Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
Vom Netzwerk:
angerufen und herausgefunden, dass dieser Einbalsamierer, für den deine Mutter gearbeitet hat, dass dieser Herman Landers im jugendlichen Alter von gerade mal zwölf oder dreizehn Jahren unter psychiatrischer Beobachtung stand. Die Nachbarn hatten ihn gesehen, wie er nackt und blutverschmiert herumlief und einen ausgeweideten Hund am Schwanz hinter sich herzog. Laut Akten muss er wohl ein paar Monate dort gewesen sein und wurde dann von seinen Eltern wieder abgeholt.«
    »Black, ich hab jetzt keinen Nerv für so was. Es ist was Schlimmes –«
    »Claire, hör zu, denn jetzt kommt’s erst. Dieser Herman Landers hatte einen Sohn, und sein Name war Thomas, genau wie du es sagst. Niemand weiß, was aus ihm geworden ist, und es gibt auch keine Sterbeurkunde für jemanden mit diesem Namen. Und in den Zeitungsberichten über den Brand, in dem sein Vater umkam, kommt er auch nicht vor. Verstehst du denn nicht, Claire? Er könnte noch immer irgendwo am Leben sein. Er hat diesen gewaltgeprägten Hintergrund und einen Bezug zu dir … Er könnte es sein!«
    »Mir ist das alles scheißegal. Dottie ist tot. Wir haben sie gerade eben im Ha Ha Tonka Nationalpark gefunden. Oh mein Gott, sie ist tot, Black.«
    »Was? Wann? Ist es wieder derselbe?«
    »Genau.« Meine Stimme brach, und ich schluckte schwer, während das anrückende Gewitter die Verbindung immer wieder unterbrach. »Ich muss zu Harve, um es ihm zu sagen. Oh Gott, ich kann es nicht glauben, dass sie tot ist. Es kann einfach nicht wahr sein.«
    Irgendwann konnte ich ihn überhaupt nicht mehr verstehen, worauf ich das Telefon zuklappte, das Boot startete und Vollgas gab. Das konnte einfach nicht sein. Nicht Dottie. Ich musste an ihr Lächeln denken, wie sie mir dauernd sagte, ich müsse essen, und wie sie sich ständig Sorgen über meine Gesundheit machte. Und Harve lag ihr sowieso am Herzen. Nun war sie tot wie all die anderen, mit denen ich eng befreundet war. Black versuchte, irgendein armes kleines Kind aus meiner Vergangenheit dafür verantwortlich zu machen, das wahrscheinlich längst tot war, aber ich wusste es besser. Irgendwie war ich an allem schuld. Ich wusste nur nicht wie oder warum.
    Es dauerte ungefähr zehn Minuten, bis ich zu Hause war, und ich sagte mir ständig, dass es ein Irrtum sein musste, aber dann hatte ich unweigerlich den toten Körper in diesem Turm vor Augen und ich wusste, dass sie es war, und mir wurde wieder von neuem speiübel. Gottogott, was würde er nur mit ihrem Kopf anstellen? Irgendwo würde er ihn haben. Wahrscheinlich bewahrte er ihn in der Gefriertruhe auf, bis er ihn auf ein neues Opfer verpflanzen würde. Nun war mir klar, wie Black zumute gewesen sein musste, als ich ihn mit Sylvies Foto konfrontiert hatte. Ich schämte mich darüber, wie ich so herzlos sein konnte, aber wie konnte ich jetzt an Black denken. Denk an Harve, denk an Harve.
    Ich preschte mit donnerndem Motor an meinem Steg vorbei und erreichte Harves Grundstück wenige Minuten später. Das Schnellboot und auch Dotties Kanu waren weg. Der Mörder musste sie auf dem See oder alleine im Park erwischt haben. Sie liebte es, auf den Wegen im Ha Ha Tonka ihre Runden zu drehen, und machte das auch oft genug, meistens alleine, manchmal auch mit ihrer Freundin Suze. Ich zwang mich zur Ruhe, als das Boot mit zu hohem Tempo den Liegeplatz erreichte und gegen den Steg schlug.
    Ich versuchte, mich zu fassen. Ich musste mich einigermaßen unter Kontrolle haben, wenn ich es ihm sagte. Schon beim Aussteigen sah ich, dass Harve nicht an seinem Platz am Fenster saß. Ich rannte zum Haus hinauf und fand den Hintereingang unverschlossen vor. An der Fensterscheibe klebte eine Nachricht. Bin mit Dottie beim Fischen. Bin bald zurück.
    Ich starrte auf den Zettel. Wenn er mit Dottie fischen gegangen war, hatte der Mörder die beiden möglicherweise zusammen überfallen. Somit könnte Harve auch tot sein. Oder er lag irgendwo verletzt, wo ihn niemand fand. Gegen eine schreckliche Vorahnung ankämpfend, rannte ich zum Boot zurück und schaltete das Navigationssystem an. Harves Boot erschien auf dem Monitor, ein grüner, blinkender Lichtpunkt dort, wo ungefähr Possum Cove sein musste. Dotties bevorzugter Platz zum Angeln. Hier also hatte der Mörder ihnen aufgelauert.

29
    Die Ausflugs- und Fischerboote waren angesichts des drohenden Unwetters fast alle vom See verschwunden. Weit hinten in der Ferne, wo Osage Beach lag, grollte der Donner, und Blitze durchzuckten die dicke schwarze

Weitere Kostenlose Bücher