Der stille Sammler
Verrückten. Ich sehnte mich nach Wasser, doch ich wollte die Lippen um keinen Preis öffnen, um zu trinken – das Blut des Toten, von dem sich zweifellos winzige Tröpfchen in meinen Mundwinkeln gesammelt hatten, war bestimmt mit wer weiß was verseucht.
Trotz meiner Benommenheit gelang es mir, meinen blutigen Gehstock im letzten Arroyo vor unserem Haus im weichen Sand zu vergraben, ein Stück von der Sohle entfernt im Hang, wo er nicht gleich beim ersten stärkeren Regen freigewaschen wurde.
Als ich fertig war und mir den Rucksack wieder umhängen wollte, fiel mir der braune Umschlag ein. Ich war neugierig auf den Inhalt, doch erst musste ich ins Haus und mich saubermachen, ohne dass Carlo mich sah.
Phase fünf: Carlo.
Das wird die größte Herausforderung, überlegte ich: vor meinem Ehemann und dem Rest der Welt die Tat zu verheimlichen, die ich soeben begangen hatte.
Den Mistkerl zu töten war der leichtere Teil gewesen.
14.
Ich schlüpfte durch das Nebentor in den Garten und durch die Garage in den Wäscheraum. Auf der anderen Seite der Wand, im großen Bad, hörte ich die Dusche rauschen. Gott sei Dank. Das verschaffte mir kostbare Zeit, meinen Rucksack auf den klauenfüßigen Mahagonitisch im Flur zu werfen und das Handy auf den Küchentresen, mir die Sachen vom Leib zu reißen, einschließlich Bluse, Hut, Schuhen, Unterwäsche und Handschuhen, und alles in die Waschmaschine zu stecken. Ich gab eine halbe Flasche Bleiche hinzu und schaltete die Maschine ein. Nach dem Waschen würde ich ohnehin alles in den Müll werfen, aber warum mehr Beweise liefern als nötig?
Die Hunde hatten ihr morgendliches Nickerchen in meinem Zimmer gehalten. Nun kamen sie zu mir gerannt, doch anstatt an mir hochzuspringen wie üblich, näherten sie sich vorsichtig wegen des unbekannten Geruchs, der an mir haftete, setzten sich auf die Hinterbeine und beäugten mich misstrauisch, als wäre ich der Fremde, nach dem ich roch.
Ich beeilte mich, bevor Carlo mich in meinem Zustand sehen konnte, huschte ins Gästebad auf der anderen Seite des Hauses und schloss hinter mir die Tür. Meine Knie waren noch immer weich vom Schock und dem Flüssigkeitsverlust, doch ich hielt mich auf den Beinen und starrte in den Spiegel und auf die kleine Tätowierung einer weißen Rose über meinem Herzen. Carlo hatte mich nie nach dieser Tätowierung gefragt.
Ich nahm eine Flasche Cognac mit unter die Dusche und schüttete mir den größten Teil übers Gesicht. Erst dann öffnete ich den Mund und trank einen Schluck. Dann wusch ich mir die Haare und den Rest meines Körpers, ohne auf die Seife zu achten, die mir in die Augen lief. Meine Nagelbetten waren voller Blut, das durch die Handschuhe gedrungen und auf dem Nachhauseweg eingetrocknet war. Endlich löste es sich auf, nachdem ich mich zum zweiten Mal von oben bis unten gewaschen hatte. Trotzdem ließ ich, als ich wieder vor dem Spiegel stand, meine Finger noch eine Zeit lang im Alkohol einweichen, den ich ins Waschbecken geschüttet hatte, während ich die sich rötende Bisswunde an meinem Oberarm in Augenschein nahm. Dann erst verließ ich das Bad. Die gesamte Prozedur hatte mich eine Viertelstunde gekostet.
Ich hatte es nicht eilig, Carlo gegenüberzutreten, deshalb ließ ich mich erschöpft in das Wohnzimmersofa sinken – zur großen Freude der beiden Möpse, mein »richtiges« Ich zurückzuhaben. Sie sprangen am mir hoch und schnalzten mit den Zungen. Dann hielten sie inne, um mich erneut zu beschnüffeln – wahrscheinlich hatten sie einen Resthauch von dem toten Irren wahrgenommen.
»Alles in Ordnung«, sagte ich zu ihnen. Doch ohne dass ich ein Zeichen zwischen ihnen bemerkt hätte, wandten beide sich wie auf Kommando von mir ab und entfernten sich ein Stück, um ihre Bäuche auf einem Teil des mexikanischen Fliesenbodens zu kühlen, der nicht von Janes Teppichen bedeckt war.
Ein letztes Rauschen von Wasser, das Zischen von Lufterfrischer, und Carlo kam aus dem Badezimmer, ein triumphierendes Funkeln in den Augen und eine aufgeschlagene Ausgabe von Islam Today in der Hand. Dieses kleine Stückchen Normalität erinnerte mich wieder daran, warum ich getan hatte, was ich getan hatte. Obwohl ich mich innerlich auf diesen Moment vorbereitet hatte, spürte ich, wie ich steif wurde vor Anspannung. Ich konzentrierte mich auf einen Muskel nach dem anderen und versuchte, meine Mundwinkel in die Höhe zu ziehen.
Als Carlo mich sah, blinzelte er leicht, während er zu ergründen versuchte, was
Weitere Kostenlose Bücher