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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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dem Ochsenweg.«
    Herzog Friedrich stöhnte auf. Der Ochsenhandel war durch die neuerlichen Kriegshandlungen ins Stocken geraten und das Treiben der Mörderbande würde den Handel weiter einschränken. Die Zolleinnahmen, die schon seit Jahren schmerzlich sanken, bewegten sich auf die Nulllinie zu.
    Gott im Himmel … Friedrich drehte seinem Kanzler den Rücken zu und trat an eines der Fenster. Wie immer, wenn er seine Gedanken sammeln wollte, betrachtete er seine Gärten durch das Fernrohr. Die Ordnung der Natur half ihm, das Durcheinander in seinem Kopf zu bändigen und seine Gedanken wie Alleebäume in Reih und Glied zu versammeln.
    Doch der Blick über die Schlei hinüber auf das Neue Werk steigerte seine Unruhe noch. Der Neuwerk-Garten war noch immer nicht vollendet, ja, in diesem Jahr würde Hofgärtner Friedrichs vor allem damit beschäftigt sein, die Verwüstungen der Pestzeit zu beseitigen. Die Horde der Gartenjungen, die man während dieser Monate weitgehend sich selbst hatte überlassen müssen, war wie eine biblische Plage über die Gärten gekommen. Der Hunger hatte die Burschen nicht nur die Küchengärten plündern lassen, zuletzt hatten sie jede Pflanze, die halbwegs bekömmlich war, gerodet. Alle Exoten waren eingegangen und die Versuchsgärten mit den essbaren Pflanzen aus Übersee glichen einem wüsten Acker. Alles Federvieh war getötet und verspeist worden, sogar die stolzen Pfauen waren an den Bratenspießen der Burschen geendet. Und in den Wildgehegen fehlte das Rehwild.
    Hofgärtner Friedrichs hatte von einem herben Rückschlag gesprochen und mehrere Zehntausend Taler gefordert, um neue Pflanzensaat und Setzlinge aus dem Ausland beschaffen zu können. Und in seinem Haus saß sein Hofgelehrter Olearius und brütete immer noch über den Plänen für den Riesenglobus.
    Wie viel Geld war bereits in dieses Projekt geflossen und was hatte er von seinem Mathematicus dafür bekommen?
    Der Herzog schloss die Augen. Bei dem letzten Besuch in Olearius’ Reich war sein Arbeitszimmer die Bühne eines Besessenen gewesen. Der Gelehrte schien sich vor allem auf die Erforschung des Kosmos zu kaprizieren. Blätter mit komplizierten Formeln bedeckten die Wände und zwischen den einzelnen Sternenpositionen, die Olearius in seiner Stube berechnet hatte, spannten sich Schnüre, die jeden fassbaren Himmelspunkt miteinander verbanden.
    »Eintausendvierhundertundelf Sterne«, hatte Olearius stolz verkündet, als er ihn nach dem Sinn dieses absurden Spinnennetzes befragt hatte. »Eine astronomische Meisterleistung.« Dann hatte der Gelehrte ihm erklärt, dass die Endpunkte der Fäden die Position aller Sterne, so wie sie der große Claudius Ptolemäus in seinen astronomischen Abhandlungen beschrieben hatte, markierten. In dieses Netz hinein wollte er nun seine Himmelswelt, soweit sie sich ihm nach der Lektüre der neuesten Thesen Galileis und Kopernikus’ darstellte, applizieren. Außerdem plante er, die Gestirne wie auch die Sonne am Himmel auf- und niedergehen zu lassen.
    »Papiere und ein Fadengespinst«, hatte er damals matt geantwortet. Wo waren die Modelle und Konstruktionspläne für den Riesenglobus, die er erwartet hatte? Wo waren die Handwerker, die sich mit der technischen Umsetzung des Wunderwerks befassten? Und wo waren die Pläne für die Friedrichsburg? Noch immer gähnte ein leerer Fleck im Herzen des Neuwerk-Gartens. Ohne Globushaus und Globus bliebe der Garten Stückwerk, etwas Unvollendetes, Gescheitertes – wie so vieles in seinem Leben.
    Und dabei hatte er Olearius bereits Unsummen zukommen lassen. Geld für ein Sternenrohr, für astronomische Instrumente, für Lehrbücher und Karten, für mechanische Uhrwerke und eine Fülle von Himmelsgloben. Das Kabinett des Gelehrten glich inzwischen einer fürstlichen Wunderkammer und nur der Meister selbst schien sich noch durch das kuriose Sammelsurium hindurchzufinden.
    Olearius’ Ehefrau jedenfalls, welcher der Herzog bei seinem Besuch kurz begegnet war, hatte das Arbeitszimmer wohl schon lange nicht mehr betreten. Auf den Globen lag der Staub fingerdick, Spinnweben hingen zwischen den Schnüren und unter der Zimmerdecke und die Mäuse hatten sich durch so manchen Ledereinband gefressen.
    Hatten sich die Gedanken des Mathematicus in den Weiten des Kosmos verirrt? Konnte er noch auf dessen Geisteskräfte vertrauen?
    In seinem Rücken hörte der Herzog ein Räuspern, der Kanzler erinnerte ihn an seine Anwesenheit.
    »Durchlaucht …«
    Er drehte sich

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