Der stille Schrei der Toten
sein letztes Buch abgeschlossen, und seinem Verlag zufolge wird es wieder ein Bestseller.« Sie strahlte regelrecht vor Stolz.
»Ein weiterer Bestseller?«
»Nick hat bereits vier Selbsthilferatgeber geschrieben, die alle auf Platz Eins der New York Times -Bestsellerliste gelangten.«
Jetzt fiel mir ein, mal etwas darüber gelesen zu haben, dass er Bücher schrieb. Bud setzte sich gerade hin und grinste. »Vielleicht erscheinen ja in seinem nächsten Buch Claire und ich.«
Bud versprühte mittlerweile einen derartigen Zauber, dass man ihm raten würde, sich eine Königskobra samt Flöte anzuschaffen. Seine Bemerkung entlockte der ernsten Miki jedoch ein weiteres Lächeln. »Gut möglich. Er liebt es, seine Mitmenschen ausgiebig zu beobachten. Immerhin ist er Psychiater.«
»Ich würde ihn gerne am Flughafen treffen. Könnten Sie das arrangieren, Ms Tudor?«
»Er landet auf dem hoteleigenen Behelfsflugplatz vor Camdenton und fliegt dann per Hubschrauber hier ein. Nick hat ganz in der Nähe einen Landeplatz einrichten lassen.«
»Fast so wie der Präsident, wenn er aus Camp David heimkehrt, hm?«, sagte Bud.
Ein drittes Lächeln war nicht drin. Pack die Kobra wieder in den Korb. Mach Kleinholz aus der Flöte. Tatsächlich ignorierte Miki ihn und konzentrierte sich auf mich. »Unsere hochprominenten Gäste hassen Paparazzi, was auch der Hauptgrund dafür ist, dass sie ihren Urlaub in Cedar Bend verbringen. Wir organisieren Privatflüge und behandeln ihren Aufenthalt bei uns mit absoluter Diskretion.«
Ich sagte: »Mit der Abgeschiedenheit hat es schnell ein Ende, wenn die Presse erst einmal von dem Mord erfährt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie erfahren, was mit Ms Border passiert ist.«
»Dessen sind wir uns sehr wohl bewusst, Detective Morgan.« Sie reagierte störrisch und gereizt. »Ich bereite gerade eine Art Kommuniqué vor, will es aber von Nick absegnen lassen, ehe ich an die Presse herantrete.«
»Sie können keine Informationen rausgeben, so lange die Familie von Ms Border nichts von allem weiß. Haben Sie denn eine Ahnung, wer ihre nächsten Verwandten sind?«
»Oh, darum hat Nick sich längst gekümmert. Er war der Meinung, das sei er Sylvies Familie schuldig, weil es hier passiert ist.«
Das erstaunte mich doch sehr. »Er hat schon mit der Familie gesprochen?«
»Mittlerweile wohl schon, nehme ich an. Er hatte jedenfalls die Absicht.«
»Ist er denn mit der Familie befreundet?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Wir brauchen die Namen und persönlichen Angaben zu den Familienmitgliedern. Wir müssen uns mit jedem Einzelnen unterhalten.«
»Zu Patienteninformationen habe ich überhaupt keinen Zugang. Das müssen Sie schon mit Dr. Black persönlich ausmachen.«
Ich wechselte die Verhörtaktik. »Wissen Sie, Ms Tudor, ob Sylvie in Schwierigkeiten steckte?«
»Nein, sie hat jedenfalls nichts verlauten lassen. Aber das hätte sie sowieso nicht. Wie schon gesagt, so nahe standen wir uns nicht. Trotzdem war ich immer sehr gern mit ihr zusammen. Ich glaube, ich habe sie ziemlich bewundert. Sie war doch ein großer Star bei NBC.«
»Hatte sie einen festen Freund?«
»Sie hat Gil Serna etliche Male erwähnt«, räumte Miki zögernd ein. Sie fühlte sich wohl als Verräterin. »Einmal ließ sie durchblicken, dass sie sich in jüngster Zeit nicht sehr gut verstanden hätten. Aber etwas an ihm mochte sie. Das sah ich schon daran, wie sie sich von Grund auf veränderte, wenn sie von ihm sprach.«
»Wie meinen Sie das?«
»Einmal rief er an, als ich bei ihr im Bungalow war. Wir kamen gerade vom Laufen zurück, und sie schien sich wirklich über seinen Anruf zu freuen. Sie fing sofort an zu strahlen, wissen Sie, so wie jemand, der wirklich glücklich ist. Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck.«
»Hat er sie jemals hier draußen besucht?«
»Oh, nein. Und wenn doch, dann würden wir es bestimmt nicht wissen. Dieses Mal war sie eigentlich nur für ein paar Wochen hier.«
»Dieses Mal?«
Miki zuckte zusammen, als hätte sie ein Geheimnis preisgegeben, fasste sich aber schnell wieder. »In der Regel kommt sie zwei bis drei Mal pro Jahr hierher. Sie hält wirklich große Stücke auf Nick.«
»Würden Sie sagen, Ms Tudor, die beiden sind mehr als nur gute Freunde?«
Miki wich meinen Blicken aus. Wollte sie die Unwahrheit sagen? »Nicht dass ich wüsste, aber ich maße mir auch gewiss nicht an, in Nicks Privatleben zu schnüffeln.«
»Und Sie?«
Miki war ganz verwirrt.
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