Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
Vom Netzwerk:
als mir schlagartig bewusst wurde, dass ich drauf und dran war, einen fatalen Fehler zu begehen. Also hielt ich inne und ließ mich wieder zu Boden sinken. »Wartet noch einen Augenblick, ja?«, wandte ich mich an die Hunde, während mein Herz plötzlich wie verrückt hämmerte.
    Entweder hatte ich recht mit meiner Annahme, dass der Schütze kein Experte war … oder es war ihm nicht so wichtig, mich tatsächlich zu treffen.
    Ich dachte an den zweiten Schuss, aus Richtung des Pima Pistol Club. Was, wenn zwei Personen hinter mir her waren? Der Killer hatte Peasil auf mich gehetzt. Der Typ mit dem Gewehr war der zweite Mann. Wer konnte schon sagen, wie viele Leute hinter mir her waren? Vielleicht war ich so beschäftigt gewesen mit dem, was ich Max erzählen wollte, dass ich den ganzen Weg vom Flughafen bis hierher verfolgt worden war, ohne es zu bemerken. Vielleicht wollten sie kein Risiko eingehen, und ein zweiter Killer kam mir hinterher, auf dem gleichen Weg, den ich genommen hatte, um mich hinterrücks zu erschießen, während ich vorn abgelenkt war. Ich blickte hinauf zum weiten Himmel, dann auf den Samaniego Ridge im Osten und das ausgedehnte Tal im Westen. Noch nie im Leben hatte ich mich so eingeschlossen gefühlt, so sehr in der Falle.
    Wenn ich nach vorn rannte, zum östlichen Ende der Mesa, ging ich das Risiko ein, von dem Scharfschützen erwischt zu werden. Rannte ich auf dem gleichen Weg zurück, auf dem ich hergekommen war, lief ich möglicherweise einem zweiten Schützen direkt vor die Mündung.
    »Eine kleine Änderung des Plans«, sagte ich zu den beiden Möpsen. Noch immer schlug mir das Herz bis zum Hals bei dem Gedanken, dass der kleinste Fehler mein letzter sein konnte.
    Wieder schaute ich zum Berg hinüber, als eine winzige Lücke in der Wolkendecke das Zielfernrohr erneut aufblitzen ließ. Schütze und Gewehr rührten sich nicht. Wir waren in einem Patt gefangen, wobei ich den Nachteil hatte, nicht zu wissen, was hinter mir lauerte.
    Ich erhob mich. »Schieß doch, du Pussi«, murmelte ich, zielte und feuerte.
    Als Antwort schlug eine dritte Kugel ein, näher als die beiden vorhergehenden. Wow. Ich hatte Sandspritzer am Bein gespürt, nah genug, dass mir der Atem stockte. Ich warf mich in die kümmerliche Deckung hinter der Bank. Mein Atem ging stoßweise vor Angst.
    Ich hatte nicht geschossen, um den Schützen zu treffen. Das war auf diese Entfernung völlig unmöglich. Ich wollte ihm und seinem mutmaßlichen Komplizen nur zeigen, dass ich ebenfalls bewaffnet war und dass ich mich möglicherweise in den Hinterhalt legen konnte.
    Ich nahm den Hunden die Leinen ab. Sie waren unsicher und erschrocken wegen des lauten Knalls meiner Waffe, und sie winselten leise.
    »Bleibt bei mir, hört ihr?«, sagte ich zu ihnen.
    In diesem Moment erfasste mich völlig unvorbereitet eine heftige Windbö und warf mich beinahe um, obwohl ich saß. Mein Hut wurde mir vom Kopf gerissen und wehte davon. Dann war die Bö genauso plötzlich verschwunden, wie sie gekommen war. Ich blinzelte mir den Sand aus den Augen und schaute zum Himmel, der von Osten her rasch dunkler wurde, denn ich hoffte darauf, dass das Unwetter bald losbrach – ein Gewittersturm, wie ich ihn schon viele Male aus der Sicherheit meiner Veranda heraus beobachtet hatte. Ein Unwetter wäre jetzt genau das Richtige.
    Plötzlich zuckte ein Blitz über den Himmel, dicht gefolgt von einem Donnerschlag, der laut genug krachte, dass meine Plomben vibrierten. Ja, komm schon, dachte ich. Hilf mir, ich kann es gebrauchen.
    Und dann ging es los. Über dem Berg leerte sich die Wolke in einer massiven Wand aus Wasser, hinter der alles verschwand wie hinter dem Tuch eines Magiers. Damit war der Heckenschütze definitiv aus dem Spiel – er musste jetzt sehen, wie er lebendig vom Berg herunterkam. Ich hingegen musste nur noch auf den zweiten möglichen Angreifer achten, der sich von hinten angeschlichen haben könnte.
    Der Regenvorhang hatte die Mesa noch nicht erreicht, kam aber rasch in meine Richtung. Ich musste hier weg, und zwar schnell. »Los!«, sagte ich mit scharfer Stimme zu den Möpsen und rannte los, ohne nach hinten zu schauen, ob sie mir folgten.
    Wer immer mir den Rückweg versperrte, würde den Pfad im Auge behalten, also hielt ich mich rechts von der Felsentreppe und rutschte auf dem Hintern den steilen Hang hinunter. Die Hunde hüpften und sprangen neben mir her wie zwei Basketbälle. Es war ein Bild, das einem unbeteiligten Zuschauer vor Lachen

Weitere Kostenlose Bücher