Der Stolz der Flotte
auf das Fort. Er konnte den dunklen Flecken unter der runden Mauer erkennen, wo der Eingang von See lag, und auch die Doppellinie viereckiger Fenster, wie Schießscharten, die anscheinend um den ganzen Bau gingen.
Da blitzte es in zweien dort oben grell auf, und er bildete sich ein, die Kugel über die See direkt auf sich zufliegen zu sehen. Ein dumpfer Schlag gegen die untere Bordwand – die andere Kugel jagte weit vorn eine Schaumfontäne hoch.
Er blickte nach achtern. Das Schiff hatte die Bucht fast zur Hälfte überquert; da alle Segel gut zogen, mußte es in fünf Minuten die andere Landzunge erreicht haben.
Wieder die unheilverkündenden Feuerzungen, und diesmal schmetterten die Kugeln in die Bordwand der
Euryalu
s
wie Eisenhämmer in eine hölzerne Schachtel.
Drei Treffer; wie schwer, das wußte er noch nicht. Aber das Kastell war äußerlich unbeschädigt, nur an ein paar Stellen lag etwas Schutt.
Achteraus konnte er erkennen, daß die Masttopps der
Va
lorou
s
die Landzunge rundeten, und konnte sich vorstellen, was Fourneaux denken mochte, wenn er das Flaggschiff im Feuer der schweren Festungsgeschütze liegen sah.
»Kann ich der
Valorou
s
signalisieren, daß sie sich heraushalten soll, Sir?«
»Heraushalten?« Broughtons starre Augen waren jetzt auf ihn gerichtet. »Haben Sie ›heraushalten‹ gesagt?« Ein Muskel zuckte auf seiner Wange, als die untere Batterie wieder losdonnerte und die herausschießenden Mündungsflammen den Qualm nach Lee trieben.
Wortlos musterte Bolitho sekundenlang den Admiral. Daß sein Geschwader nicht imstande war, dem Kastell ernsthaften Schaden zuzufügen, schien ihn völlig aus der Fassung zu bringen; oder vielleicht war er auch nur von dem unaufhörlichen Kanonendonner betäubt. Bolitho nahm jetzt keine Rücksicht mehr. »Hier werden Schiffe ohne Sinn und Zweck geopfert, Sir.« Er fuhr zusammen, denn die Planken unter seinen Füßen ruckten heftig. Wieder ein Treffer, irgendwo unter dem Achterdeck.
Doch da blies der Wind auf einmal den Qualm vom Deck; jetzt erst konnte er Broughtons Gesicht richtig sehen und erkannte blitzartig, daß er sich die ganze Zeit geirrt hatte: Broughton hatte ihn gar nicht testen oder sich ein Bild über seine taktischen Fähigkeiten machen wollen! Wie ein Eiswasserguß über den Rücken kam ihm die Erkenntnis, daß Broughton keine Ahnung hatte, was er tun sollte! Sein Plan war zu starr, und wenn er nicht funktionierte, hatte er keine Alternative parat!
Er sagte: »Im Augenblick können wir nichts weiter tun, Sir.«
Partridge rief: »Acht Minuten, Sir.«
Da nickte Broughton. »Schön. Wenn Sie meinen…«
»Feuer einstellen!« brüllte Bolitho. »Mr. Tothill, Signal an die
Val
o
rous:
›Sofort abdrehen und Aktion einstellen‹!«
Als die
Euryalu
s
schwieg, schoß auch das Fort nicht mehr – vermutlich mußte die Besatzung sehr sparsam mit ihrer Munition umgehen.
Eine Niederlage hätten sie trotzdem nicht fürchten müssen, dachte er bitter: fast jeder Schuß der Festungsbatterie hatte gesessen.
»
Valorou
s
bestätigt, Sir!«
Der Umriß des Zweideckers wurde länger, er begann die Wende und drehte mit fast backschlagenden Segeln durch den Wind.
»Mr. Keverne«, rief Bolitho, »melden Sie Verluste und Schäden!«
Und zu Broughton: »Wir müssen die Marine -Infanterie unterstützen, Sir. Sie warten bestimmt auf Hilfe.«
Resigniert blickte der Admiral auf die vorbeigleitende Küstenlinie. Unten schrie und wimmerte jemand; Bolitho spürte das dringende Verlangen, sich erst einmal um seine Männer und sein Schiff zu kümmern.
Aber er ließ nicht locker. »Ihre Instruktionen, Sir?«
Broughton schien sich zusammenzureißen, und als er antwortete, war seine Stimme wieder fester, jedoch ohne Überzeugungskraft.
»Signal an Geschwader: ›Bei Flaggschiff sammeln!‹« Seine Lippen arbeiteten, als wollten sie noch einen weiteren Befehl formulieren, doch der kam nicht.
»Mr. Tothill«, sagte Bolitho, »hissen Sie das Signal sofort!«
»Und dann«, fuhr Broughton zögernd fort und schob die Unterlippe vor, »könnten wir noch ein weiteres Landekommando absetzen. Mit ein paar Geschützen, wenn wir eine günstige Stelle finden.«
Bolitho sah ihn nicht an. »Jawohl, Sir.« Schon jetzt war ihm klar, was es für eine ungeheure Anstrengung kosten würde, auch nur einen Zweiunddreißigpfünder an Land und den Hügel hinaufzuschaffen. Nur ein Geschütz von diesem Kaliber konnte gegen das Kastell irgend etwas ausrichten. Man würde dazu
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