Der stille Sammler
mit den Fingerspitzen eine kreisförmige Bewegung auf dem Oberschenkel, als wäre er in Erinnerungen versunken. Die Handschellen bewirken, dass er die Hände parallel bewegt.) Frauen haben nie was Nettes zu mir gesagt.
Coleman: Bitte machen Sie die Augen auf, Floyd.
(Er gehorcht, doch er blickt ein wenig nach rechts, mit einem verträumten Ausdruck.)
Coleman: Ist das der Grund, warum Sie Sex mit toten Frauen hatten, Floyd? Weil diese Frauen nicht reden konnten?
Lynch: Ich dachte, das hätten wir bereits besprochen.
Coleman: Ich möchte es noch einmal hören.
Lynch (sieht aus, als wolle er widersprechen, gibt dann aber nach): Okay. Als ich herausfand, dass ich eine Braut vom FBI im Wagen hatte …
Coleman (unterbricht ihn): In Ihrem Wagen. Nicht Ihrem Lastwagen?
Lynch: Ja. Wie ich schon sagte, ich hab meinen Laster irgendwo abseits der Straße geparkt und einen Mietwagen benutzt, um die Miezen aufzusammeln. Dann hab ich dafür gesorgt, dass sie in den Laster gestiegen sind, und hab den Mietwagen stehen lassen. Aber die Braut vom FBI hat mir Angst gemacht, erst recht, als ich rausfand, dass sie verwanzt war.
Coleman: Wie haben Sie es herausgefunden?
Lynch (zögert): Ich kann mich nicht mehr an unser ganzes Gespräch erinnern. Ist immerhin sieben Jahre her. (Pause.) Das heißt … an eine Sache erinnere ich mich. Nachdem sie in den Wagen gestiegen war, hab ich ihr den Mund zugeklebt, die Hände gefesselt und die Sehne durchtrennt. Sie hat versucht, sich zu wehren, aber ich hab sie überrascht. Sie dachte, ich wäre ’ne Frau, verstehen Sie?
Coleman: Eine Frau? Wieso?
Lynch: Ich hatte ’ne Perücke auf und so weiter. (Er hebt die Stimme.) Und ich hab mit hoher Stimme gesprochen, so wie jetzt.
Coleman: Würden Sie das bitte wiederholen?
Ich hielt das Video an und machte mir eine Notiz: Stimmenvergleich durchführen, um festzustellen, ob die Stimme mit der übereinstimmt, die wir in der Nacht von Jessicas Entführung aufgenommen haben. Es war noch lange nicht zwingend genug, um Morrison zur Wiederaufnahme des Falles zu bewegen – geschweige denn, Lynch zum Widerruf seines Geständnisses zu zwingen –, aber es war immerhin etwas.
Ich ließ die Aufzeichnung weiterlaufen.
Lynch: Ich weiß nicht mehr wie, aber ich fand heraus, dass sie gar keine Musik auf ihrem Walkman hörte. Sie war verdrahtet. Da bin ich auf den Gedanken gekommen, dass sie ’n Spitzel ist. Und dann hatte ich die Idee, die CD abzuspielen und ihren Sender im Wagen zu lassen. Um die andere Seite zu täuschen.
Coleman: Erinnern Sie sich, was für eine CD das war?
Lynch (verdreht die Augen und lacht): Klar. Kate Smith.
Ich stoppte das Video erneut. Das hatte ich ganz vergessen. Der Titel der CD war ein weiterer Umstand, den wir den Medien verschwiegen hatten. Bis jetzt war das Video nicht geeignet, in mir den Verdacht eines falschen Geständnisses zu bestärken. Ich setzte die Wiedergabe fort.
Coleman: Warum ausgerechnet Kate Smith?
Lynch (leise lachend): Sie erinnert mich an meine Mutter. Wie dem auch sei, ich hatte Glück. Sie brauchten ziemlich lange, bis sie kapiert hatten, was lief. Oder sie waren zu weit weg, keine Ahnung.
Coleman: Ich glaube, darüber haben wir bereits gesprochen. Wann genau haben Sie angefangen, Mumien … nun ja, herzustellen?
Lynch (starrt sie an, blinzelt, stockt): Kann mich nicht dran erinnern.
Coleman: Versuchen Sie’s. Es gibt eine Lücke von sieben Jahren zwischen dem Mord an Jessica Robertson und der Leiche in Ihrem Truck.
Lynch (zögert): Ich bin immer wieder den Pass rauf zu dem Autowrack gefahren, um auf sie abzuspritzen. Mann, das war so geil! Ich fand heraus, dass es mich genauso befriedigte wie das Töten. (Er verstummt, und seine Daumen beschreiben schnelle Kreise auf seinen Oberschenkeln.) Nach einiger Zeit vertrocknete der Körper, und ich sagte mir, Floyd, sagte ich mir, wäre doch cool, immer so ’nen Körper dabeizuhaben und nicht jedes Mal den Berg raufzumüssen und das Risiko einzugehen, geschnappt zu werden. Da fing ich an, mit Tieren zu experimentieren.
Coleman: Ich verstehe.
Lynch: Wirklich, Agent Coleman? (Er starrt sie an, die Augen verkniffen, die Stirn in kummervolle Falten gelegt, und seine Daumen bewegen sich noch schneller über die Oberschenkel.) Nein, Sie verstehen überhaupt nichts. Ich seh’s in Ihrem Gesicht, Agent Coleman. Sie denken, ich wäre krank.
Coleman: Das zu beurteilen ist nicht meine Aufgabe, Lynch.
Lynch: Aber ich will, dass Sie es wissen!
Coleman: Was
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