Der stille Schrei der Toten
Sie bitte an den zuständigen Ermittler des Police Departments von Los Angeles.«
»Was können Sie zu Ihrem Fall sagen, Detective? Ist der Mörder schon bekannt?«
»Die Ermittlungen schreiten voran. Das ist alles, was ich zu diesem Zeitpunkt zu sagen bereit bin.«
»Gilt Nick Black noch als Verdächtiger? Angeblich hält er sich hier in der Stadt auf. Damit wäre er an beiden Mordschauplätzen gleichzeitig anwesend, richtig? Ist er der Mörder, Detective?«
»Wie schon gesagt, richten Sie Ihre Fragen zu diesem Fall an die Behörden hier vor Ort. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, ich muss zum Flughafen.«
Einen Moment hatte ich schon geglaubt, ich würde ungeschoren davonkommen, und sie würden mich in Ruhe nach Hause fliegen lassen, aber dann schob sich Peter Hastings nach vorne, auf seinem Gesicht ein wissendes Grinsen. Ich stellte mich schon auf sein penetrantes Gesäusel ein, aber stattdessen schleuderte er mir einen Satz entgegen, der mich beinahe umgehauen hätte.
»Ist es wahr, Detective, dass Ihr richtiger Name Annie Blue lautet, und dass Sie bis vor drei Jahren als Polizistin in Los Angeles gearbeitet haben?«
Der Boden unter mir schien zu schwanken und alle Geräusche zu verstummen. Ich hörte nur mehr, wie alle Alarmglocken in mir schrillten. Oh Gott, dachte ich, lass mich das nicht noch einmal durchleben. Dann ging ein feuriges Knistern durch die Menge, ich spürte es förmlich auf mich zukommen, wie glühende Asphalthitze im Sommer.
»Kein Kommentar«, sagte ich. Meine Stimme klang merkwürdig fremd, und ich sah mich um, wo Tate abgeblieben war. Er hatte es bis zum Auto geschafft, während ich, umgeben von laufenden Kameras, festsaß. »Bitte lassen Sie mich durch.«
Die Meute bedrängte mich immer mehr und schob mich hin und her. Dutzende Mikrofone wurden mir ins Gesicht gehalten. Du schaffst es, du schaffst es, sagte ich mir gebetsmühlenartig, aber Peter Hastings hatte sich nun nach ganz vorne gekämpft, und in seinem Gesicht stand geschrieben: Ja, oh ja, ich bin Gott. Dennoch kam ihm ein CBS-Reporter zuvor.
»Stimmt es, dass Sie Annie Blue sind, jene Polizistin aus L. A., die in dieses widerliche Dreiecksverhältnis mit Ihrem Ehemann und Ihrem Kollegen verwickelt war. Am Ende war Ihr Kollege ein Krüppel und Ihr Mann und Ihr Sohn tot. Nehmen Sie Stellung dazu, Detective.«
»Kein Kommentar.« Ich kämpfte mich durch die Menge, stieß den einen oder anderen Reporter beiseite, aber neue kamen an ihre Stelle. Am liebsten hätte ich meine Waffe gezogen und mir den Weg freigeschossen, aber wirklich ernsthaft in Erwägung zog ich diesen Schritt, als Hastings mir sein Mikrofon ins Gesicht streckte und mir quasi den Todesstoß versetzte.
»Stimmt es, dass Sie eine Affäre mit Nicholas Black haben, Detective? Sind Sie die Frau auf den Fotos, die wir in unserer Show zeigen?«
In dem Moment, als er mir einen Stapel großformatiger Hochglanzfotos unter die Nase hielt, blieb ich stehen. Ich warf einen Blick darauf und sah, wie ich auf einem der Fotos Black auf dem Steg bei mir zu Hause küsste, auf einem anderen mit ihm auf seiner Yacht frühstückte. Mir war nur noch schlecht. Kurzerhand zerriss ich die Fotos und versuchte mich durch die Menge hindurchzudrängen. Als eine schwarze Stretchlimousine um die Ecke bog, wusste ich, darin saß Nicholas Black, mein Retter, noch ehe er heraussprang und entschlossen auf uns zukam.
»Da kommt Nick Black«, hörte ich einen Reporter rufen, worauf alles wie auf Kommando erstaunt die Münder aufriss, um dann wie eine Flutwelle auf ihn zuzuströmen. Dabei riefen sie, umgeben von einem Gewirr von Kabeln, aufgeregt durcheinander, anscheinend über die Maßen erfreut, dass sie nun zwei Menschenleben anstatt nur eines zerstören könnten. Ich sah, wie Black einige Treppenstufen erklomm, sodass ihn jeder sehen konnte; dann trottete ich mit schwankenden Schritten zu Tates Wagen. Auf halbem Wege tauchte plötzlich John Booker wie aus dem Nichts vor mir auf und zog mich in die Richtung von Blacks Limousine.
Ich riss mich von seiner Umklammerung los. »Was zum Teufel soll das?«
»Ich bring Sie weg von hier, ehe sie in Stücke gerissen werden. Nick übernimmt die Situation, damit Sie die Gelegenheit haben wegzukommen. Er hat seinen Jet auf einem Privatflugplatz bereitgestellt, um Sie nach Hause bringen zu lassen.«
Neugierig warf ich einen Blick zurück zu Black, der nun das Wort an die Fotografen gerichtet hatte. Er sah nicht zu uns her, einige von den
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