Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
Vom Netzwerk:
Immer noch zog er es vor, bei den Tieren zu schlafen, immer noch gab ihm ihre Wärme und ihr Schnauben Sicherheit. Ein grimmiger Vollmond goss seinen kalten Glanz über Eichenwipfeln und Gebäuden aus, ein See aus Eis. Davor die stumme Kulisse des Waldes. Wenn der Wind die Wolken zur Seite schob, war es für einen Moment fast taghell. Weiter vorne, bei den Pferdeställen, sah er Schatten. Ein Pferd schnaubte, Reiter saßen auf, dann verließ der Trupp den Hofplatz der Breitenburg.
    Als die Reiter in seine Richtung schwenkten, drückte Oss sich hinter einen Baum. Obwohl die Gestalten dunkel gekleidet waren und Kapuzenumhänge trugen, meinte er, einen der Reiter zu erkennen. Im Mondlicht blitzte ein goldener Sporn.

    Am frühen Morgen war Oss nicht mehr sicher, ob er geträumt hatte. Waren die dunklen Reiter ein Bild seiner düsteren Albträume gewesen, eine Mahnung, eine Vorahnung gar? Mit einem bitteren Geschmack auf der Zunge und stechenden Schmerzen in den Schläfen erhob er sich aus dem Stroh und taumelte zum Wassertrog. Das kalte Wasser half ihm nicht, seine Gedanken zu ordnen. Mit wirrem Kopf schleppte er sich hinüber in das Gesindehaus, wo die lauwarme Morgensuppe wartete.
    Die Suppe war dünn, das Geräusch der in den Schüsseln schabenden Löffel verstärkte die Schmerzen in seinem Kopf. Stöhnend löffelte Oss seine Suppe, um das flaue Gefühl in seinem Magen zu besänftigen.
    »Hast du gehört?«
    Sein Tischnachbar stieß ihn an. Unwirsch schüttelte er den Kopf, er wollte nicht sprechen.
    »Es soll wieder einen Überfall gegeben haben, draußen am Ochsenweg. Die Wachen berichten davon.«
    Er nickte und schlürfte seine Suppe. Das Leben der durchziehenden Händler war schon immer gefährlich gewesen, doch noch nie hatte es so viele brutale Angriffe auf Reisende gegeben. Fast fünfzig Tote zählte man seit dem letzten Sommer auf dem Weg in den Süden. Und immer waren die Kaufleute in Vollmondnächten überfallen worden.
    Plötzlich explodierte etwas in seinem Kopf. Oss stöhnte auf, er ließ den Löffel fallen. Der andere sah ihn fragend von der Seite an.
    »Diese Nacht?«
    Sein Nachbar nickte, offenbar wusste er nicht mehr zu berichten. »Die Vollmondbande.«
    In seinem Kopf fügten sich die Beobachtungen der vergangenen Nacht zu einem vagen Bild zusammen. Er sah die Männer vor sich, ihre verhüllten Gesichter. Und den blitzenden Sporn.
    Ritter Rantzau und seine Schergen! War Christian Rantzau der Kopf der gefürchteten Mörderbande? Und waren Ossen-Schröder und die Treiber die ersten Opfer in einer Reihe grausamer Morde gewesen?
    Etwas Ekliges, Zähes steckte in seinem Hals fest. Oss musste würgen. Er sprang auf und stürzte hinaus. Frische Luft! Er brauchte Luft, um nachdenken zu können.
    Später, als er den schweren, von Ochsen gezogenen Pflug durch die schwarze Erde lenkte, um den Boden zu lockern, war er immer noch nicht sicher, ob er die dunklen Reiter wirklich gesehen hatte oder ob seine Sinne nicht durch den Rum und seinen Hass auf Ritter Rantzau getrübt gewesen waren. Wieder und wieder versuchte er, sich das nächtliche Bild vor Augen zu rufen. Und während sich die eisernen Pflugscharen durch den Boden fraßen und altes Wurzelwerk zerstörten, um den Acker auf die Aussaat vorzubereiten, marterte ihn der Zweifel.
    »Ich darf nicht mehr trinken«, schwor er sich bei jeder neuen Furche, die er mit dem Gespann auf dem Feld zog. »Ich muss einen wachen Kopf behalten. Ich muss klare Gedanken fassen können.«
    Die Erdschollen, glänzend feucht und duftend, waren wie ein Versprechen auf eine bessere Zukunft und auf das Gelingen seines Plans. Und als er plötzlich, an einer Ecke des Feldes zwischen Wurzeln, auf einen Tonkrug stieß, wunderte Oss sich nicht, dass er darin eine Handvoll Silbermünzen fand. Gott, so dachte er, hatte sich seiner erinnert und ihm mit diesem vor langer Zeit versteckten Schatz ein Zeichen geschickt.

ELF
    Kanzler Kielmann hatte Wort gehalten. Zufrieden blickte Christian Rantzau auf das Schreiben in seinen Händen. Die Urkunde war mit dem herzoglichen Siegel geschmückt. Wie ein riesiger, blutiger Fingerabdruck prangte das glänzende Siegelwachs mit dem prunkvollen Wappen auf dem Pergament.
    »Ernennen Wir Euch zum herzoglichen Sonderermittler …«, murmelte Rantzau halblaut und das herzogliche Vertrauen erfüllte ihn mit trotziger Genugtuung. Während er den Text las, strichen seine Finger zärtlich über die schwarze Tinte. Wieder und wieder fuhr sein Blick über das

Weitere Kostenlose Bücher