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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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lediglich ein Paar ausgebeulter, verblichener blauer Shorts. Seine Haut war tiefbraun und sein Schädel kahl. In einem geschwärzten Kessel auf einem aus Treibholz errichteten Feuer kochte Tee, und er goss das dunkle, starke Gebräu in zwei angeschlagene Becher.
    »Du bist hierhergelaufen«, sagte er. »Heißt das, dass du dich von deiner Reise wieder ganz erholt hast?«
    »Vollkommen«, sagte Sri. Und obwohl ihr die Beine und der Rücken wehtaten, fühlte sie sich gesund, stark und wach. Sie war mit Sunblocker eingeschmiert und trug einen eng
anliegenden Overall aus Mikroporengewebe und einen breitkrempigen Hut.
    »Und Alder?«
    »Er hat sich gut geschlagen. Ich bin stolz auf ihn.« Sri erzählte dem alten Mann, wie Alder das Vertrauen der jungen Wissenschaftler gewonnen und Avernus’ geheimen Garten entdeckt hatte. »Ich hätte mit ihr Kontakt aufnehmen können, wäre der Vorfall bei der Eröffnungszeremonie nicht gewesen. Und wäre ich nicht von Europa zurückgerufen worden. Ich war so nah dran«, sagte sie und hielt Daumen und Zeigefinger etwa einen Zentimeter auseinander.
    »Ich habe den Bericht gelesen, den du beim Senatsunterkomitee für außerirdische Angelegenheiten eingereicht hast. Aber ich würde die Geschichte gerne direkt aus deinem Munde hören. Erzähl mir alles und lass nichts aus.«
    Sri redete etwa eine Stunde lang. Sie gab Ramos eine umfassende Darstellung des plumpen Sabotageversuchs am Bauprojekt sowie der Morde an Ursula Freye und Speller Twain und der Beteiligung des Diplomaten Loc Ifrahim. Sie erklärte ihm, warum sie glaubte, dass Euclides Peixoto zu der Fraktion innerhalb der Familie übergewechselt war, die sich für einen Krieg aussprach. Dann beschrieb sie Avernus’ verborgenen Garten und die kleinen Habitate, die Alder überall auf der von Kratern übersäten Oberfläche von Kallisto gesehen hatte, redete über das Potenzial der Tangfarmen im Ozean von Europa und erklärte ihm, dass ihrer Ansicht nach die Spaltung zwischen den älteren und jüngeren Generationen der Außenweltler unvermeidlich war.
    »Ich glaube, es war ein Fehler, zu versuchen, den älteren und konservativeren Außenweltlern dabei zu helfen, ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten«, sagte sie. »Wir sollten uns stattdessen an die aufstrebende Generation wenden. Ich habe
ein paar ihrer Geheimnisse gesehen. Ich glaube, dass es da noch viel mehr zu entdecken gibt, ein Reichtum an Möglichkeiten. Aber wir müssen bald handeln, denn sie befinden sich eindeutig an der Schwelle zu einer Phase der raschen und unvorhersehbaren Expansion. In wenigen Jahren schon wird es am Rand des Sonnensystems Dutzende neue Ansiedlungen geben, von denen sich jede in eine andere Richtung entwickeln wird. Wir müssen jetzt eine dauerhafte Beziehung zu ihnen schaffen und uns zu Verbündeten der Diaspora machen. Es ist unsere einzige Chance, irgendeinen Einfluss auf diese Entwicklung nehmen zu können.«
    Oscar dachte darüber nach. Sri, die an sein Schweigen gewöhnt war, nippte an ihrem Tee, der inzwischen kalt und bitter geworden war, und sah zu, wie der Seewind die Gräser auf den Dünenkämmen niederdrückte und durch die Äste der Kiefern fuhr.
    Schließlich sagte der grüne Heilige: »Du bist die Klügste von meinen Schützlingen. Ich kann dir das ruhig sagen, weil du es längst weißt. Aber ich glaube, dass du zugleich auch die Romantischste bist. Das soll keine Kritik sein. Es ist ein wichtiger Teil deiner kreativen Vorstellungskraft. Ohne diesen Charakterzug wärst du nicht so weit gekommen oder hättest so großartige Dinge vollbracht. Aber wenn du nicht aufpasst, kann es auch eine Schwäche sein.«
    »Glaubst du, ich hätte mich von den Geheimnissen und der Exotik des Außensystems verführen lassen? Alles, was ich dir erzählt habe, beruht auf Fakten. Ich habe auf der Heimreise lange darüber nachgedacht, und alles deutet auf diese Schlussfolgerung hin: dass uns ein kleines, schmales Fenster zum Handeln bleibt. Wenn wir jetzt kein Bündnis mit den Außenweltlern eingehen, wird es schon bald unmöglich sein. Die einzige Alternative ist dann, mit Gewalt die Kontrolle zu übernehmen.«

    »Ich glaube, du brauchst etwas Zeit, um die Erfahrungen, die du gemacht hast, richtig einordnen zu können. Und um über die Konsequenzen dessen, was du erlebt hast, nachzudenken. Du musst dich erden und einen neuen Blick auf die Dinge gewinnen«, sagte Oscar.
    Er saß im Schneidersitz da, die Füße in die Kniekehlen geklemmt. Ein alter und mächtiger

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