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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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der vertrockneten, kahlen Wüste der zerstörten Prärie herüberwehten, von der das Silo umgeben war. Die übereinandergestapelten Etagen von Servern und den Festplatten alter, großer Parallelrechner im Innern des Silos. Die einzelnen Etagen waren mit Maschendrahtgewebe voneinander getrennt und mit Gehäusen voller Schaltkreise vollgestopft, die durch verschiedenfarbige Kabel und dicke graue Arterien optischer Verbindungen miteinander verknüpft waren. Sie erzitterten unter den donnernden Vibrationen der Lüfter, die sie vor dem Überhitzen schützten, während sie unablässig ihre Berechnungen vollführten.

    Macys erste Aufgabe, nachdem sie und ihre Mutter der Kirche beigetreten waren, war es gewesen, die Serverstapel sauber zu halten. Trotz der Versiegelung gelangte ständig Staub in das Silo und hätte rasch zu Systemzusammenbrüchen und Abstürzen geführt, wenn er nicht regelmäßig abgesaugt wurde. Später war Macy zur ersten Ebene der andächtigen Erkundung aufgestiegen und über virtuelle Landschaften hinweggeflogen, die aus einfachen arithmetischen Umwandlungen von Pis infinitem, göttlichem Regress bestanden. Diese Bereiche waren bereits gründlich erforscht worden und dienten nur noch der Indoktrination und Ausbildung, um die Glaubensanhänger auf höhere Ebenen vorzubereiten, wie beispielsweise dem Feld der Vierzig. Macys Mutter war in diese Ebene aufgestiegen und folgte fraktalen Verzweigungen, die mit Hilfe von Transformationsgleichungen erzeugt wurden, die auf dem Verhältnis zwischen den physikalischen Eigenschaften von Licht, Masse und Schwerkraft beruhten. Dem Glauben der Kirche zufolge spiegelte sich darin die tiefere Struktur des Universums, die von einem mathematischen Gott geschaffen wurde, dessen Gegenwart möglicherweise immer noch in seiner Schöpfung zu sehen war.
    Tag für Tag, Jahr um Jahr, navigierten die heiligen Mathenauten durch die virtuelle Darstellung komplexer Umwandlungen von Pis Regress, auf der Suche nach einer Spur, die nicht dem Zufall zuzuschreiben war, sondern den Fußoder Fingerabdruck des Schöpfers darstellte. Den Fanatismus der Kirchenmitglieder hatte Macy als immer sinnloser und klaustrophobischer empfunden, je älter sie geworden war, während sich ihre Mutter – inzwischen eine abgemagerte und halb verrückte Heilige, die achtzehn Stunden am Tag damit zubrachte, den Göttlichen Regress zu durchsuchen – immer mehr von ihr und dem Rest der wirklichen Welt entfernt hatte.

    Als sie fortgelaufen war, hatte Macy dieses Leben hinter sich gelassen. Und ebenso ihre Mutter und alle Menschen, die sie jemals gekannt hatte. Sie wollte nicht in die Vergangenheit zurückkehren.
    »Vielleicht können Sie sich mit Jibril zusammensetzen«, schlug Ivo Teagarden vor, »und Ihre Meinungsverschiedenheiten von Angesicht zu Angesicht klären.«
    »Jibril und seine – Entschuldigung – jos Anhänger würden das Gespräch nur aufnehmen und zusammen mit ein paar erniedrigenden Kommentaren ins Netz stellen.«
    »Dann nehmen Sie sie dabei auf, wie sie Sie aufnehmen, und stellen Sie das Ergebnis ins Netz. Schaffen Sie Ihre eigene Kunst, mit der Sie Jibrils kritisieren.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte Macy.
    Der alte Mann meinte es gut, aber er glaubte, Macy könne wie eine Außenweltlerin denken. Doch das konnte sie nicht. Sie war eine Fremde in einem fremden Land. Wenn sie an das lange und möglicherweise endlose Exil dachte, das vor ihr lag, wurde sie von einem seltsamen Schwindelgefühl erfasst. Einem flauen Gefühl in der Magengrube, das ihr nur zu deutlich machte, in was für eine Situation sie sich gebracht hatte: Jahr um Jahr dieselbe abgestandene Luft einatmen; die unterschwellig stets vorhandene Furcht vor einer Explosion oder irgendeiner anderen verhängnisvollen Katastrophe; der eingeschränkte Horizont und die beengten Räume. Mit Fremden zu leben, mit denen sie nichts gemeinsam hatte. Fremde, die ihr manchmal kaum wie Menschen vorkamen.
    Am nächsten Tag musste sie nicht arbeiten und schlenderte zum benachbarten Wohnblock, wo ein Pflanzenmarkt abgehalten wurde. Sie kaufte Pfefferminzteemoos von einer Frau, die die Pflanzen in einem der kleinen Gärten auf den terrassenförmigen Hängen an der Seite der Schlucht heranzüchtete.
In diesem Moment sah sie über einem benachbarten Blumenstand eine Drohne hängen. Und da war auch Jibril, der den Gang hinunterging, gefolgt von zwei von jos Anhängern.
    »Ich habe eine Frage«, sagte Jibril mit lauter Stimme, hob mit

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