Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Titel: Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
Vom Netzwerk:
vom Weg ab, und es
gehört zu den Pflichten eines Ritters, seine Dame auf den
rechten Pfad zurückzuführen.«
»Ihr tut mir leid, Timozel, und ich gräme mich um
Euch«, entgegnete die Edle. »Es tut mir leid um den
Jüngling mit dem zerzausten Haar und den lebenslustigen
Augen, den ich in der Ebene von Tare kennenlernte. Wohin ist er entschwunden? Was ist mit Euch geschehen?
Warum erlebe ich Euch nur noch als unzugänglichen,
finsteren und grüblerischen Mann, Timozel? Ihr seid kein
Ritter des Lichts mehr, sondern einer der Finsternis. Von
nun an sollt Ihr wandeln durch fremde Grenzwelten, bis
Ihr jede Richtung und Eure Seele verloren habt.« Ein
Schleier hatte sich vor Faradays Augen gelegt. Sie wirkte, als spräche sie im Traum, im Singsang einer Seherin.
»Ich bin fertig mit Euch, Timozel. Wenn Ihr jemals
den Weg zurück ins Licht finden solltet, dann kehrt zu
mir zurück. Denn ich würde mich sehr freuen, den
Freund wiederzugewinnen, den ich verloren habe. Und
so wie dieses Gefäß zerbricht«, fügte sie leise und langsam hinzu, »so zerreißt auch das Band, das uns bislang
miteinander verbunden hat.«
Sie ließ das Gefäß fallen, und der Jüngling sprang hinzu, um es aufzufangen. Fast wäre es ihm gelungen, aber
nur fast. Seine Fingerspitzen berührten es für den Bruchteil einer Sekunde, dann zerschmetterte die Schale auf
dem Boden und zerbrach in tausend Stücke.
»NEIN! « heulte Timozel, und Axis wie auch Faraday
wichen vor diesem Laut unendlicher Verzweiflung zurück.
»So löst sich das Band zwischen uns, Timozel. Ihr seid
nicht länger mein Ritter. Und nun geht mir aus den Augen.«
    In seiner Eisfestung im hohen Norden hielt Gorgrael sein
Gesicht in den Wind und schrie seine übergroße Freude
hinaus. Der Jüngling war sein, sein, sein!
Finsternis drang in den Raum und drohte, Timozel zu
überwältigen. Als das Gefäß am Boden zerbrach, da zerbrach auch er. Von dem freundlichen Jüngling, der er
einmal gewesen war, war nichts mehr übrig. Niemanden
bekümmerte dieser Verlust mehr als Timozel selbst. Und
niemand haßte den Mann, zu dem er geworden war,
grimmiger als er.
    Seine Seele verfinsterte sich immer mehr, und er
konnte nichts dagegen tun. Fremde Gedanken drangen in
sein Bewußtsein und schoben seine eigenen fort, bis er
vor Verzweiflung wie ein Tier heulte. Erinnerungen, die
nicht die seinen waren, überschwemmten ihn. Früher,
sehr viel früher hatte der Jüngling, ach, wie lange war das
her, die Augen aufgeschlagen und sich am Rand eines
Brunnens wiedergefunden. Aus dem Schacht drang das
Schreien des kleinen Mädchens, das er dort hineingeworfen hatte, um es zu ertränken.
    Die Tat wie auch das Schreien hatte ihn für kurze Zeit
in den Wahnsinn getrieben.
Was war nur aus ihm geworden?
Welche Kräfte nisteten sich in ihm ein?
Nun, als er den Kopf hob und Faraday mit tränenüberströmtem Gesicht ein letztes Mal ansah, begriff er,
daß alle Fragen ein Ende gefunden hatten. Sie hatte den
Eid aufgehoben, der ihn an sie gebunden hatte. Damit
mußte er sich seinem neuen Herrn unterwerfen –
Gorgrael.
»Und nun geht mir aus den Augen«, hörte er sie sagen,
und wie um den Ernst ihrer Worte zu unterstreichen,
entfernte sie sich ein Stück von ihm.
Der Jüngling stand da und starrte die Edle an, die sich
jetzt wieder den Umhang am Hals zuhielt, um ihre Blöße
zu verbergen. Sollte er sie denn wirklich schlecht behandelt haben? Er hatte doch nur getan, was ihm richtig und
wichtig erschien.
»Tut mir leid«, murmelte Timozel und wußte nicht,
wem diese Entschuldigung galt. Faraday, Axis oder allen
beiden.
»Verzeiht.« Er drehte sich um, verließ die Kammer
und schloß leise die Tür hinter sich.
Der Jüngling lief über den Burghof, bestieg das erstbeste gesattelte Roß, das er fand, und ritt aus dem Palast
durch Karlon. Immer noch liefen ihm Tränen über die
Wangen.
Jeder, der ihm begegnete, machte ihm bereitwillig
Platz.
Sobald er die Hauptstadt hinter sich gelassen hatte,
wandte er sich nach Norden. Der Zerstörer hatte ihn bereits in seinen Klauen und zerrte an ihm.
Axis und Faraday sollten Timozel sehr, sehr lange Zeit
nicht mehr Wiedersehen. 28 T ENCENDOR AN DEN
G
ESTADEN
DES
G
RALSEES
     
    Acht Tage nach dem Tod Bornhelds rief Axis in einer
großartigen und berührenden Feierstunde am Ufer des
Gralsees Tencendor aus. Eigentlich wollte er das schon
früher getan haben, hatte aber dabei wohl unterschätzt,
wieviel Zeit alle brauchten, um sich von

Weitere Kostenlose Bücher