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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Hände in den Hosentaschen und wie immer wie aus dem Ei gepellt, lehnte er gegen die Kühlerhaube. Keine Reporter in Sicht. Ich freute mich über das Wiedersehen und lächelte. Vielleicht würde sich jetzt wieder alles normalisieren. Ich hatte Blacks Gesicht vor Augen, erinnerte mich an die Art, wie er mich berührte und wie mein Körper darauf reagierte. Ich musste auch daran denken, mit welcher Entschlossenheit er mich dazu bewegte, mich meiner Vergangenheit zu stellen. Er hatte mir schon jetzt geholfen. Ich konnte bestimmte Dinge beim Namen nennen und aussprechen. Schluss jetzt, Claire. Denk nicht mehr an ihn und konzentrier dich auf deinen Fall.
    Auf seine gewohnt lässige Art schlenderte Bud mir über die Planken entgegen und fing mit leichter Hand das Seil auf, das ich ihm zuwarf. Er trug seine Polizei-Regenjacke, und ich wünschte, ich hätte meine auch zur Verfügung. Sie war schon seit mindestens einem Monat wie vom Erdboden verschwunden. Wohl oder übel würde ich mich darauf einstellen müssen, nass zu werden.
    »Aus Blacks Schatzkästchen?«, fragte er, während er das Boot begutachtete. »Wow. Krieg ich das auch, wenn ich ihn artig darum bitte und mit den Wimpern klimpere?«
    Er grinste, also ließ ich ihm die Bemerkung durchgehen. »Es ist geliehen. Hast du meine Sachen?«
    Bud hielt eine blaue Plastiktüte in die Höhe, als ich den Steg erklomm. »Sie sind wieder im Geschäft, Detective.«
    »Danke.« Es fühlte sich verdammt gut an, mein Abzeichen wieder am Gürtel festzumachen. Noch besser war die Glock in meiner Hand. Ich streifte mein ledernes Schulterhalfter über und fühlte mich wieder ganz. »Also, was ist los? Charlie würde mich doch nie so plötzlich wieder zurückholen, es sein denn, es gibt einen Grund?«
    »Im Ha Ha Tonka Nationalpark wurde die nächste Leiche gefunden. Er will, dass wir beide den Tatort in Augenschein nehmen.«
    »Dasselbe Muster?«
    »Ja. Enthauptung des Opfers, silbernes Isolierband, die kleinen, halbrunden Fleischwunden, alles. Charlie und die Jungs von der Spurensicherung sind bereits vor Ort. Der ganze Park ist abgesperrt.«
    »Wir nehmen das Boot. So sind wir schneller.«
    Der Ha Ha Tonka Nationalpark war eine große Touristenattraktion, vor allem für Wanderer und Naturfreaks, und ein wahres Paradies für Geologen, die auf Karsttrichter und Felsen-höhlen standen, gerne über natürliche Brücken spazierten oder von Steilwänden in die Tiefe guckten. Ein ausgeklügeltes Wege-netz erschloss die spektakuläre Landschaft samt der berühmten Schlossruine. Der um die vorletzte Jahrhundertwende auf einer Klippe errichtete Bau überragte den Niangua-Fluss und den Ozarks-See. Auf Liebespaare hatte das Schloss dieselbe Anziehungskraft wie ein Kingsize-Bett in Cancun.
    Das Gerippe des alten, vor Jahrzehnten durch einen Brand zerstörten Schlosses tauchte in der Ferne vor unseren Augen auf, und als Bud und ich näher kamen, sahen wir die wuchtigen Steilwände aus dem Wasser ragen und den noch erhaltenen Wasserturm des Schlosses. Ich verlangsamte die Fahrt, als wir uns dem Parkplatz am Eingang des Nationalparks näherten. Ha Ha Tonka bedeutete in der Sprache der Osage-Indianer »lachende Wasser«, aber danach war jetzt niemanden zumute.
    Ich stellte den Motor ab und ließ uns von der Kielwelle ans Ufer tragen. Connie O’Hara kam uns auf dem steinigen Strand entgegen, als wir aus dem Boot kletterten. Hinter dem quer über die Zufahrtsstraße gespannten Absperrband drängten sich Reporter. Drei Polizisten hielten sie in Schach.
    »Wie geht’s, O’Hara?«, fragte ich, als sie bei uns war. Sie wirkte müde, als hätte sie nicht geschlafen.
    »Ich find’s Scheiße, was hier abgeht.« O’Hara schaute zu den Presseleuten. Von Weitem hörte man das Durcheinander ihrer Stimmen. Hey, Männer, schon wieder eine Leiche! Rosige Zeiten für uns! Schmeißt die Kameras an und freut euch des Lebens! O’Hara nahm Blickkontakt mit mir auf. »Üble Geschichte, die Ihnen da in Kalifornien passiert ist.«
    »Kann man wohl sagen. Aber jetzt geht’s wieder, danke. Wo hat er uns das Opfer hinterlassen?«
    »In dem alten Wasserturm. Sie haben auf euch gewartet, ehe sie sie abtransportieren.«
    Bud befand sich schon auf dem Fußweg, der zu dem Schloss hinaufführte. Ich beeilte mich, ihn einzuholen. Am oberen Parkplatz bogen wir rechts ab, und schon ragten die Ruinen vor uns auf, ein massives Gerippe aus Granit und Kalkstein. Eine Wand ragte drei Stockwerke hoch auf, die Kamine und Fensterbögen

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