Der Sternenwald
Eis und Gestein über der Sonne auftauchte, schien er genau auf Isperos zu zielen.
Die Crew löste sofort einen Alarm aus, der Kotto in seinem Quartier weckte, wo er sich zu einem Nickerchen hingelegt hatte. Schwitzend – er schwitzte immer in der Saunahitze der unterirdischen Räume – eilte er zum Kontrollraum. Die dort arbeitenden Männer und Frauen hatten bereits den Kurs des Kometen berechnet.
»Wir haben die Berechnungen dreimal überprüft, Kotto«, sagte einer der besten Himmelsmechaniker und wischte sich Schweiß von der Stirn. »Das Ding kommt uns verdammt nahe, aber es wird uns nicht treffen. Wahrscheinlich müssen wir den Leuten draußen sagen, dass sie den Kopf einziehen sollen, wenn der Komet vorbeifliegt.«
»So nahe?«, fragte Kotto. Er war fasziniert, nicht besorgt. Noch.
»Die Berechnungen sind bis auf sieben Stellen nach dem Komma genau. Es dürfte ein ziemliches Spektakel werden.«
Fünf Tage später näherte sich der kosmische Schneeball. Die Hitze der nahen Sonne ließ Eis explosionsartig verdampfen und die plötzlichen Gasfontänen änderten immer wieder die Bewegungsrichtung des Kometen – genaue Berechnungen waren unter diesen Umständen nicht mehr möglich.
Als der verdunstende Berg über die Nachtseite von Isperos glitt, weit von den Industrieanlagen entfernt, beobachteten Kotto und seine Leute Koma und Schweif des Kometen. Ein solches Schauspiel sahen sie zum ersten Mal und nur Roamer wagten es, sich während eines derartigen Ereignisses an einem so gefährlichen Ort aufzuhalten. Die Feiglinge von der Großen Gans hätten sich bestimmt längst aus dem Staub gemacht. Kotto lächelte und fertigte zahlreiche Aufnahmen an, die er später seiner alten Mutter in Rendezvous zeigen wollte…
Zwar flog der Komet tatsächlich an Isperos vorbei und kam dem Planeten nicht einmal nahe genug, um Gestein herabregnen zu lassen, aber sein Gravitationsfeld wirkte sich aus und führte zu Verformungen in der Kruste.
Kotto spürte das Zittern, die Vibrationen in den Tunneln. Die Erschütterungen waren nicht stark genug, um die Isolierungen aus Polymeren und Keramik zu beschädigen – der kleinste Riss hätte enorme Hitze ins Habitat eindringen lassen.
»Nehmen Sie eine gründliche Analyse und Sicherheitskontrolle aller Verbindungsstellungen in den Tunneln vor. Wir müssen ganz sicher sein, dass…« Kotto unterbrach sich und riss die Augen auf. »Das Katapult! Deaktivieren Sie es!«
Das Katapult auf der Oberfläche war fast einen Kilometer lang und genau ausgerichtet. Seine Betriebsenergie bezog es von hochenergetischen Kapazitoren und es feuerte Behälter mit Metallbarren ins All, wo sie an bestimmten Stellen von Frachtern aufgenommen wurden. Mit maximaler Leistung konnte das Katapult alle zwei Sekunden ein Container-Projektil in den Weltraum schleudern.
Die seismischen Erschütterungen veränderten die Ausrichtung des tausend Meter langen Katapults um zehn Zentimeter – eine winzige Krümmung, mehr nicht.
Ein mit Metallbarren gefüllter Behälter nach dem anderen raste über die Schienen und wurde magnetodynamisch auf Fluchtgeschwindigkeit beschleunigt. Die Vibrationen im Boden griffen auf das Katapult über und dadurch wurde es instabil.
Kotto wusste, dass sie das Katapult nicht schnell genug stilllegen konnten. Er stöhnte, als er über die möglichen Folgen nachdachte und sich das Schlimmste ausmalte.
Ganz langsam verbogen sich die Schienen. Die Reibung nahm zu. Alle zwei Sekunden sprang ein Container aus der Ladevorrichtung aufs Katapult und raste davon, während das Problem immer größer wurde.
Nach weniger als einer halben Minute kam es zur Katastrophe.
Ein Behälter kratzte über die Schienen und riss dabei mehrere Kapazitoren fort. Der nächste Behälter prallte auf den ersten, dann der dritte auf den zweiten – das ganze System fiel aus.
Kotto wartete nicht ab, um das Ende der fatalen Kollisionen zu beobachten. Er lief durch die Tunnel, kletterte Leitern hoch und erreichte kurze Zeit später den Raum mit den Schutzanzügen. Er hatte alles in die Anlagen auf Isperos investiert. Keuchend streifte er einen der silbrigen, reflektierenden Anzüge über, versiegelte die thermischen Handschuhe und den Helm. Hinter seiner Stirn herrschte ein Durcheinander aus panischen Gedanken und er hoffte, dass sich niemand vor dem Katapult befand, in der Schusslinie.
Als er schon mit einem Bein in der Luftschleuse stand, zögerte er, wich zwei Schritte zurück und überprüfte alle Systeme des
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