Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd

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vorbeischickte, die ihm den Kopf zurechtrückten. Seit der Zeit hatte man nicht mehr viel von ihm gehört, aber diese Geschichte auf dem Friedhof war einfach zu makaber, als dass man darüber hinwegsehen könnte.«
    »Stimmt.«
    Black sah mich an. »Soll ich vielleicht mal kurz anhalten?«
    »Danke, nicht nötig. Wie weit noch?«
    »Bis Lafourche sind es noch zwanzig Meilen. Von da aus können wir uns dann ein Bateau mieten.«
    »Bateau?«
    »Tschuldigung, Boot. In den Sümpfen sagt man so.«
    »Sie sind sicher, dass wir nicht nach dem Piratenkönig Lafitte suchen?«
    »Sie kennen sich in der Geschichte von New Orleans aus?«
    »Ich war auf der Louisiana State University, und unsere Lieblingsbar nannte sich Lafitte’s. Es gab dort ein Deckengemälde von ihm.«
    » Sie sind in Bars gegangen? Sie haben tatsächlich auch mal Spaß gehabt?«
    Die Bemerkung ignorierte ich. »Es soll Leute geben, die ihre Arbeit ernst nehmen.«
    »Und ich gehöre demnach nicht dazu? Wollen Sie das vielleicht damit sagen?«
    »Gar nichts will ich damit sagen.«
    Ich musste ihn wohl verärgert haben, denn von nun an schwieg er beharrlich, während wir durch Kleinstädte mit Namen wie Larose oder Golden Meadow fuhren. Schließlich erreichten wir die Riesenmetropole Leeville. Es gab dort richtige Straßen und Häuser und Kirchen und alles, aber leider machten wir dort nicht halt. Wir fuhren weiter, bis wir wirklich mitten in der Pampa landeten, umgeben von Wäldern, die schwer mit Dschungelmoos behangen waren, und inmitten von Krüppelzypressen und Silberreihern, die sich mit majestätischem Flügelschlag von versunkenen Baumstämmen erhoben. Wir befuhren Schotterpisten, die mir das Gefühl vermittelten, ich befände mich in Jurassic Park, so dicht bis an das Auto heran standen die Lebenseichen. Auf den Boden der Tatsachen gelangte ich wieder, als die Reifen über eine Zufahrt aus kleinen weißen Muschelschalen knirschten und Black vor einer baufälligen Hütte haltmachte, die Tankstelle, Bootsvermietung und Verkaufsbude für traditionelle Louisiana-Shrimps-Sandwichs in einem war.
    »Wir lassen den Chevy hier und fahren per Boot weiter«, sagte Black, während er sich eine Baseballkappe von den St. Louis Cardinals aufsetzte und auf einen Steg an einem ziemlich brackig aussehenden Gewässerstück wies. So also sahen sie aus, dachte ich, die berühmt-berüchtigten Bayous des Mississippi. Ich staunte immer noch, wie anders er in seinen Freizeitklamotten wirkte. Plötzlich fragte ich mich, ob ich vielleicht seinem fiesen Zwillingsbruder auf den Leim gegangen war.
    Während er ins Haus ging, nahm ich meine Einkaufstasche und die Handtasche und marschierte hügelabwärts zu einer Stelle, an der drei oder vier Picknicktische unter einer Lebenseiche standen. Die langen grauen Moosfäden reichten bis an das olivgrüne, stehende Wasser heran. Wow! Wie pittoresk! Letztlich war ich aber doch zu sehr an den Ozarks-See mit seinem klarem Wasser gewöhnt, sodass sich meine Begeisterung in Grenzen hielt, und beim Anblick der Myriaden von Insekten, die wie eine Wolke über dem Wasser standen, war ich heilfroh über das Insektenspray in meinem Gepäck. Nicht weit von den Tischen entfernt lagen drei Boote am Ufer, und zu meiner großen Erleichterung stellte ich fest, dass sie alle mit einem Außenbordmotor ausgerüstet waren. Ich hatte so gar keine Lust auf eine Paddeltour.
    An dem Picknicktisch fast direkt neben der Bootsanlegestelle saßen ein Mann und eine Frau und ein kleiner Junge. Sie aßen Shrimps-Sandwichs und tranken Dixie-Bier. Die Frau sah zu mir herüber, aber als sich unsere Blicke trafen, sah sie schnell wieder weg, als fürchtete sie sich davor, mich zu grüßen. Sie hatte diesen verängstigten Augenausdruck, der mir in meinem Job schon oft begegnet war. Ich hatte ein untrügliches Gespür dafür, wenn eine Frau geschlagen wurde. Ich seufzte und setzte mich an den Tisch, der am weitesten weg stand. Ich starrte aufs Wasser hinaus und dachte über Marc Savoy und seine Beziehung zu Sylvie Border nach; dann kam ich zu dem Schluss, dass ich Bud anrufen sollte, solange Black außer Hörweite war. Ich zückte mein Handy und wählte per Kurzwahltaste seine Nummer. Es dauerte, ehe er hinging, aber nach dem fünften Klingelzeichen meldete er sich.
    Ich sagte: »Wie geht’s?«
    »Hey, Kleines, wo treibst du dich denn rum? War’s nett auf der Beerdigung?«
    »Oh, ja, ’ne Riesensause. Wo bist du denn?«
    »Nun, ich werd mir damit zwar ’ne Menge Ärger