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Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Titel: Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Teil des Palasts, in
dem Axis sich auskannte. Wie oft war er früher über
diesen Flur geschritten, weil der König ihn in den Mondsaal bestellt hatte? Und wie oft war er nicht an der Spitze
einer Gruppe, sondern drei Schritte hinter dem Bruderführer Jayme gegangen, wenn dieser irgend etwas mit
Seiner Majestät zu bereden hatte. Zur Rechten des Kirchenfürsten hatte er dann gestanden, um anzuzeigen, daß
er der Schwertarm des Seneschalls war. An diesem Tag
nun kehrte der Krieger an diesen Ort zurück, um die Prophezeiung zu erfüllen. Und wenn er die Klinge mit Bornheld kreuzte, kämpfte er nicht nur gegen seinen Bruder,
sondern auch gegen die Macht des Seneschalls.
»Halt!« gebot er den anderen plötzlich und streckte einen Arm aus, um sie zurückzuhalten. Sie blieben hinter
ihm stehen und konnten nun in einen weiten und langen
Gang hineinblicken, an dessen Ende doppelte Flügeltüren
offenstanden. Dahinter lag ein Saal, der nur vom zuckenden Licht der Fackeln erleuchtet wurde.
»Der Mondsaal«, flüsterte Jack und stellte sich neben
    Axis. »Ich spüre Yr. Sie muß sich dort aufhalten.«
»Und Faraday«, sagte der Krieger erleichtert. Er fühlte
ihre magische Macht. »Und Faraday.«
Er drehte sich zu den anderen um und lächelte, so als
würde er zum ersten Mal gewahr, was für ein bunter
Haufen ihn da begleitete. Wächter, Rabenbunder, Edle,
eine Prinzessin, ein Waffenkamerad, sein Vater und seine
Schwester.
»So laßt uns denn nun voranschreiten, um den letzten
Streich für Tencendor zu tun!« forderte er sie leise auf.
»Kommt mit mir, auf daß wir auch dieses Kapitel zu
Ende bringen!«
    Als der Krieger den Mondsaal betrat, hüpfte der Adler
auf seinem Arm nervös von einem Bein aufs andere. Der
Fackelschein hob Axis’ goldenes Langhemd und Haar
hervor. Alle, die ihn sahen, waren geblendet und schauderten. Einige vor Staunen, andere vor Furcht und eine
vor Liebe.
    Er hat sich so verändert, dachte Faraday, wirkt so viel
machtvoller, seit ich ihn zum letzten Mal in dieser Halle
erblickt habe. Sie erhob sich langsam, als der Krieger
durch den Saal schaute und sein Blick schließlich auf sie
fiel. Er schreitet einher wie ein goldener Gott, und mein
hilfloses Herz liegt ihm immer noch zu Füßen wie in
jener Nacht, als mein Auge ihn zum ersten Mal erblickte.
Ihr Blick wanderte über seine goldene Tunika mit der
blutroten Sonne. Und ihr schauderte abermals.
    Eine blutrote Sonne auf einem goldenen Feld … Sie wollte sich an den Hals greifen, als die Vision sie
wieder zu überkommen drohte. Doch die Königin gewann ihre Fassung wieder zurück, ließ die Hand sinken
und blickte ihm ruhig entgegen.
Der Krieger blieb einen Augenblick stehen, überflog mit
den Augen die versammelte Schar und sah schließlich Faraday an, die schön und stolz vor der Empore stand. Bornheld saß reglos hinter ihr auf dem Thron. Mit einer
blitzschnellen Bewegung, die alle im Saal erschrocken
aufkeuchen ließ, schickte Axis seinen Adler in die Luft. Die
Blicke folgten dem silberweißen Vogel, als er immer höher
stieg und sich schließlich auf einem Sims niederließ.
Faraday starrte den Adler an. Federn?
Gefieder … Sie fühlte sich, als müsse sie an Federn
ersticken…
Die Königin seufzte und senkte den Blick.
Aller Augen richteten sich nun auf den goldenen
Mann, der mittlerweile die Mitte des Saals erreicht hatte
und dort stehengeblieben war.
»Die Verräter«, ließ Bornheld sich nun zum ersten
Mal vernehmen. Er sprach ruhig und höflich, als wolle er
seinen Gästen die Neuankömmlinge vorstellen. »Da
kommen sie, Jayme. Nicht einer fehlt. Und ihren Verrat
tragen sie offen vor sich her, auf daß jedermann ihn sehen und begutachten kann.«
Der Kirchenfürst stand ein paar Schritte hinter dem
Thron, schien sich dort in den Schatten wohler zu fühlen.
Er wirkte grau und abgemagert, und ein ständiges Zucken der linken Wange verlieh ihm einen leichten Anflug
von Irrsinn.
Die Blicke der beiden Männer trafen sich. Wenn Jayme vielleicht noch die leise Hoffnung gehegt hatte, sein
früherer Ziehsohn könne noch so etwas wie Zuneigung
zu ihm empfinden, so sah er sich darin nun gründlich
getäuscht. Der ehemalige Axtherr brachte nur noch unverhohlenen Haß und Abscheu für ihn auf.
Jayme starrte so gebannt auf den Goldenen, daß er
Rivkah gar nicht bemerkte, die hinter ihrem Sohn in die
Halle getreten war. Zum ersten Mal seit vierunddreißig
Jahren kehrte die Prinzessin an die Stätte ihrer Jugend

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