte noch weiter. Ja, bisweilen schien es ihm, als sähe er Zusammenhänge, die den anderen verschlossen blieben. Der Adel würde sich den Bitten des Herzogs kaum verschließen können. Denn ebenso wie Herzog Friedrich vom Geld des begüterten Adels abhängig war, so lechzten die Ritter nach Vorrechten und Ländereien, die der Herzog ihnen gegen Kredite verpfändete.
    Wir finanzieren unseren eigenen Untergang, dachte Christian Rantzau, wir bezahlen für unser Verderben. Niemandem kommt es in den Sinn, die Dinge infrage zu stellen und zu verändern.
    Dabei müssten die Ritter nur einen eigenen, ständischen Finanz- und Verwaltungsapparat aufbauen, um mit der politischen Veränderung des Landes Schritt halten zu können. Stattdessen, so ärgerte er sich, investierten viele Gutsbesitzer ihre Gewinne in den Bau fester Häuser in Kiel und auch in anderen Landesstädten – um dort zu repräsentieren und den Glanz der Höfe nachzuahmen.
    »Rantzau!« Aus dem Meer der tosenden Stimmen schlug ihm der Name seiner Familie entgegen. Offensichtlich waren die Ritter zu dem Schluss gekommen, die Breitenburg sei einst der schönste Herrensitz in den Herzogtümern gewesen.
    Christian Rantzau lächelte wehmütig und hob seinen Becher, um den Männern zuzutrinken. »Auf die Breitenburg«, grölte er – trunken vom Wein und dem Stolz auf seine Familie. »Möge sie sich wieder glanzvoll erheben!«
    Während er den Wein hinunterstürzte, schloss er seine Augen. Der Zustand des alten Familiensitzes war desolat. Die Besatzung und Brandschatzung der Burg durch Wallenstein hatten das Schloss verwüstet, die Ställe und Wirtschaftsgebäude waren sogar vollkommen niedergebrannt worden. Nach dem Durchzug des katholischen Ligaheeres war Rantzau vor etwa zehn Jahren nach Breitenburg zurückgekehrt. Er war damals noch nicht mündig gewesen, aber fest entschlossen und hatte begonnen, die Burg seiner Vorfahren wiederaufzubauen. Doch die Arbeiten zogen sich hin und waren mühsam, denn durch die Plünderung der Bibliothek waren auch alle Pläne und Ansichten der Breitenburg verloren gegangen, und so musste Christian sich vor allem auf seine kindlichen Erinnerungen an den Stammsitz der Rantzaus verlassen.
    Christian öffnete die Augen und ließ seinen Blick durch die Fenster des Pavillons hinaus in den Neuwerk-Garten gleiten. Ihm fiel ein, dass es ihn als Kind immer wieder auf den Aussichtsstand gezogen hatte. Er hatte den Blick geliebt, der sich über das Muster der Beete hinweg in der Landschaft verlor. Der den immer neuen Wellen des Landes bis zum Horizont folgte. Und er mochte den Duft der Kräuter und Pflanzen, der über den Gärten schwebte und seine Sinne berauschte. Wenn das Grün der Wälder in der Ferne an den silbrig-blauen Rand des Himmels stieß, meinte er, für einen Moment die Erhabenheit des Menschen über die Natur zu spüren. Dort oben hatte er sich groß und bedeutsam gefühlt. Erst die Erschütterungen des Krieges und der Tod seines Vaters auf einem der Feldzüge hatte ihm die Verletzlichkeit des Menschengeschlechts vor Augen geführt. Dem hatte er seitdem den Stolz der Familie als schützendes Schild entgegengestellt.
    Der

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