Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
da, lauschte dem Prasseln des Feuers und kraulte gelegentlich einem Alaunt den Kopf.
Isgriff machte Aschure artige Komplimente über ihr
Aussehen, bis sein Blick auf ihren vorgewölbten Bauch
fiel. »Wenn Ihr etwas braucht, Aschure, ganz gleich was,
dann zögert nicht, mich darum zu bitten«, erklärte er und
reichte ihr seinen Arm. »Axis muß ein zehnfacher Narr
sein, daß er Euch nicht längst gefreit hat.«
»Faraday ist eben eine sehr mächtige und magische
Frau«, begann Aschure, aber der Baron legte ihr die
Hände auf die Schultern und schüttelte sie. »Niemand
kann sich mit Euch vergleichen, Aschure! Der Krieger
wird seine Seele verlieren, wenn er Euch leichtfertig
gehen läßt.«
Solche Worte hatte sie von Isgriff nicht erwartet und
sah ihn so lange verwirrt an, bis er ein heiteres Lächeln
aufsetzte und ihr sanft die Wange tätschelte.
»Kommt nun, liebliche Herrin«, forderte er sie frohgemut auf, »große Dinge kündigen sich vor dem Narrenturm an.«
Ein zwanzigminütiger Fußmarsch erwartete sie, und
Aschure bewegte sich mit ihrem Sohn auf dem Arm
langsam durch die Menge. Isgriff wich nicht von ihrer
Seite. Axis hatte für die beiden Sitzplätze ganz vorne
reservieren lassen. Die Bürger freuten und verneigten
sich, als das Paar an ihnen vorüberkam. Beiden sah man
an, daß sie hochstehende Persönlichkeiten waren, und der
kleine Knabe im Arm der Dame strahlte eine solche Aura
künftiger Größe aus, daß die Menschen nur noch staunen
konnten.
Am Fuß des Turms war ein Podium aufgebaut, und im
Halbrund waren Sitzgelegenheiten davor aufgestellt worden. Belial, Kassna, Magariz und Rivkah hatten sich
bereits dort eingefunden und erhoben sich jetzt, um Aschure und Isgriff zu begrüßen.
»Ihr seht wirklich großartig aus«, flüsterte Axis’ Mutter ihr ins Ohr.
»Ich sehe eher ziemlich schwanger aus«, entgegnete
sie auf die gleiche Weise.
Belial küßte sie auf die Wange und bemerkte ebenfalls, daß sie schwanger war. Er sagte zwar nichts, aber
der bekümmerte Blick seiner Augen sprach Bände.
Als nächste erschienen Ho’Demi und seine Gemahlin
Sa’Kuja. Beide trugen schneeweiße Eisbärfelle, deren
Spitzen sie hellblau gefärbt hatten. Das Haar hatten sie
sich frisch geflochten und eingefettet und der Bedeutung
des Tages entsprechend, mit noch mehr blauen und grünen Stückchen Glas und hellglänzenden Messingglöckchen verziert. Man konnte meinen, daß sie jede freie
Stelle am Kopf mit solchem Schmuck versehen hätten.
Im Verein mit den blautätowierten Gesichtern und der
roten Sonne mitten auf der Stirn wirkten sie herrlich wild
und staunenswert. Sie küßten ihre Freunde und Gefährten
überschwenglich, denn alle Rabenbunder hatten sich
schon seit sehr langer Zeit auf diesen Tag gefreut.
Die Wächter, nun zu fünft und komplett, hatten links
von der Empore Platz genommen. Jack saß natürlich
neben Zecherach. Obwohl die beiden einander nie berührten, brauchte man sie nur anzusehen, um zu wissen,
daß zwischen ihnen eine tiefere Bindung bestand als zu
den anderen Wächtern.
»Meine Freunde!« rief eine Stimme von oben, und
schon landete Sternenströmer vor ihnen im Gras. Mit ihm
kamen Abendlied, Freierfall und Weitsicht aus den Lüften herab. Aschure hatte natürlich erfahren, auf welch
wundersame Weise der ikarische Jüngling aus dem Reich
der Toten zurückgekehrt und mitten im Mondsaal aufgetaucht war. Abendlied hatte Freierfall eines Abends zu
ihr mitgebracht und ihn ihr schüchtern, aber offensichtlich glücklich vorgestellt. Aschure hatte die Gesellschaft
des jungen Paars als sehr angenehm empfunden. Der
Vogeljüngling redete zwar nicht viel, aber was er zu
sagen hatte, klang oft amüsant. Von ihm ging eine Aura
von solch berückender Schönheit aus, daß die meisten
Achariten und auch Ikarier seine Nähe suchten, und sei
es auch nur, um ihn im Stillen zu bewundern. Aschure
war da keine Ausnahme gewesen.
Nachdem Freierfall Tod und Wiedergeburt erlebt hatte, wirkte er jetzt noch geheimnisvoller als jeder andere
Ikarier. Von diesem Volk ging ja ohnehin etwas Mystisches aus. Er erinnerte sich an nichts mehr aus seiner Zeit
in der Halle der Toten, außer daran, als Schneeadler
durch die Lüfte geflogen zu sein. Und Axis weigerte sich
beharrlich, etwas von den Erlebnissen und Mysterien in
der Unterwelt preiszugeben, obwohl ihnen doch offensichtlich das Wiederauftauchen von Freierfall und Zecherach zu verdanken war.
Rabenhorst, der immer noch im
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