Der Sternengott
ich sie Julie nannte , dachte er. Und er fragte sich nach dem Grund.
*
Gann zitterte, als er den endlosen Reihen von Kantinentischen folgte. Aber er zitterte nicht vor Angst, sondern vor Erschöpfung.
Je mehr die Müdigkeit von ihm Besitz ergriff, je mehr sein Widerstand geschwächt wurde, desto öfter mußte er an jenen unglaublichen Augenblick der Ekstase denken, den ihm die Maschine gegeben hatte, ehe sie verrückt wurde. Die Sehnsucht war beinahe physisch spürbar. Er konnte verstehen, daß Schwester Delta Vier diesem Verlangen erlegen war. Sie mußte noch viel mehr leiden als er. Vielleicht wirkte sie auch aus diesem Grunde derart erschöpft. Und Quarla Snow ... Das Mädchen war krank! Der goldene Schimmer hatte den Tod bedeutet für Colonel Zafar und die drei Männer der Merkurstation ... den Tod oder etwas noch Unsäglicheres.
Er zwang sich, nicht mehr an die beiden Mädchen zu denken, sondern sich auf sein Ziel zu konzentrieren. Es war jetzt lebenswichtig, den General zu finden. Gann ärgerte sich, daß er dieses Problem nicht vorhergesehen hatte. Und doch hätte er sehr wenig tun können. Wenn er sich dem General in den Weg gestellt hätte, wäre da immer noch die Tatsache gewesen, daß allein Wheeler eine Waffe besaß. Nicht, daß der General sie benötigt hätte, soweit es um Boysie Gann ging. Er durfte nicht vergessen, daß er noch immer den Sicherheitskragen trug.
Geistesabwesend berührte er das gefährliche Metallband, das er fast vergessen hatte.
Freiheit ... eine Welt ohne Kragen ... eine Welt, wo die Menschen wie Menschen lebten und nicht als Zahnräder einer Maschine.
Durch irgend etwas aufgeschreckt, zog er die Hand zurück.
Er wanderte bereits seit Minuten zwischen diesen Tischen umher. Was war mit ihm los? Warum konnte er sich nicht auf die wichtigen Dinge konzentrieren?
Vielleicht die Müdigkeit, überlegte er. Oder der Hunger. Er blickte sich um. Er war noch immer im Freizeitraum C. Doch es floß kein Wasser, als er die Hähne am Spülbecken ausprobierte. Auch die Schränke waren eine Enttäuschung. Kleine Schilder wiesen auf die Nahrungsmittel hin, die hier gelagert gewesen waren, doch alles war leer.
Das durfte ihn jetzt nicht kümmern. Boysie Gann verdrängte den Gedanken an Nahrung aus seinem Gehirn und nahm die Suche wieder auf.
Die Freizeiträume B und A waren nicht weniger unergiebig. In diesem Stockwerk gab es nichts mehr zu untersuchen.
Im nächsten Stockwerk lagen die Mannschaftsräume, die ebenfalls verlassen waren. Zweifellos waren Quarla oder Schwester Delta Vier hier am Werk gewesen, also begab sich Gann in das nächste Stockwerk. Das seltsame Summen wurde bereits lauter, doch er konnte es sich nicht erklären.
Dann stand er schließlich vor einer Reihe verschlossener Türen, die mit einem großen Schild gekennzeichnet waren: NUR FÜR MASCHINENPERSONAL.
Das Summen, das er bisher gehört hatte, ertönte hinter diesen Türen. Offensichtlich hatte er das verlorene zweite Maschinengehirn gefunden, das noch immer zu funktionieren schien.
Oder bereits wieder funktionierte? War General Wheeler schon an der Arbeit? Womit beschäftigte er sich im Augenblick?
Boysie Gann hämmerte gegen die Tür. »Machen Sie auf! Lassen Sie mich ein!«
Doch es war nur das leise, stetige Summen zu hören.
»Öffnen Sie!« rief er. »Ich weiß, daß Sie da drinnen sind, General Wheeler!«
In seinen Ohren explodierte plötzlich ein lautes Lachen. »O nein, Major Gann!« dröhnte die Stimme des Planers.
Gann wirbelte herum. Der Planer hier?
Doch es war niemand zu sehen.
»Sie können ebensogut wieder verschwinden, Boysie«, sagte die Stimme M'Bunas. »Sie verschwenden hier nur Ihre Zeit.«
Gann erstarrte. Aber Technikadett M'Buna war doch tot! Und auch der Planer lebte nicht mehr, fiel ihm plötzlich ein; General Wheeler hatte ihn erschossen.
»Wer ist da?« rief er.
Der schrille Schrei eines Mädchens antwortete: »Boysie! Boysie Gann, wo sind Sie?«
Es war Quarlas Stimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien. Gann fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Er schwitzte.
Er berührte seine Kontaktplatte, und der alte Schmerz stieg wieder in ihm hoch. Er dachte an den Augenblick unendlicher Freude – an seine Sehnsucht nach einer Wiederholung dieses Erlebnisses.
Er unterdrückte den Gedanken, doch das fiel ihm nicht leicht. Was geschah mit ihm? Wurde er wahnsinnig?
Mit leerem Blick starrte er auf die unberührten, unüberwindlichen Türen. All das schien so schwierig zu
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