Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
Richtung an, und er versteht es, sie immer wieder
aufs Neue zu ermutigen. Allein sind sie nicht in der Lage,
einen geordneten Angriff durchzuführen.«
Der Oberste Befehlshaber klopfte nachdenklich mit
einem Finger auf die Karte. »Ich glaube nicht, daß der
Zerstörer wirklich vorhat, hier durchzubrechen. Er will
uns hier nur ablenken …«
»… während er den Hauptangriff gegen Jervois richtet«, ergänzte Belial.
»Richtig«, nickte Axis. »Bis jetzt ist es ihm jedenfalls
gelungen, unsere Kräfte hier zu binden. Wenn wir so
fortfahren wie bisher, sitzen wir hier noch wochenlang
fest und bringen dieser Streitmacht mal kleinere und mal
größere Verluste bei.« Er warf noch einen prüfenden
Blick auf die Karte. »Ich wette, Gorgrael hat sich seine
besonderen Überraschungen für Jervois aufgehoben. Und
um sie möglichst durchschlagend und ungestört einsetzen
zu können, kommt es ihm sehr gelegen, wenn ich und die
Luftarmada unsere Zeit damit verschwenden, hier in der
Ebene Skrälinge zu jagen.« Axis sah seinen Leutnant
nachdenklich an und überlegte. »Ihr habt eine sehr gute
Lageeinschätzung abgegeben. Dieser listige Skräbold
stellt den Schlüssel zu einem raschen und entscheidenden
Sieg dar. Können wir ihn ausschalten, bricht hier die
Front der Kreaturen zusammen.«
Der Krieger wandte sich jetzt an alle drei Kommandanten. »Haben wir irgend etwas darüber herausfinden
können, wo der Skräbold nächtens sein garstiges Haupt
zur Ruhe bettet? Oder von welchem Feldherrenhügel aus
er seine Scharen in die Schlacht schickt?«
Weitsicht zeigte auf die Karte und deutete auf einen
Punkt. »Dieser Höhenzug hier liegt recht abgeschieden,
und von ihm aus hat man einen hervorragenden Überblick auf das gesamte Gebiet, in dem während der letzten
Zeit gekämpft wurde. Wenn der Skräbold wirklich ein
solch kluger Stratege ist, wird er sein Hauptquartier dort
irgendwo aufgeschlagen haben. Soll ich ein paar Aufklärer in das Gebiet schicken?«
Axis schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, ich habe
da eine bessere Idee.«
Der Adler schwebte über dem weiten Land, und seine
scharfen schwarzen Augen suchten den Boden ab.
Derweil hatte sich der Krieger ganz allein in die Ebene
zurückgezogen. Der kalte Wind blies ihm ins Gesicht. Er
konzentrierte sich ganz auf den Raubvogel und sah durch
dessen Augen. Den harten Boden und die Steinchen, auf
denen er saß, spürte er nicht, dafür aber den Luftzug bei
jedem Flügelschlag. Nach Westen, steuerte er den Adler,
und der Vogel drehte in Richtung Urqharthügel ab.
Schon seit Wochen beobachtete das Tier die Kreatur.
Sie erschien ihm ausgesprochen häßlich, noch abstoßender als die Aasgeier. Ein ledriges, echsenartiges Wesen
mit großen silbernen Augen und scharfen, langen Krallen. Obwohl es ebenfalls Flügel besaß und damit fliegen
konnte und auch über einen Schnabel verfügte, spürte der
Adler doch keinerlei Wesensverwandtschaft mit ihm. Die
Kreatur stieg ebenso wie er in die Lüfte auf, genoß das
Fliegen aber nicht.
Aber der Krieger wollte erfahren, wo das Wesen sich
aufhielt, und so übernahm der Vogel die Aufgabe, ihn zu
dem Skräbold zu führen.
Gorgraels Offizier steckte tatsächlich in dem von Weitsicht als Aufenthalt vermuteten Höhenzug und hatte sich
dort gerade auf einem vorspringenden Fels niedergelassen. Die ledernen Schwingen bedeckten seinen Körper
vom Schnabel an abwärts. Einem zufälligen Blick oder
sogar einem suchenden Menschenauge mußte er bloß als
weiterer grauer Brocken inmitten der Felsmassen erscheinen. Nichts an ihm bewegte sich. Nur die silbernen
Augen drehten sich in diese oder jene Richtung, während
er die weite Ebene unter sich überblickte.
Der Skräbold war mit seinen bisherigen Erfolgen
durchaus zufrieden. Gorgrael hatte ihn mit dem Befehl in
die Wildhundebene geschickt, Axis so beschäftigt wie
möglich zu halten. Je weniger Unterstützung Bornheld
bei Jervois unterhielt, desto vorteilhafter für den großen
Plan. Dem Skräbold unterstanden einige tausend Geister,
und er hatte schnell begriffen, daß es besser war, sie in
punktuellen Angriffen einzusetzen, als sie über die ganze
Breite der Ebene in einer Front anstürmen zu lassen.
Wenn die verwünschten ikarischen Flieger nicht eingegriffen hätten, wäre ihm bestimmt auch längst der
Durchbruch zum Nordra gelungen. Aber diese Luftkämpfer waren stets zur Stelle, wenn der Offizier seine Soldaten irgendwo zum Angriff sammelte oder an einer
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